Ski alpin

Odermatt gewinnt große Kristallkugel

Marco Odermatt hat es geschafft. Der 24-jährige Saisondominator landete am Sonntag im zweiten RTL von Kranjska Gora auf dem dritten Rang (+0,27) und fährt damit mit 329 Punkten Vorsprung auf den Norweger Aleksander Aamodt Kilde zum Weltcup-Finale in der nächsten Woche in Courchevel/Meribel. Da Kilde dort nur drei Rennen bestreitet, kann er Odermatt nicht mehr von Platz eins verdrängen. Den Sieg sicherte sich wie am Vortag der Norweger Henrik Kristoffersen vor ÖSV-Ass Stefan Brennsteiner (+0,23), der erstmals in dieser Saison auf das Podest fuhr.

„Ein bisschen wurmt mich das Ergebnis schon“, sagte Odermatt im ORF-Interview, nachdem er im Finale noch vom ersten auf den dritten Rang zurückgefallen war. „Ich wollte alles geben, Vollgas geben, es wäre auch eigentlich ein Kurs für mich, aber es haben sich doch ein paar Fehler eingeschlichen.“ Im Gesamtweltcup habe es eigentlich immer recht gut ausgesehen, nach Kvitfjell sei er aber noch einmal ein bisschen nervös geworden. „Der gestrige zweite Platz war sicher sehr wichtig. Körperlich geht es mir wirklich sehr gut. Ich habe keine Beschwerden, keine Schmerzen. Dass der Kopf nach so einer Saison müde wird, ist nicht überraschend, aber ich wollte eigentlich heute noch gewinnen.“

Kilde, der in Kranjska Gora nicht dabei war, hatte schon im Vorfeld erklärt, dass er in diesem Winter maximal noch in drei Rennen an den Start gehen wird. Damit kann der Gesamtweltcup-Sieger der Saison 19/20 nur noch 300 Punkte aufholen, selbst wenn er beim Kehraus in Meribel neben Abfahrt und Super-G überraschend auch den RTL für sich entscheiden sollte. Von einer Meinungsänderung und einem überraschenden Start des Norwegers im Slalom abgesehen, darf sich Odermatt seit Sonntag zumindest inoffiziell Gesamtweltcup-Sieger nennen.

1. Henrik Kristoffersen
2. Stefan Brennsteiner (AUT)
2. Marco Odermatt (SUI)

Lange Schweizer Durststrecke zu Ende

Der RTL-Olympiasieger, der am Samstag mit Rang zwei hinter Kristoffersen bereits die Disziplinenwertung vor dem Norweger für sich entschieden hatte, tritt damit die Nachfolge des Franzosen Alexis Pinturault an, der im Vorjahr noch ganz oben gestanden ist. Außerdem beendete der 24-Jährige eine lange Durststrecke der Eidgenossen. Seit 2010 hatte die Schweiz auf einen Sieg im Gesamtweltcup der Männer gewartet. Damals triumphierte Carlo Janka mit 106 Punkten Vorsprung auf Benjamin Raich. Insgesamt ist Odermatt der fünfte Schweizer, der die große Kugel gewinnt.

Für eine starke Saison im vorletzten RTL des Winters belohnte sich ÖSV-Ass Brennsteiner, der in Peking auf dem Weg zu einer Olympiamedaille ausschied und nun zu seiner bisher besten Platzierung fuhr. „Der Zweite war ein wilder Ritt. Relativ schnell dahingegangen. Es kann so oder so ausgehen, darum bin ich sehr zufrieden“, sagte der 30-Jährige, der im ersten Durchgang nach einem schweren Fehler schon fast eine Sekunde zurücklag, danach aber noch viel Zeit gutmachte und mit 0,47 Rückstand auf Halbzeitleader Odermatt als Fünfter in die Entscheidung ging.

Brennsteiner fährt auf Platz zwei

Mit Platz zwei hinter Sieger Henrik Kristoffersen erreichte der Salzburger Stefan Brennsteiner sein bestes Weltcup-Ergebnis.

