Chukwubuike Junior Adamu (RBS) und Corentin Tolisso (Bayern)
GEPA/Mathias Mandl
Champions League

Salzburg verpasst Sensation knapp

Der FC Salzburg hat am Mittwoch bei seinem Debüt im Achtelfinale der UEFA Champions League eine herausragende Leistung gezeigt und schrammte am Ende hauchdünn an einer Sensation vorbei. Im mit 29.520 Zuschauern ausverkauften Stadion in Wals-Siezenheim trennte sich Österreichs Serienmeister von Bayern München im Hinspiel mit 1:1 (1:0). Der deutsche Rekordmeister traf erst in Minute 90 zu einem am Ende nicht unverdienten Remis.

Junior Adamu, der früh für den verletzten Noah Okafor in die Partie kam, brachte Salzburg mit seinem Schuss ins lange Eck in Führung (21.). Die Gastgeber waren über 90 Minuten gegen teils einfallslos wirkende Bayern das bessere Kollektiv und nahmen vor allem den zweifachen Weltfußballer Robert Lewandowski fast komplett aus dem Spiel.

In der zweiten Hälfte drückten dann zwar die Bayern, kamen aber nur zu wenigen zwingenden Möglichkeiten. Salzburg vergab durch Adamu die Vorentscheidung (81.), kurz vor Schluss war Kingsley Coman an der zweiten Stange eine Spur zu frei (90.). Das Rückspiel steigt am 8. März in München, ohne Auswärtstorregel geht es dann wieder bei null los.

ZIB Nacht mit Champions League (ab Minute 9:27)

Die Highlights vom Achtelfinal-Hinspiel zwischen Salzburg und Bayern.

Elektrisierende Premiere

Als zweite heimische Mannschaft nach Sturm Graz überstand Salzburg im Herbst eine Gruppenphase in der Königsklasse und bestritt als erste überhaupt ein Achtelfinal-Spiel. 29.520 Zuschauer sorgten für eine elektrisierende Premiere, hatte das Duell doch auch den Charakter eines Lokalderbys. Und es gab schließlich etwas aufzuholen, bei beiden Duellen (2:6, 1:3) in der Gruppenphase der Vorsaison waren im Herbst 2020 damals keine Zuschauer wegen der CoV-Pandemie erlaubt.

Szene vor dem Match
ORF.at/Bernhard Kastler
Ein Moment zum Festhalten: Erstmals trat Salzburg in einem CL-Achtelfinale an, zu Gast waren die bayrischen Nachbarn

Bereits im Februar war also das (erste) „Spiel des Jahres“ ausgerufen. „Die wissen genau, wie grauslich das am Mittwoch für sie wird“, tönte Maximilian Wöber und sorgte damit auch für verbalen Zunder. Julian Nagelsmann gefiel das. „Alles andere wäre auch uninteressant und wahrscheinlich nicht echt“, sagte der 34-jährige Bayern-Coach, dessen Team zuvor einen seltenen 2:4-Bauchfleck in Bochum hingelegt hatte.

Salzburg mit Seiwald, Bayern mit Umstellungen

Sein ein Jahr jüngeres Pendant Matthias Jaissle („Ich bin kein Nagelsmann 2.0“) konnte bis auf Luka Sucic, den Nicolas Capaldo in der Mittelfeldraute ersetzte, auf seine Paradeelf aus dem historischen Herbst aufbieten. Nicolas Seiwald gab sein überraschend frühes Startelfcomeback nach einer Knieoperation Anfang Jänner.

Nagelsmann reagierte auf die zuletzt gezeigte defensive Unsicherheit, stellte wieder auf Dreierkette und zwei Sechser um – Corentin Tolisso ersetzte den Ex-Salzburger Dayot Upamecano, der wie ÖFB-Legionär Marcel Sabitzer Ersatz war. Kein Nachteil für Salzburg: Weltklassegoalie Manuel Neuer fehlte verletzt.

