Stadion in Sankt Petersburg
Reuters/Anton Vaganov
Sportpolitik

Konsequenzen nach Angriff auf Ukraine

Die russische Invasion der Ukraine ist von der internationalen Sportgemeinschaft am Donnerstag scharf verurteilt worden. Zusätzlich kündigen sich auch erste Konsequenzen in der Welt des Sports an, die vor allem Russland als Ausrichterland betreffen. So wird der Europäische Fußballverband (UEFA) Wladimir Putins Heimatstadt St. Petersburg ziemlich sicher das für den 28. Mai geplante Finale der Champions League entziehen. Der Beschluss wird für Freitag erwartet, ein Ersatzort dürfte aber noch nicht bekanntgegeben werden.

Man behandle die Situation „mit außerordentlicher Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit“, versicherte die UEFA und kündigte Beschlüsse am nächsten Tag an, am Freitag (10.00 Uhr) findet eine außerordentliche Sitzung des UEFA-Exekutivkomitees statt.

Bereits in den vergangenen beiden Spielzeiten musste aufgrund der CoV-Pandemie der Finalaustragungsort gewechselt werden. Nach Informationen der englischen Nachrichtenagentur Press Association ist derzeit ein Austragungsort in England im Gespräch – vor allem wenn es zwei Clubs aus der Premier League ins Finale schaffen sollten.

Allerdings sind zwei Toparenen an diesem Tag bereits verplant. Im Wembley-Stadion soll das Play-off-Finale der Zweiten Liga ausgetragen werden, und in der Tottenham-Arena steht ein Rugby-Finale auf dem Programm. Im Gespräch ist auch das Olympiastadion, in dem West Ham United spielt. Möglich wäre auch ein erneuter Tausch mit den nächsten Finalorten. Istanbul und München wären dann Optionen.

Verbände fordern Spielverlegung im WM-Play-off

In der Fußball-WM-Qualifikation kündigten die Verbände aus Polen, Schweden und Tschechien ihre Weigerung zur Austragung der Play-off-Spiele Ende März in Russland an. „Die Unterzeichner dieses Appells ziehen es nicht in Betracht, nach Russland zu reisen und dort Fußballspiele zu spielen“, steht in einem Brief an die Generalsekretärin des Internationalen Fußballverbands (FIFA), Fatma Samoura, den der polnische Verband am Donnerstag bei Twitter veröffentlichte. Die „militärische Eskalation“ habe schwerwiegende Auswirkungen auf die Sicherheit der Teams und Betreuer.

In den europäischen Play-offs zur WM-Endrunde in Katar (21. November bis 18. Dezember) werden Ende März drei Tickets vergeben. In einem Halbfinal-Weg soll Polen am 24. März in Russland antreten. Kämen die Russen in das Finale, wären dort am 29. März Schweden oder Tschechien der Gegner. Die Ukraine spielt in ihrem Halbfinale am 24. März in Schottland und könnte bei einem Weiterkommen auswärts auf Österreich treffen, das zunächst in Wales gastiert. Die Verbände aus Polen, Schweden und Tschechien forderten die FIFA und die UEFA auf, „sofort zu reagieren“ und Alternativen für die Spiele vorzuschlagen.

FIFA will Lage vorerst „weiter beobachten“

FIFA-Präsident Gianni Infantino äußerte sich dazu am Donnerstagabend nach einer Council-Sitzung des Weltverbands, will aber noch abwarten: „Wir sind in Kontakt mit den Verbänden, die diese Qualifikationsspiele noch austragen müssen. Mit dem russischen Verband und den anderen. Wir sind dabei, die Lage zu analysieren. Im Moment ist es so, dass wir die Lage weiter beobachten.“ Das Council-Bureau, der Ratsausschuss der FIFA, werde sich der Frage annehmen „und wird Entscheidungen treffen, sobald es nötig ist“.

Bereits eingestellt wurde der Spielbetrieb im ukrainischen Fußball. Clubs wie Sorja Luhansk und Schachtjor Donezk, die aus den bereits seit 2014 von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine kommen, trainieren und spielen schon seit mehreren Jahren nicht mehr in ihrer Heimat.

