Max Verstappen beim Fahren
Reuters/Albert Gea
Formel 1

Verstappen in ungewohnter Rolle

Erstmals seit 2014 geht wieder ein Red-Bull-Pilot als Titelverteidiger in die Saison. Max Verstappen wird den RB18 mit der Nummer 1 des Weltmeisters über die Rennstrecken dieser Welt führen. Der Saisonauftakt geht am Wochenende mit dem Grand Prix von Bahrain in Sachir (Sonntag, 16.00 Uhr, live in ORF1) in Szene.

Die Furcht vor der Rache des Lewis Hamilton und seines Mercedes-Teams hält sich bei Verstappen in Grenzen. Die größte Unbekannte sind für alle die geänderten Aerodynamikregeln, die das Spielfeld neu bemessen und die Hierarchie aufbrechen könnten.

Die erfolgreiche Titelverteidigung ist für Verstappen klarerweise das erste Ziel. „Ich habe dasselbe Motivationslevel, vielleicht sogar mehr, es noch einmal zu schaffen“, sagte der Niederländer. „Jetzt brauche ich etwas Glück und das richtige Auto.“

Hamilton gibt sich angriffslustig

Für seinen Rivalen Hamilton, den Verstappen im vergangenen Dezember beim Thriller-Finale in Abu Dhabi besiegt hat, geht es um den achten WM-Titel, womit er alleiniger Rekordchampion wäre. „Wenn ihr glaubt, dass ihr Ende 2021 den besten Hamilton erlebt hat, dann wartet ab, was ihr 2022 sehen werdet“, verlautbarte der Mercedes-Star vor Kurzem. Zweifel daran meldete Red-Bull-Berater Helmut Marko an und mutmaßte, Hamilton habe mit 37 Jahren sein Leistungsmaximum bald schon hinter sich. Verstappen hingegen habe seinen Zenit noch nicht erreicht. „Er wird also noch einiges erreichen können“, sagte der Steirer über den 24-Jährigen.

Lewis Hamilton
AP/Kamran Jebreili
Hamiltons Erfolgshunger ist ungebrochen – er geht auf seinen achten Titel los

Bei den Konstrukteuren ist vorerst weiter Mercedes der Gejagte. Seit 2014 hat die Mannschaft um Teamchef Toto Wolff jede Weltmeisterschaft in dieser Kategorie gewonnen, im Vorjahr fehlten Red Bull allerdings nur mickrige 28 Punkte auf den Widersacher. Während der Austrorennstall mit Basislager in England unverändert auf Verstappen und Sergio Perez setzt, greift Mercedes erstmals mit zwei Briten an. Der 24-jährige George Russell ersetzt den zuletzt in seiner Form wankelmütigen Valtteri Bottas, der bei Alfa Romeo Unterschlupf fand.

Neue Regeln als Herausforderung

Ob die beiden Platzhirsche Mercedes und Red Bull wieder unter sich bleiben, bleibt jedoch abzuwarten. Das in weiten Teilen umgeworfene technische Reglement nährt bei Herausforderern wie Ferrari und McLaren Hoffnungen. Da kein Team bei der Umsetzung der neuen Regeln auf vorhandenes Wissen aufbauen konnte, bleibt abzuwarten, wem das beste Design gelungen ist. Die Bandbreite an verschiedenen Lösungen – etwa im Bereich Flügel, Seitenkästen und Unterboden – ist jedenfalls überraschend groß.

Ferrari will neu durchstarten

Neben den Dominatoren der vergangenen Jahre, Red Bull Racing und Mercedes, hat sich auch Ferrari in den Blickpunkt geschoben. Vor Beginn der neuen Formel-1-Saison gelten die roten Renner für die Mercedes-Crew sogar als Favorit für den Auftakt in Bahrain.

Neu ist, dass der Abtrieb nun wieder viel stärker über den Unterboden generiert wird. Man setzt auf den Bodeneffekt, im Gegensatz dazu wurde die Oberflächenaerodynamik radikal beschnitten. Die Flügel sind breiter und einfacher gestaltet, wie speziell am jetzt mit der Nase verwachsenen Frontflügel ersichtlich ist. All das soll die störenden Luftverwirbelungen, die das Überholen gravierend erschwert haben, möglichst eliminieren.

Dazu kommen breitere Reifen – von 13 Zoll ging man auf 18 Zoll hinauf. Die Autos werden insgesamt schwerer und langsamer, weil sie vor allem in schnellen Kurven weniger Abtrieb haben. Der Rückstand zur Vorsaison dürfte aber nicht dramatisch ausfallen, wie die Testfahrten bisher erahnen lassen. Im Wesentlichen unverändert geblieben sind die Turbo-Hybrid-Motoren, die sich im Heck der Wagen befinden. Trotzdem ist das Fahrgefühl ein komplett anderes.

„Jeder ist da im gleichen Boot“

„Jeder ist da im gleichen Boot, wenn es darauf ankommt, diese Autos zu verstehen, und hat gewisse Probleme“, so Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel. Der Deutsche muss beim Auftakt wegen einer CoV-Erkrankung allerdings passen und wird in Bahrain durch seinen Landsmann Nico Hülkenberg ersetzt.

Ein lange Zeit nicht gesehenes Phänomen ist das „Porpoising“, worunter man das bei plötzlich abreißendem Luftstrom auftretende „Hüpfen“ des Autos auf der Geraden versteht. Gelingt es nicht, diesen ungewünschten Effekt unter Kontrolle zu bringen, könnte das speziell auf unebenen Strecken zu gefährlichen Situationen führen.

Kein Grand Prix in Russland

Insgesamt umfasst der Rennkalender vorerst „nur“ 22 Stationen. Wie schon 2020 und 2021 fehlt China wegen der Coronavirus-Pandemie im Kalender. Wegen der Fußball-WM in Katar entfällt der dortige Grand Prix, der zuletzt immer im Herbst über die Bühne ging. Der Österreich-Termin auf dem Red Bull Ring in Spielberg fällt in diesem Jahr auf den 10. Juli.

Aufgrund des Ukraine-Kriegs beendete die Formel 1 in der Vorwoche den Vertrag mit dem Grand-Prix-Veranstalter in Russland, wo Ende September hätte gefahren werden sollen. Ein Ersatzort könnte aber noch gefunden werden.

Das Haas-Team trennte sich aus demselben Grund nicht nur von seinem russischen Sponsor Uralkali, sondern auch von Fahrer Nikita Masepin, was noch einen Rechtsstreit nach sich ziehen könnte. Masepin wurde bei den Testfahrten in Bahrain – wo am 20. März auch der Startschuss zur neuen Saison fällt – vom dänischen Rückkehrer Kevin Magnussen ersetzt.