Daniil Medvedev
APA/AFP/Martin Keep
Australian Open

Medwedew folgt Nadal ins Finale

US-Open-Champion Daniil Medwedew ist zum zweiten Mal nach dem Vorjahr ins Endspiel der Australian Open eingezogen und trifft dort auf den Spanier Rafael Nadal. Die russische Nummer zwei der Welt setzte sich am Freitag in Melbourne gegen den griechischen Weltranglistenvierten Stefanos Tsitsipas mit 7:6 (7/5) 4:6 6:4 6:1 durch. Während der Partie leistete sich Medwedew einen eher ungewöhnlichen Wutanfall.

Bei den Australian Open 2021 hatte der 25-jährige Medwedew ebenfalls im Halbfinale gegen Tsitsipas gewonnen, dann aber den Titel gegen den serbischen Weltranglistenersten Novak Djokovic verpasst. Am Sonntag bekommt er die nächste Chance.

Gewinnt Medwedew das Turnier, wäre er der erste Spieler der Open-Ära (seit 1968), der sich seine ersten zwei Major-Titel bei aufeinander folgenden Grand-Slam-Turnieren sichert. Bei den Damen ist das Naomi Osaka gelungen, die Japanerin triumphierte 2018 bei den US Open und 2019 in Australien.

Nadal greift nach Rekord

Der Spanier Rafael Nadal trifft im Finale der Australian Open auf den Russen Daniil Medwedew. Nadal könnte zum alleinigen Rekordhalter werden, sollte er den Grand Slam für sich entscheiden.

„Wie kannst du so schlecht sein?“

Die Freitag-Partie in der Rod Laver Arena versprach schon im Vorfeld einiges an Brisanz, sind Medwedew und Tsitsipas doch schon länger nicht gut aufeinander zu sprechen. Die aufgeladene Atmospähre bekam allerdings der Referee zu spüren. Medwedew schimpfte nach einer Verwarnung gegen ihn wegen einer obszönen Geste lauthals mit Stuhlschiedsrichter Jaume Campistol und beschwerte sich über das Coaching, das seiner Meinung nach von Tsitsipas’ Vater erfolgte, der als Trainer auf der Tribüne saß.

Daniil Medvedev
Reuters/Morgan Sette
Medwedew machte seine Verärgerung lautstark kund

„Sein Vater kann bei jedem Punkt hineinrufen? Bist du ein Idiot? Sein Vater spricht bei allen Punkten. Du bist so schlimm, Mann“, schrie der Russe außer sich bei 4:5 im zweiten Satz. „Antworte mir! Wie kannst du so schlecht sein im Halbfinale eines Grand Slams? Schau mich an, wenn ich mit dir spreche.“ Trotz dieser verbalen Entgleisung kam Medwedew ohne weitere Ermahnung oder Bestrafung davon – und die Loge von Tsitispas senior erhielt einen „Aufpasser“ in Form eines Griechisch sprechenden Schiedsrichters.

Nach Ende der 2:30 Stunden langen Partie – die damit gut zwei Stunden kürzer war als die des Russen im Viertelfinale gegen den Kanadier Felix Auger-Aliassime – bedauerte Medwedew dann sein Verhalten. „Ich glaube nicht, dass diese Art von Emotionen gut ist. Das kostet mich Energie, und ich habe mir gleich gesagt, dass das nicht gut war.“

Nadal fehlt noch ein Sieg zum Major-Rekord

Beim 6:3 6:2 3:6 6:3-Sieg von Nadal gegen den italienischen Wimbledon-Finalisten Matteo Berrettini ging es davor bei weitem ruhiger zu, obwohl Emotionen durchaus ein Thema waren, greift der Spanier doch nach seinem 21. Major-Titel und dem alleinigen Rekord. „Es bedeutet mir eine Menge, hier wieder im Finale zu sein“, sagte Nadal, als er nach seinem Sieg interviewt wurde.

Zwei Sätze lang hatte Nadal das Duell mit Berrettini eindrucksvoll beherrscht, dann schienen seine Kräfte nachzulassen, aber er biss sich durch. 13 Jahre nach seinem bisher einzigen Australian-Open-Sieg sind Nadals Aussichten gut, sofern die Fitness für ein weiteres Match ausreicht.