Schalke entfernt Hauptsponsor Gasprom vom Trikot

Auf Vereinsebene gab es eine erste Reaktion beim deutschen Fußballzweitligisten Schalke 04, der nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht mehr mit dem Schriftzug seines russischen Hauptsponsors Gasprom auflaufen wird. Das gab der Verein am Donnerstag bekannt. „Mit Blick auf die Ereignisse, Entwicklung und Zuspitzung der vergangenen Tage“ habe sich der Club dazu entschieden, hieß es in der Mitteilung. Der Schritt erfolge nach Gesprächen mit Gasprom Germania.

„Stattdessen wird Schalke 04 auf der Brust der Königsblauen stehen“, teilte der Verein mit. Am Morgen war bereits bekanntgeworden, dass der von den USA im Zuge des Ukraine-Konflikts mit Sanktionen belegte Geschäftsmann Matthias Warnig sein Mandat im Schalker Aufsichtsrat niedergelegt hat. Warnig ist der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Nord Stream 2 AG, die eine Tochterfirma des russischen Energiekonzerns Gasprom ist.

Skicross-Weltcup abgesagt

Am Freitag wurden vom internationalen Skiverband (FIS) die für das Wochenende geplanten zwei Weltcup-Veranstaltungen der Skicrosser in Russland abgesagt. Das Präsidium des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) hatte schon davor in einer Dringlichkeitssitzung einstimmig beschlossen, keine Athletinnen und Athleten mehr nach Russland oder in die Ukraine zu entsenden. Das Skicross-Team, das sich derzeit in Sunny Valley in Russland aufhält, wird zurück nach Österreich geholt.

„Im Interesse eines fairen Wettkampfes entschied sich die Jury, den Weltcup in Sunny Valley nach der Qualifikation abzusagen“, teilte die FIS mit. Man bemühe sich um einen Ersatzort. Auch alle weiteren FIS-Weltcups (Skispringen, Langlaufen) wurden in der Flge abgesagt.

Naturbahnrodel-Weltcup abgesagt

Unmittelbar nach Beginn der Militäroperation Russlands in der Ukraine war das Weltcup-Finale der Naturbahnrodler in Moskau am Donnerstag abgesagt worden, die Teams wurden aufgefordert, Russland sofort zu verlassen. Um 16.30 Uhr landeten die Athleten des österreichischen Nationalteams mit einer AUA-Maschine von Moskau kommend auf dem Flughafen Wien.

„Sportlich ist das natürlich schade, aber es gibt ganz klar wichtigere Dinge. Jetzt hoffen wir einfach, dass wir möglichst schnell gut nach Hause kommen“, wurde Österreichs Nationaltrainer und Sportdirektor Gerald Kammerlander in einer Aussendung zitiert.

IPC fordert Einhaltung des olympischen Waffenstillstands

Was der Kriegsbeginn für die Paralympics in Peking bedeuten wird, ist noch nicht absehbar. Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) verwies auf die olympische Waffenstillstandsresolution. „Sie fordert die Einhaltung des Olympischen Waffenstillstands sieben Tage vor Beginn der olympischen Winterspiele am 4. Februar 2022 bis sieben Tage nach Ende der Paralympischen Winterspiele am 21. März“, teilte das IPC mit.

Die Resolution wurde von 193 Mitgliedsstaaten auf der 76. UNO-Generalversammlung einvernehmlich angenommen. Der olympische Frieden geht auf eine rund 3.000 Jahre alte Tradition des antiken Olympia zurück. Ob es sportliche Auswirkungen auf die Spiele gibt, scheint noch unklar. „Das IPC steht im Vorfeld sowohl mit dem ukrainischen als auch dem russischen Paralympischen Komitee im Dialog“, erklärte der Weltverband: „Als politisch neutrale Organisation liegt der Fokus des IPC weiterhin eher auf den bevorstehenden Spielen als auf der aktuellen Situation.“

Der Präsident des Internationalen Paralympischen Kommittees Andrew Parsons
Reuters/Carl Recine
IPC-Präsident Andrew Parsons sprach von einer „wirklich schrecklichen Situation“

Unterdessen sprach IPC-Präsident Andrew Parsons von einer „wirklich schrecklichen Situation, und wir sind sehr besorgt um das Nationale Paralympische Komitee und die Para-Athleten aus der Ukraine“. Waleri Suschkewitsch, der Präsident des ukrainischen Paralympischen Komitees, habe ihm mitgeteilt, dass seine Para-Athleten in Peking antreten möchten, sagte Parsons: „Aber das Team nach Peking zu bringen, wird eine riesige Herausforderung.“ Für die Gewährleistung ihrer Sicherheit müsse man „so schnell wie möglich eine Lösung finden, damit die ukrainische Delegation sicher zu und von den Spielen reisen kann“.