Fehler bremst Brennsteiner im ersten Lauf aus

„Der Marco (Odermatt, Anm.) dominiert die Saison nach Belieben, der Henrik hat ihn jetzt schon zweimal gebogen, aber es ist toll, mit zwei solchen Skifahrern auf dem Podest zu stehen“, sagte Brennsteiner. „Natürlich hätte ich heute gerne gewonnen. Wäre aber auch nach dem Fehler im ersten Durchgang noch möglich gewesen. Aber was wäre, wenn – daran denke ich nicht. Ich bin glücklich über Platz zwei. Die zwei Zehntel wären auch im Zweiten noch wo drinnen gewesen.“

Auf einer Erfolgswelle schwimmt weiter Kristoffersen, der in Peking zwar leer ausging, seit der Rückkehr aus China nun aber vier von den fünf Rennen gewonnen hat, in denen er angetreten ist. „Ich habe einfach zu viel verändert mit dem Set-up, und dann war es wirklich Schritt für Schritt zurück über die gesamte Saison hinweg“, erklärte der Norweger im ORF-Interview. „Das Material funktioniert, das Set-up funktioniert und das Skifahren ist auch nicht so schlecht. Es ist jetzt ganz okay.“

Kristoffersen gewinnt auch zweiten Kranjska-Gora-RTL

Mit Laufbestzeit im zweiten Durchgang holte sich der Norweger noch das Double in Slowenien.

Für Feller geht es in richtige Richtung

Manuel Feller, in der Disziplinenwertung hinter Odermatt und Kristoffersen als Dritter bester ÖSV-Fahrer, machte im zweiten Durchgang noch zwei Plätze gut und wurde schließlich Siebenter. „Ich glaube, ich habe mich mit jedem Lauf ein bisschen gesteigert in den letzten zwei Tagen. Natürlich ist es eine Genugtuung, wenn man im Ziel abschwingt und es leuchtet grün“, sagte der 29-jährige Tiroler im ORF-Interview. „Ein paar Schlampigkeiten sind noch drinnen, die habe ich wohl ein bisschen verfestigt die letzten Wochen. Schlussendlich waren es zwei Top-Ten-Ergebnisse. Ziel wäre heute Top Fünf gewesen, aber es war ein Schritt in die richtige Richtung.“

Patrick Feurstein, nach dem ersten Durchgang nur auf Platz 29, nutzte die frühe Startnummer in der Entscheidung perfekt aus und machte noch acht Plätze gut. Am Ende landete der 25-Jährige auf dem 21. Rang und hat sein Ticket für das Weltcup-Finale in Frankreich ebenfalls in der Tasche. „Mit dem zweiten Durchgang kann ich sehr gut leben. Der erste war leider wieder nicht gut, eine Steigerung von gestern, aber von gut weit weg. Jetzt kann ich wenigstens halbwegs zufrieden abschließen“, sagte Feurstein im ORF-Interview.

Schwarz fährt mit „innerer Bremse“

Noch sei es nicht so konstant, wie es sein sollte, um ganz vorne mitfahren zu können, sagte der Vorarlberger. „Aber es ist besser, als ich mir vor der Saison erwartet habe. Ich bin mit der Saison eigentlich recht zufrieden, und mit dem Rennen heute kann ich auch zufrieden sein“, meinte Feurstein. Marco Schwarz, dem am Samstag im ersten RTL in Kranjska Gora ein Stein die Kanten ruiniert hatte und der die Entscheidung als 33. verpasst hatte, büßte indes einige Plätze ein und wurde 24.

„Es hat sich eigentlich gut angefühlt, aber im Prinzip war es wieder langsam. Muss ich mir anschauen, ein paar Gedanken machen und dann besser machen“, analysierte Schwarz, der als 20. der RTL-Wertung ebenfalls in Meribel dabei ist, im ORF-Interview seine Fahrt. „Die innere Bremse hält mich schon zurück. Da habe ich nicht ganz das Selbstvertrauen, das ich im Riesentorlauf brauche. Wenn es im zweiten mehr dahingeht, muss man echt gnadenlos andrucken. Das hätte ich mir im zweiten zwar zugetraut, aber ich konnte es nicht umsetzen. Aber man braucht natürlich eine breite Brust.“ Dominik Raschner hatte die Entscheidung als 31. knapp verpasst, ebenso Thomas Dorner als 40. Raphael Haaser schied im ersten Durchgang aus.