Vor fast genau fünf Jahren landete Kraft erst bei 253,5 m und stellte damit den noch immer gültigen Weltrekord auf. Aber nicht nur diese Bestmarke ist der Grund, warum man über Kraft „nicht viel diskutieren“ müsse, so Cheftrainer Andreas Widhölzl, der die Reise nach Norwegen aufgrund eines positiven Coronavirus-Falls in der Familie aus „Sicherheitsgründen“ nicht angetreten hat. An Ort und Stelle vertreten wird der 45-Jährige in Norwegen von den beiden Assistenztrainern Harald Diess und Thomas Thurnbichler.
Kraft zeigte sich zuletzt auch in starker Form. „Er ist in letzter Zeit einfach extrem gut gesprungen, hat die Raw Air gewonnen“, wurde Widhölzl in der APA mit Verweis auf den jüngsten Erfolg seines Schützlings zitiert. Wer es neben dem Salzburger in das WM-Aufgebot schafft, werde sich erst an Ort und Stelle entscheiden, meinte der ÖSV-Cheftrainer. Skifliegen sei doch etwas Neues, zumindest in dieser Saison: „Es hat Jeder seine Stärken in gewissen Bereichen.“
Als Titelverteidiger im Einzel geht der Deutsche Karl Geiger in die 27. Ausgabe einer Skiflug-WM und die fünfte in Vikersund. Geiger gewann die vergangene WM-Auflage im Dezember 2020 in Planica vor dem Norweger Halvor Egner Granerud und seinem Landsmann Markus Eisenbichler. Der Team-Titel war an Norwegen gegangen, vor Deutschland und Polen. Für Österreichs ersatzgeschwächtes Team reichte es nur zu Rang sechs.
Auswahl aus unterschiedlichen Kandidaten
Apropos Stärken in gewissen Bereichen: Skifliegen an sich ist sicher eine der Stärken von Michael Hayböck. Der in dieser Saison nach einer Bandscheibenoperation zurückgekommene Oberösterreicher ist Teil der rot-weiß-roten Mannschaft. Bei der vergangenen WM im Dezember 2020 in Planica war er aus der Coronavirus-Quarantäne heraus Vierter geworden.
Für die die Saison abschließenden Skiflug-Bewerbe im Weltcup in Oberstdorf und Planica hat Hayböck seinen Fixplatz, da er sich diesen über den Continental-Cup erarbeitet hat. Zumindest mal in Vikersund dabei ist Ulrich Wohlgenannt. „Mit ihm habe ich einen ‚Jolly Joker‘ hinten, der einfach super fliegen kann“, sagte Widhölzl. Sonst stellen sich noch Daniel Huber, Manuel Fettner und Jan Hörl um die drei weiteren WM-Plätze für die vier Einzel-Teile am Freitag und Samstag, sowie die Team-Konkurrenz (Sonntag) an. Alle Springen sind ab 16.30 Uhr live in ORF1 zu sehen.
Grundsätzlich schwierig sei es jedenfalls für die beiden nach dem Donnerstag nicht zum Zug kommenden Aktiven. Widhölzl: „Wenn alles normal läuft, werden die dann (in Vikersund, Anm.) nicht mehr viel zum Fliegen kommen.“ Es werde aber Rückschlüsse für die beiden Folgewochen geben, für die auch der dreifache Junioren-Weltmeister Daniel Tschofenig und Clemens Aigner Kandidaten seien und bestmöglich aufgestellt werden müssen. „Wir fighten noch um den Nationencup, für den jeder Punkt zählt. Da ist es eng beieinander“, sagte der Chefcoach.
Lange Kandidatenliste für Medaillen
Diese Woche gehe es aber klar um WM-Medaillen. „Dadurch, dass die Tournee als erstes Highlight für uns nicht so gut gelaufen ist, möchten wir da schon gut abschneiden“, so Widhölzl. Die Kandidatenliste für die Stockerliste sei jedenfalls lange. „Es wird sicher ein großer Fight werden um die Medaillen“, sagte der 45-Jährige. Die Ausgangsposition für die Seinen sei jedenfalls besser als vor 15 Monaten in Planica. „Da sind wir gerade aus der Quarantäne rausgekommen, und es sind viele Leute ausgefallen.“ Kraft hatte zudem die Titelkämpfe in Planica auch aufgrund von Rückenproblemen auslassen müssen.
Einen neuen Weltrekord hält Widhölzl durchaus für möglich: „Wir werden sicher weite Sprünge an die 250 m sehen, es ist alles möglich.“ Ob es über die Kraft-Marke gehen wird, hänge naturgemäß auch von den Verhältnissen ab. Normal gebe es vormittags und mittags mehr Aufwind als zur den Wettkampfzeiten am Nachmittag. „Man braucht unten einen guten Wind, damit man das steht. Du brauchst Athleten, die nicht so die extrem hohe Flugkurve haben, damit sie das auch stehen können.“