„Habe nie an eine zweite Chance gedacht“

Nach monatelanger Turnierpause und einer komplizierten Fußverletzung darf der Spanier an den Triumph glauben: Ein Sieg fehlt, dann lässt der 35-Jährige im Major-Titelrennen seine in Melbourne nicht anwesenden Rivalen Novak Djokovic und Roger Federer hinter sich. „Für mich geht es um die Australian Open – mehr als um alles andere“, sagte Nadal nach dem Finaleinzug. „Ich habe nie an eine zweite Chance 2022 gedacht.“

Matteo Berrettini und Rafael Nadal
Reuters/Asanka Brendon Ratnayake
Auch Berrettini konnte Nadal nicht stoppen

Momentan stehen alle drei Stars bei je 20 Trophäen bei den vier wichtigsten Turnieren. Melbourne-Rekordchampion Djokovic war für Australien der Favorit, der ungeimpfte Serbe musste wegen seines annullierten Visums aber noch vor dem Turnierstart wieder ausreisen. Der Schweizer Federer zweifelt wegen seiner langwierigen Knieprobleme am Comeback.

Klare Vorteile zu Beginn

Kurz vor der Halbfinal-Partie hatte es in Melbourne angefangen zu schütten, die Temperatur sank von 32 auf 22 Grad. Dass es in der Rod Laver Arena deutlich kühler als an den Tagen zuvor war, dürfte Nadal entgegengekommen sein. Unterm geschlossenen Dach begann die Partie so, wie er es sich gewünscht haben dürfte. Schnell lag der Linkshänder mit 3:0 voran, seinen vierten Satzball nutzte er.

Im zweiten Abschnitt zog der Melbourne-Sieger von 2009 auf 4:0 davon, ehe der Italiener seinen Aufschlag durchbrachte. Nadal schickte Berrettini von links nach rechts, mit seiner Power und seinen präzisen Schlägen hatte er den ersten italienischen Herren-Halbfinalisten der Australian Open im Griff.

Berrettini schöpft Hoffnung

Ab dem dritten Satz verlief das Match deutlich ausgeglichener. Plötzlich musste Nadal zum 3:5 seinen ersten Aufschlagverlust hinnehmen, kurz darauf war der Satz weg. Ein wenig kamen Erinnerungen an das Viertelfinale am Dienstag auf, als Nadal gegen den Kanadier Denis Shapovalov Mitte des dritten Satzes mit Magenproblemen eingebrochen war und sich „zerstört“ gefühlt hatte.

Auch diesmal schienen die Kräfte etwas nachzulassen. Nadal dominierte von der Grundlinie längst nicht mehr so wie zuvor. Er bekam jedoch zwei Breakchancen beim 4:3 dank der Mithilfe Berrettinis. Die erste ließ der Spanier noch aus, bei der zweiten landete die Vorhand des Italieners im Netz. Es war die Vorentscheidung.

„Ich will nur weiterspielen“

Dass Nadal nun zum sechsten Mal im Endspiel der Australian Open steht, war nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Wimbledon, Olympia und die US Open verpasste er wegen seiner Fußprobleme. Kurz vor Weihnachten infizierte er sich mit dem Coronavirus – ein weiterer Rückschlag.

Was es ihm nun bedeuten würde, Djokovic und Federer mit dem 21. Titel hinter sich zu lassen, wurde Nadal schon vor dem Halbfinale gefragt. „Ich hoffe auf gar nichts mehr. Ich will nur weiterspielen, denn das bereitet mir die meiste Freude“, antwortete er. „Ich glaube nicht, dass mein Glücksgefühl davon abhängig ist, ob ich mehr Grand-Slam-Turniere gewinne als andere oder andere mehr als ich.“

Australian Open in Melbourne

(Australien, Grand-Slam-Turnier, 47,5 Mio. Euro, Hartplatz)

Herren-Einzel

Halbfinale:
Rafael Nadal (ESP/6) Matteo Berrettini (ITA/7) 6:3 6:2 3:6 6:3
Daniil Medwedew (RUS/2) Stefanos Tsitsipas (GRE/4) 7:6 (7/5) 4:6 6:4 6:1