Frühes Aus für Okafor

Die Partie passte sich dem Rahmen schnell an, es ging rasant hin und her. Salzburg legte den Respekt wie versprochen mit Anpfiff ab und meldete sich erstmals durch Brenden Aaronson an, dessen Schuss von Niklas Süle abgeblockt wurde (3.). Die Hausherren stifteten wie von Bayern-Kapitän Thomas Müller angekündigt Chaos, spielten aber ihre Angriffe nach Ballgewinnen zunächst nicht konsequent genug fertig.

Noah Okafor (Salzburg)
Reuters/Andreas Gebert
Noah Okafor musste schon nach zwölf Minuten vom Feld, „Joker“ Adamu sollte wenig später treffen

Die Gäste, wieder mit fünf Offensivspielern am Werk, hatten die erste Chance: Tolisso mit dem weiten Pass zu Serge Gnabry, der Andreas Ulmer überspielte und Philipp Köhn erstmals prüfte (10.). Zwei Minuten später war die Partie für Salzburg-Stürmer Noah Okafor vorbei, der Schweizer schied mit einer Muskelverletzung aus. Für ihn kam Junior Adamu, der im vergangenen November im ÖFB-Team debütiert hatte.

„Joker“ Adamu sticht für Salzburg

Beide Mannschaften operierten vor den Augen von UEFA-Präsident Aleksandar Ceferin auch mit langen Bällen in die Tiefe. Salzburg hoffte, gegen die zuletzt behäbige Bayern-Abwehr auf diese Weise zu treffen – und tat das auch. Nach einem Einwurf eroberten die fleißigen Seiwald und Mohamed Camara im Verbund den Ball, Letzterer schickte Adeyemi auf die Reise. Der „Münchener Junge“ zog im Duell mit Hernandez von rechts in die Mitte, spielte zu Aaronson, der zu Adamu spitzelte, und dieser versenkte das Leder perfekt ins Eck (21.).

Chukwubuike Junior Adamu (Salzburg)
APA/KRUGFOTO/Daniel Krug
Schön überlegt: Adamu vollendete ins lange Eck zur Salzburger Führung

Es folgte pure Ekstase im Salzburger Tollhaus, Jaissle ballte die Faust, die Zuschauer standen im Kollektiv. Und fast wäre das 2:0 gefallen: Aaronson dribbelte quer durch den Bayern-Strafraum und zeigte dabei, warum er im Winter allerorts lukrative Angebote erhielt. Doch Sven Ulreich war gegen den US-Amerikaner auf dem Posten (24.).

Die Bayern fanden in der ersten Hälfte zwar noch Chancen vor, aber entweder verfehlte Leroy Sane (30.), oder Gnabry wurde von den aufopferungsvoll kämpfenden Hausherren in aussichtsreicher Position doppelt abgeblockt (40.). Wirbelwind Adeyemi zischte einmal noch von links rein und prüfte mit rechts Ulreich (44.). Eine Minute später fiel der 20-Jährige im Duell mit Benjamin Pavard im Strafraum, doch der souveräne englische Referee Michael Oliver ließ weiterspielen.

Bayern drücken nach der Pause

Nach der Pause kamen die Bayern mit Elan aus der Kabine, alles andere wäre gegenüber den rund 2.000 mitgereisten Fans aus München auch nicht zu verantworten gewesen. Wie schon in der ersten Hälfte hatten die Gäste mehr Ballbesitz, aber wussten auch weiterhin nicht viel damit anzufangen. Coman setzte die erste Duftmarke mit einem Schlenzer, der über das Tor ging (47.).

Salzburg kam zunächst auch noch einmal nach vorne, Seiwald nahm sich ein Herz und zog flach auf Ulreichs Kasten (49.) ab. Danach entwickelte sich ein Powerplay der Gäste, aber ohne, dass sie zunächst große Chancen vorfanden. Die Salzburger warfen alles, was sie hatten, in jeden Zweikampf und boten den Bayern kaum Raum und Zeit. Es blieb vorerst bei Versuchen aus der Distanz.

