Vorne weg sprechen die Fakten eine deutliche Sprache: 31-mal holten die Bayern die deutsche Meisterschaft, was ebenso Rekord ist wie die 20 Triumphe im DFB-Pokal. Mit sechs Titelgewinnen im Europacup der Landesmeister beziehungsweise in der UEFA Champions League sind die Bayern die Nummer drei hinter Real Madrid (13) und AC Milan (7). „Erfolg ist hier das zentrale Thema“, sagte ÖFB-Teamspielerin und Bayern-Legionärin Sarah Zadrazil. „Als Bayern München hast du immer den Druck zu gewinnen. Das kannte ich so vorher nicht.“
Doch was am 27. Februar 1900 als Abspaltung vom hiesigen Turnverein begann, ist mehr als der Gewinn von Titeln. Die Bayern haben in den 1970ern einige der besten deutschen Fußballer herausgebracht, sorgten in den 1990ern als „FC Hollywood“ für Schlagzeilen und definieren sich wie kaum ein anderes Team über ihr Selbstverständnis. „Mia san mia“ heißt es auf und abseits des Feldes, die einzigartigen 293.000 Vereinsmitglieder bieten dazu ein spezielles Spannungsfeld.
Den Bayern kommt man in München nicht aus, das gilt auch in fußballerischer Hinsicht. Der Club hat sich über die Stadt ausgebreitet. Es beginnt mit dem Fanshop am Hauptbahnhof, reicht über das längst legendäre Trainingszentrum an der Säbener Straße im Süden bis in den Norden, wo nicht nur die Allianz Arena steht, sondern auch der Bayern Campus – Heimat der Nachwuchs- und der Frauen-Teams. Und unweit vom Marienplatz im Zentrum wurde im Dezember 2020 die FC Bayern World, ein Gebäudekomplex inklusive Restaurant und Hotel, eröffnet.
Showdown in München
Nach der 1:1-Überraschung gegen Bayern München wartet Fußballmeister Salzburg am Dienstagabend beim Achtelfinal-Rückspiel der Champions League auf das bisher größte Spiel der Vereinsgeschichte.
Deutsche Weltstars prägten erste Erfolgsära
Die Bayern sind in ihrer 122-jährigen Geschichte in jeglicher Hinsicht gewachsen und aktuell in der Forbes-Liste der drittwertvollste Club im Fußball hinter den spanischen Teams FC Barcelona und Real Madrid.
Die Erfolgsgeschichte brauchte allerdings Zeit, waren die Bayern in den 1960ern nicht einmal Gründungsmitglied der heutigen deutschen Bundesliga. 1969 holte man die zweite Meisterschaft überhaupt, erst danach wurden dank der Ausnahmespieler Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Sepp Maier die Titel zur Normalität. Von 1974 bis 1976 krönte man diese Ära mit drei Königsklassen-Triumphen in Folge, kein Club aus Deutschland hatte zuvor jemals diesen Bewerb gewonnen.
Die Achse Maier (Tor), Beckenbauer (Libero) und Müller (Sturm) verhalf auch der deutschen Nationalmannschaft zu Titeln, allen voran bei der Heimweltmeisterschaft 1974. Just danach sollte die erfolgloseste Zeit der Bayern in der Bundesliga folgen. Sechs Jahre blieben die Bayern ohne Meisterschaft – es ist ihre bis heute längste Durststrecke.
Reizfigur Hoeneß und der „FC Hollywood“
1979 übernahm Uli Hoeneß das Management bei den Bayern und sollte für die nächsten 40 Jahre den Club prägen wie kein anderer. Mit 27 Jahren erfolgte aufgrund von Verletzungen sein frühes Karriereende, der Sohn eines Metzgermeisters übernahm als Manager. Unter seiner Führung kehrte nicht nur der sportliche Erfolg zurück, auch legte der Club in Marketing und Merchandising zu. Zu seinen Vorbildern gehörte dabei etwa auch das Football-Team der San Francisco 49ers. Hoeneß erweckte das finanzielle Potenzial, das noch heute Fundament ist.
Unter Hoeneß entwickelten sich die Bayern zum andauernden Gesprächsthema, auch weil man sich immer wieder bei der Konkurrenz bediente – etwa bei Werder Bremen, von wo Trainer Otto Rehhagel und ÖFB-Teamspieler Andreas Herzog losgeeist wurden. Nicht immer ging das den Bayern auf, wie auch diese beiden Beispiele belegten.
Hoeneß holte aber in dieser Phase viele Stars nach München, die auch abseits des Platzes für genügend Schlagzeilen in Form von Skandalen sorgten – etwa in der Münchner Partyszene. Und wenn es einmal zu lange ruhig sein sollte, polterte Hoeneß selbst los. „Zu einer richtigen Familie gehört Streit“, so sein Credo. In den 1990ern lieferte der „FC Hollywood“ genügend Stoff, unvergessen auch die Wutrede von Startrainer Giovanni Trapattoni, die sich nun zum 24. Mal jährt.
Rückschläge als Fundament für Triumphe
Abseits des Platzes hatten die Bayern in dieser Phase für mehr Schlagzeilen gesorgt. Das sollte sich nach der Jahrtausendwende ändern. Die 1990er Jahre endeten noch mit der „Mutter aller Niederlagen“, als man Manchester United im Champions-League-Finale nach zwei Treffern in der Nachspielzeit noch 1:2 unterlegen war. Doch schon zwei Jahre später holte man den verlorenen Titel wieder zurück. „Wo andere an Niederlagen zerbrechen, wird der FC Bayern noch stärker“, sagte diesbezüglich der heutige Präsident Herbert Hainer.
Ähnliches trug sich bei den weiteren Champions-League-Titeln zu, als man ein Jahr vor dem Triumph 2013 das „Finale dahoam“ gegen Chelsea im Elfmeterschießen verlor – ausgerechnet in der Allianz Arena, die den finanziellen Weg für die nächsten Erfolge ebnete.
Und in derselben Saison, in der man am Ende 2020 sechs Titel holte, hinkte man noch im Herbst hinterher und war bei Eintracht Frankfurt mit 1:5 unterlegen – Trainer Hansi Flick übernahm und die Bayern ließen die erfolgreichste Saison der Clubgeschichte folgen. „Von Bayern-Dusel kann man da etwa nicht reden, das ist harte Arbeit, Mentalität und spricht somit für den Verein“, weiß Zadrazil.
Kritik gehört im Spannungsfeld dazu
Das alles gehört ebenfalls zur schillernden Geschichte wie die Kritik an den handelnden Protagonisten. Allen voran an Hoeneß, der wegen Steuerhinterziehung eine Freiheitsstrafe verbüßte. Der Macher legte sich gerne auch mit den eigenen Anhängern an, was wiederum Schlagzeilen erzeugte. Nach Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge tragen nun aber andere Ex-Spieler die Verantwortung, etwa der frühere Stargoalie Oliver Kahn als Vorstandsvorsitzender.
Und dieser Tage sorgen fragwürdige Sponsorendeals mit dem umstrittenen WM-Gastgeber Katar und Überlegungen, das Trainingszentrum an der Säbener Straße zu verlassen, für Reibungen mit den Fans im ständigen Spannungsfeld zwischen Anspruch und Tradition – auf der anderen Seite kann man immer wieder bei sozialen Projekten punkten. Sportlich wird weiter jedes Spiel mit Argusaugen beobachtet, die Bayern lassen in vielerlei Hinsicht niemanden kalt.