IOC verurteilt Brechen des Olympischen Friedens

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat das Brechen des olympischen Friedens durch Russlands Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt. Das IOC sei „zutiefst besorgt“ über die Sicherheit der olympischen Gemeinschaft in der Ukraine, daher habe man eine Arbeitsgruppe zur Beobachtung der Lage einberufen, die auch humanitäre Hilfe für Athletinnen, Athleten und Sportfunktionäre in der Ukraine koordinieren solle.

IOC-Chef Thomas Bach bekräftige seinen Ruf nach Frieden, hieß es in der Mitteilung. In seiner Rede zur Eröffnung der Peking-Spiele hatte er das John-Lennon-Zitat „Give Peace A Chance“ (dt.: „Gib dem Frieden eine Chance“) verwendet. Zum Abschluss der Winterspiele hatte Bach die Spitzenpolitiker in aller Welt aufgefordert, sich ein Beispiel an der Solidarität und dem Frieden unter den Olympiateilnehmern zu nehmen.

Vettel boykottiert Russland-Rennen

Die Folgen für das im Herbst geplante Formel-1-Rennen in Sotschi sind noch nicht absehbar. „Die Formel 1 beobachtet die sehr fließenden Entwicklungen wie viele andere genau und hat zum jetzigen Zeitpunkt keinen weiteren Kommentar zu dem für September geplanten Rennen“, hieß es am Donnerstag in einer ersten Stellungnahme der Rennserie: „Wir werden die Situation weiterhin sehr genau beobachten.“

Für den viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel kommt ein Start beim Großen Preis von Russland heuer nicht infrage. „Meine Meinung ist, dass ich dort nicht hin sollte, und ich werde es auch nicht. Ich finde es falsch, in diesem Land zu fahren“, sagte der 34-Jährige am Donnerstag am Rande der Testfahrten in Barcelona und bekräftigte: „Meine Entscheidung steht schon fest.“

Aston Martin Fahrer Sebastian Vettel
AP/Joan Monfort
Vettel (hier bei den Testfahrten in Barcelona) wird heuer beim Rennen in Sotschi nicht an den Start gehen

Basketballpartie in Euroleague verschoben

In der Basketball-Euroleague wurde das für Donnerstagabend (19.00 Uhr) angesetzte Heimspiel des FC Bayern in gegen ZSKA Moskau verlegt. „Unter dem Eindruck der Ereignisse in der Ukraine ist das heutige Spiel gegen ZSKA Moskau kurzfristig auf einen späteren Termin verschoben worden“, schrieben die Münchner.

Der litauische Spitzenverein Zalgiris Kaunas indes wird als Reaktion auf die Invasion Russlands in die Ukraine nicht zu seinen Auswärtsspielen nach Russland reisen. Zalgiris sollte in der Euroleague bei ZSKA Moskau am 25. März und bei Zenit St. Petersburg am 8. April antreten.

„Wir werden mit Mannschaften von westeuropäischen Vereinen sprechen und eine gemeinsame Entscheidung vorschlagen, nicht nur keine Spiele in Russland zu bestreiten, sondern auch alle Spiele gegen russische Mannschaften zu boykottieren“, schrieb Zalgiris-Direktor Paulius Motiejunas.

FIVB hält an Volleyball-WM fest

Der Internationale Volleyballverband (FIVB) will weiter an der Männer-WM in diesem Jahr in Russland festhalten. Die Stellungnahme von Dienstag bleibe die gleiche, teilte ein Sprecher der dpa am Donnerstag auf Nachfrage mit. In der Erklärung vom Dienstag hieß es: „Der FIVB ist der Meinung, dass Sport immer von Politik getrennt bleiben sollte, aber wir beobachten die Situation genau, um die Sicherheit und das Wohlergehen aller Teilnehmer an unseren Veranstaltungen zu gewährleisten, was unsere oberste Priorität ist.“

Die Männer-WM ist vom 26. August bis zum 11. September in Russland terminiert. Gespielt werden soll in zehn Städten. „Der FIVB arbeitet eng mit dem russischen Volleyballverband und dem Organisationskomitee Volleyball 2022 zusammen, um verschiedene Volleyball- und Beachvolleyball-Veranstaltungen in Russland vorzubereiten, die wie geplant stattfinden werden“, hieß es.