Und wenn einmal ein Abschluss der Bayern auf das Salzburger Tor ging, war der noch im Herbst unsichere Köhn zur Stelle. So gegen Coman (74.) und gegen Sane nach einem Konter (76.), zu dem die Salzburger nach eigener Ecke eingeladen hatten. Nagelsmann brachte erst nach 75 Minuten die ersten neuen Spieler, neben Eric Choupo-Moting (77.) auch Sabitzer, der einst selbst in Salzburg spielte.

Coman trifft in 90. Minute doch noch

Nach einer Phase ohne Entlastung kamen die Salzburger aber nun wieder öfter nach vorne und hätten beinahe zehn Minuten vor Schluss den Sack zugemacht: Adeyemi musste sich nach einem Konter einmal mehr Ulreich beugen, und Adamus Nachschuss wurde von Pavard vor der Linie geklärt (81.). Und als alles schon zum Kollektivjubel ansetzte, zeigten die Bayern wieder einmal ihre oft zitierte Mentalität: Pavard brachte die Flanke von rechts, Müller verlängerte per Kopf, und Coman traf frei stehend flach ins kurze Eck zum Endstand (90.). Nach dieser Leistung bleibt der Aufstieg für Salzburg aber weiter realistisch.

Stimmen zum Spiel:

Matthias Jaissle (Salzburg-Trainer): „Es war in Summe eine super Partie, wir haben alles reingehauen, was im Tank war. Die erste Hälfte war genau so, wie wir uns das vorgestellt haben. In der zweiten Hälfte haben wir viele Umschaltaktionen nicht fertiggespielt und hatten viele Ballverluste. Wenn wir das 2:0 machen, gehen wir wahrscheinlich als Gewinner vom Feld. So kassieren wir den Ausgleich, man muss aber schon auch sehen, dass Bayern einige Chancen hatte.“

Julian Nagelsmann (Bayern-Trainer): „Es war ein interessantes Spiel. Wir haben in der ersten Hälfte zu viele Bälle verloren und damit das Spiel von Salzburg befeuert. In der zweiten Hälfte waren wir sehr gut, haben den Gegner eingeschnürt und hatten viele Situationen in der Box. Der Ausgleich war völlig verdient.“

Thomas Müller (Bayern-Spieler): „Es war ein tolles Fußballfest, das Stadion war Weltklasse, so macht Fußball Spaß. Salzburg hat alles gegeben und unangenehm gespielt, aber uns auch Möglichkeiten gegeben, die wir nicht nutzen konnten in dem Ausmaß, dass es für einen Sieg gereicht hätte. Aber das 1:1 war verdient, wir hatten schon einige Möglichkeiten, wo es haarscharf war. Wenn es ganz blöd läuft für uns, kann Salzburg auch auf 2:0 stellen. Es wird ein heißer Tanz im Rückspiel.“

Champions League, Achtelfinal-Hinspiel

Mittwoch:

Salzburg – Bayern München 1:1 (1:0)

Wals-Siezenheim, Stadion Salzburg, 29.520 Zuschauer (ausverkauft), SR Oliver (ENG)

Torfolge:
1:0 Adamu (21.)
1:1 Coman (90.)

Salzburg: Köhn – Kristensen, Solet, Wöber, Ulmer – Capaldo, Camara, Aaronson, N. Seiwald (80./Sucic) – Okafor (12./Adamu), Adeyemi (87./Kjaergaard)

Bayern: Ulreich – Pavard, Süle, Hernandez – Kimmich, Tolisso (80./Sabitzer) – Gnabry (77./Choupo-Moting), Müller, Sane, Coman – Lewandowski

Gelbe Karten: Köhn bzw. Coman, Sabitzer