Cornelia Hütter
APA/Karl-Josef Hildenbrand
Ski alpin

Erster Sieg gibt ÖSV-Damen Schub

Österreichs Skifahrerinnen haben es dank Cornelia Hütter im letzten Moment vermieden, ohne Saisonsieg zu den Olympischen Winterspielen nach Peking zu reisen. Die Steirerin gab mit dem Erfolg im Super-G von Garmisch-Partenkirchen – den sie sich mit der Italienerin Federica Brignone teilte – am Sonntag den Österreicherinnen den nötigen Schub. Hütter stand bei der Generalprobe für Peking nur an der Spitze einer schon lange nicht mehr in dieser Form dargebotenen Teamleistung in einem Speed-Bewerb.

Neben Hütter und Brignone durfte sich Tamara Tippler nach Rang zwei zuletzt in Cortina d’Ampezzo als Dritte über ihren zweiten Podestplatz in Folge freuen. Nur eine Hundertstelsekunde hinter der Steirerin schien Mirjam Puchner als Vierte in der Ergebnisliste auf. Zum Drüberstreuen durfte sich die allerdings nicht für Olympia nominierte Nadine Fest als Fünfte über ihr bisher bestes Ergebnis im Weltcup freuen. Vier ÖSV-Läuferinnen unter den Top Fünf eines Super-G hatte es zuletzt 2006 auf der Reiteralm gegeben. Siegerin war damals die aktuelle steirische Verbandspräsidentin Renate Götschl.

„Es ist total cool. Ich bin unglaublich stolz, Teil von so einer richtig starken Mannschaft zu sein. Teilweise hat es ausgeschaut wie österreichische Meisterschaften“, sagte Siegerin Hütter über das starke Abschneiden, das Ariane Rädler und Elisabeth Reisinger als Elfte und Zwölfte untermauerten. „Ich hoffe, dass wir den Speed auf die andere Seite (zu Olympia, Anm.) mitnehmen“, so die Steirerin, die für den ersten österreichischen Sieg in einem Super-G seit Nina Ortlieb am 29. Februar 2020 im italienischen La Thuile sorgte.

Hütter gewinnt Super-G in Garmisch

Die ÖSV-Damen haben sich beim Super-G in Garmisch-Partenkirchen, dem letzten Rennen vor Olympia, in Topform gezeigt. Cornelia Hütter und Federica Brignone teilten sich den Sieg, Tamara Tippler wurde Dritte.

Für das österreichische Team war der Erfolg rechtzeitig vor den Spielen der nötige Schub für das Selbstvertrauen, nachdem zuletzt Ramona Siebenhofer und Tippler in Cortina sowie Hütter am Samstag in der Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen dem ersten Saisonsieg bereits nahegekommen waren. Davor war der Slalom-Erfolg von Katharina Liensberger beim Weltcup-Finale 2021 in Lenzerheide der letzte österreichische Sieg bei den Damen gewesen.

Hütter nach Erfolg „schmähstad“

Aber nicht nur für das gesamte Team, auch für Hütter selbst ging eine lange Durststrecke zu Ende. Denn der bis dato letzte Erfolg der Steirerin datierte vom 1. Dezember 2017. Damals hatte Hütter, die davor im März 2016 beim Super-G in Lenzerheide ihr erstes Rennen gewonnen hatte, die Abfahrt von Lake Louise für sich entschieden. Der dritte Platz in der Abfahrt am Samstag hatte bei der 29-Jährigen den Knopf gelöst. Die Verbindung „alte Risiko-Conny mit der neuen Technik-Conny“ ging voll auf.

Federica Brignone, Cornelia Hütter und Tamara Tippler
APA/Karl-Josef Hildenbrand
Hütter (M.) strahlte mit „Kosiegerin“ Brignone (l.) und der drittplatzierten Tippler um die Wette

Im Rückblick auf die durch Verletzungen geprägten Jahre fehlten der normalerweise nie um einen lockeren Spruch verlegenen Hütter im ORF-Interview trotzdem die Worte: „Es ist gerade schwer zu beschreiben, ich bin eher schmähstad als emotional. Ich freu mich natürlich irrsinnig, aber ich habe gerade keine Gedanken in meinem Kopf“, so Hütter. „Es ist einfach schön, dass ich wieder in der Weltspitze zurück bin nach den ganzen Jahren, die ich eigentlich mehr vor dem Fernseher verbracht habe und zuschauen musste.“

Bei Olympia beginnt alles bei null

Trotzdem versuchte die Steirerin, die Bäume auch im Hinblick Olympia nicht in den Himmel wachsen zu lassen: „Man muss natürlich am Boden bleiben, die letzten Rennen waren nicht gut, ich war auch ein bisserl geschwächt.“ Dazu waren in Garmisch einige der Topstars wie die verletzte Italienerin Sofia Goggia und die bereits Richtung Peking aufgebrochenen Petra Vlhova aus der Slowakei, US-Star Mikaela Shiffrin und die Schweizer Weltmeisterin Lara Gut-Behrami nicht am Start.

