Der Grand Prix von Russland
Reuters/Maxim Shemetov
Sportpolitik

Absagenwelle und Solidarität mit Ukraine

Der Europäische Fußballverband (UEFA), die Formel 1 und der Internationale Skiverband (FIS) haben mit Absagen von Sportevents in Russland nach dem Einmarsch militärischer Truppen in die Ukraine ein Zeichen gesetzt. Die UEFA verlegte das Finale der Champions League von St. Petersburg nach Paris, die Formel 1 strich den Grand Prix von Russland aus dem Kalender, und die FIS sagte sämtliche Weltcups in diesem Winter in Russland ab. Weltweit gibt es Solidaritätsbekundungen.

Das UEFA-Exekutivkomitee fand in Windeseile einen Ersatzort für das Champions-League-Finale am 28. Mai und bedankte sich speziell beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron „für seine persönliche Unterstützung und sein Engagement“. Zudem entschied das wichtigste UEFA-Gremium, dass russische und ukrainische Clubs ihre Europacup-Heimspiele auf neutralem Boden ausrichten müssen. Das gelte auch für die Nationalmannschaften der beiden Länder in der Nations League ab diesem Sommer.

Auf den Entzug des CL-Finales reagierte der Kreml rasch. Man bedauere den UEFA-Beschluss, den nächsten Königsklassenchampion nicht in der Gasprom-Arena zu küren. „Es ist natürlich schade, dass diese Entscheidung getroffen wurde“, sagte Putin-Sprecher Dmitri Peskow der Agentur TASS zufolge.

Das Stadion Saint-Denis in Paris
APA/AFP/Robert Grahn
Statt in Putins Geburtsstadt St. Petersburg geht das CL-Finale in Paris in Szene

Noch deutlicher wurde der Chef des Russischen Fußballverbands (RFS) und Gasprom-Vorstandschef Alexander Djukow. „Wir glauben, dass die Entscheidung, das Finale der Champions League zu verlegen, von politischen Gründen diktiert ist. Der RFS hält sich immer an das Prinzip, den Sport aus der Politik herauszuhalten, und kann diese Entscheidung deshalb nicht unterstützen“, sagte Djukow laut Verbandsangaben. Ob der 54-Jährige in dem UEFA-Gremium bleiben kann, erscheint auch angesichts von US-Sanktionen mittlerweile sehr fraglich.

Auch FIS und Formel 1 reagieren

Etwas zögerlich war das Vorgehen der FIS. Erst nachdem zahlreiche Nationen, darunter auch Österreich, bereits am Donnerstag ihre Teilnehmer vom Skicross-Weltcup in Sunny Valley bei Tscheljabinsk abgezogen hatten und in der Qualifikation am Freitag für die Wochenendbewerbe nur noch Russinnen und Russen am Start gewesen waren, erfolgte die Absage dieser und weiterer Veranstaltungen. So der Weltcup der Aerials in Jaroslawl und Moskau, der Skispringerinnen in Nischnij Tagil und Tschaikowski und der Langläufer in Tjumen.

Sportwelt reagiert auf Ukraine-Krieg

Der Angriff Russlands auf die Ukraine zieht auch Folgen in der Sportwelt nach sich. Einige Veranstaltungen werden nicht in Russland stattfinden.

Die Formel 1 wird nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in diesem Jahr nicht in Russland fahren. Der Grand Prix in Sotschi war für den 25. September angesetzt gewesen. Es sei „unter den derzeitigen Umständen“ unmöglich, den Großen Preis von Russland auszutragen, hieß es in einer Mitteilung. Die Entscheidung wurde nach einem Treffen von Formel 1, Motorsportweltverband FIA und den Teams getroffen. Fahrer wie Sebastian Vettel („Ich finde es falsch, in diesem Land zu fahren“) und Weltmeister Max Verstappen („Wir sollten nicht in einem Land fahren, das Krieg führt“) hatten sich schon zuvor positioniert gehabt.

Formel-1-Autos beim Start im Grand Prix von Russland
Reuters/Maxim Shemetov
Auf dem Formel-1-Kurs in Sotschi wird es 2022 kein Rennen geben

Verbände ziehen Sportevents aus Russland ab

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) verurteilte das Brechen der olympischen Waffenruhe durch die Regierungen von Russland und Belarus scharf und forderte alle internationalen Fachverbände dazu auf, Sportevents in diesen beiden Ländern abzusagen oder woanders neu anzusetzen. Die Europäische Handball-Föderation und der Internationale Sportkletter-Verband wollen diese Maßnahmen umsetzen, ebenso die Basketball-Euroleague.

Darüber hinaus fordert das Exekutive Board des IOC nachdrücklich, dass bei internationalen Sportveranstaltungen, die nicht bereits unter die jeweiligen Sanktionen der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) für Russland fallen, keine Flaggen aus Russland oder Belarus gezeigt und auch keine Hymnen gespielt werden.

