Sarah Zadrazil (AUT)
GEPA/Michael Meindl
Fussball

Zadrazil: „Equal Pay in Europa unrealistisch“

Sarah Zadrazil gehört zu den Schlüsselfiguren im österreichischen Frauenfußball. Die 29-jährige Salzburgerin ist seit Jahren Stammkraft im ÖFB-Team sowie seit 2020 beim deutschen Meister FC Bayern München. Auch abseits des Platzes weiß die Mittelfeldfrau zu überzeugen, gibt sich aber in einer Thematik keinen Träumereien hin. „Equal Pay ist in Europa unrealistisch“, erklärt Zadrazil im Gespräch mit ORF.at, in dem sie auch über ihre erfolgreiche Karriere spricht und sich von Red Bull Salzburg eine Frauenabteilung wünscht.

Erst vor wenigen Wochen erzielte das US-Nationalteam, angeführt von Superstar Megan Rapinoe, einen historischen Erfolg. Nach einem jahrelangen Gehaltsstreit erhalten die Frauen die gleiche Bezahlung wie die Männer. Die US-Damen hatten mit vier WM-Titeln die besten Argumente geliefert, davon können die Herren nur träumen.

Zadrazil hat selbst in den USA auf dem College gespielt und weiß dort um den Stellenwert des Sports für Mädchen und Frauen nur zu gut. „In den USA ist Fußball in erster Linie ein Frauensport. Jedes kleine Mädchen spielt Fußball, das ist ganz normal. Die Männer spielen in erster Linie andere Sportarten wie Football, Basketball oder Baseball. Von dem her ist der Stellenwert des Frauenfußballs sehr hoch. Es wäre natürlich cool, wenn das in Europa auch so wäre, aber wir sind auf einem guten Weg, dass auch hier Frauenfußball immer größer wird.“

„So weit ist der Frauenfußball hier noch nicht“

Noch ist es aber eben anders, das versucht Zadrazil auch entsprechend einzuordnen. „Megan Rapinoe und Co. sind Vorbilder in den USA und treten für das ein, was ihnen wichtig ist. Es ist beeindruckend, was ihnen gelungen ist. Aber ich sehe das Thema in Europa etwas kritischer. Ich denke nicht, dass wir dasselbe verlangen können wie die Männer, so weit ist der Frauen-Fußball einfach noch nicht“, betont die 90-fache ÖFB-Teamspielerin, die 2017 Teil des EM-Halbfinal-Teams war.

Sarah Zadrazil und Lineth Beerensteyn (Bayern)
Reuters/John Sibley
Zadrazil steht seit bald zwei Jahren bei Bayern München unter Vertrag, wurde deutsche Meisterin und stand im CL-Halbfinale

In Europa ist das Interesse an Männer-Fußball ungleich höher, das lässt sich an Zuschauerzahlen, TV-Verträgen und Merchandising ablesen. „Ich kann einfach nicht dasselbe verlangen wie ein Joshua Kimmich“, unterstrich Zadrazil. „Was man aber schon machen könnte, wäre, die Strukturen anzupassen, beispielsweise wo gespielt wird. Wenn man da den nächsten Schritt macht, wäre uns schon extrem geholfen. Oder die Übertragungen der Spiele: nämlich dass man einfach Spiele schauen kann, wenn man sich dafür interessiert. Das sind die nächsten Schritte, die wichtig wären, um uns eine bessere Plattform zu geben.“

Bayern-Frauen spielen erstmals in Allianz Arena

In München wird bald ein nächster Schritt gegangen, dürfen die Frauen doch am 22. März im Viertelfinal-Hinspiel gegen Paris Saint-Germain erstmals in der Allianz Arena spielen. „Es ist eine der größten Bühnen in Deutschland und zeigt auch die Wertschätzung des Vereins. Es ist einfach auch angebracht für ein Spiel in der Champions League gegen PSG. Ich freue mich schon sehr, das wird eine coole Erfahrung.“

Zadrazil wechselte 2020 von Turbine Potsdam nach München, das 2021 deutscher Meister wurde. In der Vorsaison kam in der Champions League erst im Halbfinale das Aus gegen Chelsea. „Es war in jedem Fall der richtige Schritt für mich, auch für meine Entwicklung. Wir finden Bedingungen vor, die für Frauen-Fußball wirklich top sind. Und wir haben fast ausschließlich Nationalspielerinnen im Kader.“ So ist in diesem Jahr noch das Triple aus Gewinn der Meisterschaft, Pokal und Champions League möglich. Im Vergleich zur englischen Liga gebe es aber betreffend Marketing und Übertragungen noch Luft nach oben.