„Die Form für Olympia stimmt, das Skifahren ist gut. Aber es weiß keiner, was uns dort erwartet, vom Schnee her, von der Piste. Jeder fängt mit null an“, sagte Hütter. Entscheidend sei in China zum einen das richtige Set-up und zum anderen, dass man sich aufs Wesentliche konzentriere, meinte Hütter. „Man darf sich nicht von den Nebengeräuschen irre machen lassen, sondern voller Fokus aufs Skifahren und Vollgas Rennen fahren.“

Das Ziel ist klar abgesteckt. „Wir wollen natürlich um Medaillen mitkämpfen. Wir fliegen nicht dorthin, um 20. zu werden. Das interessiert überhaupt niemanden“, sagte Hütter und gab damit die Devise aus, allerdings nicht ohne zu warnen: „Aber natürlich, schön am Boden bleiben und einen kühlen Kopf bewahren.“ Das sollte bei erwarteten zweistelligen Minustemperaturen im Skigebiet von Yanqing gelingen. Auch Mirjam Puchner ist optimistisch: „Wir waren heuer mannschaftlich eigentlich immer sehr stark. Das ist ein Zeichen, dass wir gut arbeiten.“

Tippler mausert sich zu Geheimtipp

Neben Hütter empfahl sich aber auch Tippler mit ihrem zweiten Podestplatz in Folge für den Kreis der Medaillenanwärterinnen im olympischen Super-G, der am 11. Februar auf dem Programm steht. Zum neunten Mal in ihrer Karriere schaffte es die Steirerin in dieser Disziplin auf ein Weltcup-Podest. In der Abfahrt steht hingegen bisher nur ein zweiter Platz zu Buche. „Im Super-G habe ich einfach ein bisschen mehr Selbstvertrauen als in der Abfahrt“, sagte die 30-Jährige, „ich weiß jetzt, dass ich aufs Podest fahren kann. So ist es leichter, rüberzufliegen. Wenn alles passt, kann es hinhauen.“

Bei der Generalprobe auf der Kandahar-Strecke trauerte Tippler der Chance nach, um den Sieg mitzumischen. „Unten wäre noch mehr drinnen gewesen, das war nicht alles, was ich kann. Das ist ein bisschen schade, weil ich näher dran gewesen wäre. Ich muss aber dennoch zufrieden sein, man muss nehmen, was man bekommt. Das ist keine Selbstverständlichkeit“, sagte Super-G-Spezialistin, die aber auch vor ihrer Teamkollegin und Freundin Hütter den Hut zog: „Es war für sie keine leichte Zeit, sie hat sich in den letzten beiden Jahren zurückgekämpft. Die Geduld hat sich ausgezahlt.“

Brignone nutzt Gunst der Stunde

Die Abwesenheit des Großteils der restlichen Elite nutzte auch Brignone, die an der Seite von Hütter ihren 19. Weltcup-Sieg feierte, den siebenten im Super-G. „Ich bin wirklich sehr glücklich mit meinem Lauf. Ich habe versucht, mich in den windigen Passagen so klein wie möglich zu machen“, sagte die 31-Jährige, die sich angesichts deren Krankenakte auch für Hütter freute. „Es ist fantastisch, mit Conny den Sieg zu teilen.“

Die Österreicherin gab das Kompliment umgehend zurück: „Die ‚Fede‘ ist einfach eine großartige Skifahrerin und echt so eine Nette, deswegen freut es mich einfach, dass ich mit ihr ganz oben stehen durfte.“ Brignone machte mit ihrem dritten Erfolg im siebenten von neun Super-Gs in dieser Saison einen großen Schritt Richtung Gewinn der kleinen Kristallkugel. Sie führt nun mit 103 Punkten Vorsprung auf ihre zweitplatzierte Landsfrau Elena Curtoni, die in Garmisch diesmal nur Zehnte wurde.