Sponsoren unter Druck

Immer größer wird auch die Bereitschaft, auf russische Sponsoren zu verzichten. Der österreichische Zweitligaclub Young Violets wird als Reaktion auf den Ukraine-Krieg vorerst ohne das Gasprom-Logo auf dem Trikot einlaufen, wie die Wiener Austria bekanntgab.

In Deutschland fordern laut einer Umfrage fast zwei Drittel, dass sich Zweitligist FC Schalke 04 von seinem Hauptsponsor Gasprom trennt. Schalke hatte bereits verkündet, dass der Verein nicht mehr mit dem entsprechenden Schriftzug auf den Trikots auflaufen wird. Der Premier-League-Club Manchester United entzog Aeroflot die Sponsorrechte, der deutsche Volleyball-Bundesligist SSC Palmberg Schwerin verzichtet auf Werbung für die Ostsee-Gasleitung „Nord Stream 2“.

Bernhard Stöhr über die Auswirkungen

Bernhard Stöhr aus der ORF-Sportredaktion über die Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine auf die Welt des Sports.

Verstoß gegen Grundprinzipien

Die internationale Fußballspielervereinigung Fifpro fordert eine Überprüfung bestehender Geschäftsverbindungen. Der Fußball müsse jetzt „dem Beispiel demokratischer Regierungen folgen und alle Verbindungen überprüfen und abbrechen, die die Grundprinzipien unserer Branche untergraben“, hieß es in einer Stellungnahme.

Die Fifpro stehe an der Seite der ukrainischen Bevölkerung und fordere von den internationalen Fußballverbänden „Zusicherungen und Unterstützung zum Schutz der Profis“ in der Ukraine. Der staatliche russische Energiekonzern Gasprom gehört zu den größten Sponsoren der UEFA, über die Zukunft dieser Partnerschaft gab es vom europäischen Dachverband noch keine Angaben.

NBA zeigt sich solidarisch

Solidarität mit der Ukraine zeigten in der National Basketball Association (NBA) Spieler der Sacramento Kings und Denver Nuggets, die vor ihrer Partie eine Schweigeminute abhielten. In der Spielfeldmitte standen die Spieler Seite an Seite und verschränkten ihre Arme.

Bei den Kings ist mit Alex Len ein ukrainischer Spieler aktiv. Er hatte zusammen mit dem anderen ukrainischen Spieler in der NBA, Swjatoslaw Mychailjuk (Toronto Raptors), zuvor eine Stellungnahme veröffentlicht: „Eine große Tragödie ist unserem geliebten Heimatland Ukraine widerfahren (…). Die Ukraine ist ein friedliches und unabhängiges Land, das von Menschen bewohnt wird, die ihr Leben selbst bestimmen wollen“, schrieben die beiden.

Sacramento Kings Center Alex Len
AP/David Zalubowski
Alex Len und sein ukrainischer NBA-Kollege Swjatoslaw Mychailjuk beziehen Stellung gegen die russischen Aggressoren

Eine Schweigeminute gab es auch vor und nach dem Basketball-WM-Qualifikationsspiel zwischen Spanien und der Ukraine. Starspieler Artem Pustowij hatte „Kein Krieg“ auf seine Wangen gemalt. „Niemand konnte glauben, was mit unserem Land passiert. Es ist unmöglich, an ein Spiel zu denken, wenn man weiß, dass deine Familie Schmerzen erleidet und gleichzeitig dein Land bombardiert wird“, sagte Pustowij, für dessen Team es nach der Niederlage Standing Ovations gab.

Keine OSV-Schwimmer bei Bewerben in Russland

Österreichs Schwimmverband (OSV) kündigte an, keine Athletinnen und Athleten zu Bewerben nach Russland zu entsenden. Die österreichische Eiskunstläuferin und gebürtige Ukrainerin Olga Mikutina wiederum blickt mit Sorgen auf die Geschehnisse in ihrer Heimat. „Ich mache mir wahnsinnige Sorgen um meine Verwandten und meine Freunde in der Ukraine“, sagte die 18-Jährige, die in der Industriestadt Charkiw (Charkow) aufgewachsen und 2016 nach Österreich gekommen ist, in den „Vorarlberger Nachrichten“.

Der russische Tennisspieler Andrej Rublew wiederum gab nach seinem Halbfinal-Sieg beim Turnier in Dubai eine Antikriegsbotschaft ab. Nach dem 3:6 7:5 7:6 (7/5) über den Polen Hubert Hurkacz schrieb der 24-Jährige am Freitag „No War Please“ („Kein Krieg bitte“) auf die Linse einer TV-Kamera. Der neue russische Weltranglistenerste Daniil Medwedew hatte sich zuvor betroffen über den Angriff russischer Truppen auf die Ukraine geäußert.