Die ausgebildete Kindergartenpädagogin, die aktuell auch einen Trainerkurs sowie ein zweites Bachelorstudium absolviert, hat in München noch bis 2023 Vertrag und kann sich einen Verbleib gut vorstellen. „Es gibt auch nicht mehr viele Vereine, die über Bayern München stehen. Bei mir spielt auch die Nähe zur Familie eine Rolle. Aber sage niemals nie, die anderen Ligen entwickeln sich auch weiter. Ich fühle mich jedoch schon sehr wohl hier“, betonte Zadrazil, die 2018 als erste heimische Fußballerin des Jahres ausgezeichnete worden war.

Red-Bull-Athletin wünscht sich Salzburger Frauen-Team

Die heimatverbundene Fußballerin drückt auch den Salzburger Herren am Dienstag die Daumen, obwohl sie im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinales auf ihre Vereinskollegen aus München treffen. „Bayern hat natürlich die Favoritenrolle, aber Salzburg hat das im Hinspiel super gemacht, und im Fußball ist vieles möglich. Wenn sie es wieder schaffen, aggressiv zu pressen und Bayern damit unter Druck zu setzen, ist etwas möglich. Ich hoffe schon auf eine Überraschung.“

Zadrazil ist die erste Fußballerin, die von Red Bull unterstützt wird, das hält sie aber nicht davon ab, dem heimischen Serienmeister einen aufgelegten Wunsch auszurichten, nämlich dass Salzburg auch eine Frauen-Abteilung eröffnet. „Ich glaube, es wäre der nächste wichtige Schritt für den Frauen-Fußball in Österreich. Ich glaube auch, dass das Potenzial erkannt wurde, ich hoffe, dass man bald Schritte einleiten wird. Das wäre natürlich eine Wunschvorstellung von meiner Seite, damit dem österreichischen Frauen-Fußball weiter geholfen wird.“

Mit Nationalteam gut ins EM-Jahr gestartet

Aus dem Nationalteam ist Zadrazil, die schon 2010 ihr Debüt gab, nicht wegzudenken. Zuletzt bestritt sie mit ihren Landsfrauen erfolgreich ein Trainingslager in Marbella, wo neben Rumänien (6:0) auch die Schweiz (3:0) klar besiegt wurde. „Das Spiel gegen die Schweiz war schon aussagekräftig, weil sie vor uns in der Weltrangliste stehen, aber sie hatten schon auch ein paar Ausfälle. Trotz allem haben wir uns super präsentiert und selten zuvor gegen so ein Team auch dominiert.“

Sarah Zadrazil und Celina Degen (AUT)
GEPA/Michael Meindl
Sarah Zadrazil gehört zu den Führungspersönlichkeiten im österreichischen Frauen-Fußball

Es war der Startschuss für ein besonderes Jahr, in dem man in der WM-Qualifikation um die Premierenteilnahme kämpft. Da steht am 8. April (20.20 Uhr, live in ORF Sport +) in Wiener Neustadt ein Schlüsselspiel gegen Nordirland auf dem Programm. „Wir müssen unsere Aufgaben erledigen und gewinnen. Das Hinspiel (2:2) verlief unglücklich, aber wir sind besser und müssen das zeigen“, unterstrich Zadrazil, die hofft, dass sich ihr Team als Zweites hinter Gruppenfavorit England für die Play-offs qualifiziert und so dann den Sprung auf den WM-Zug schafft.

Hoffen auf WM und riesige Vorfreude auf England

Auch dann ist es aber noch ein weiter Weg, die Play-offs sind mehrstufig, und nur zwölf Teams aus Europa werden bei der erstmals mit 32 Nationen ausgetragenen Endrunde in Australien/Neuseeland 2023 dabei sein. Mit den Kontinentalverbänden messen sich die ÖFB-Frauen schon heuer bei der Endrunde in England zum zweiten Mal, unvergessen bleibt natürlich dabei die Premiere, die vor fünf Jahren in den Niederlanden erst sensationell im Halbfinale ein Ende fand.

„Das war schon ein Märchen. Im Fußball ist vieles möglich, es rückt alles näher zusammen. Wenn wir performen, ist auch dieses Mal wieder einiges drin“, weiß Zadrazil, die sich mit ihren Kolleginnen unter Teamchefin Irene Fuhrmann unter anderem im letzten Drittel verbessern und das nicht zuletzt am 6. Juli präsentieren möchte. Denn dann trifft man vor 75.000 Zuschauern im legendären Old Trafford in Manchester auf England. „Was Besseres hätte uns nicht passieren können, das Eröffnungsspiel ist ein Traumlos. Das werden die meisten wohl nicht wieder erleben, darauf freue ich mich schon wirklich sehr.“