Boris Becker
APA/AFP/Ben Stansall
Chronik

Strafprozess gegen Becker gestartet

In London hat am Montag der Strafprozess gegen den früheren Tennisstar Boris Becker begonnen. Der 54-jährige Deutsche muss sich dort wegen Verschleierung von Vermögen während seiner Insolvenz verantworten. 2017 war Becker von einem Gericht in London für zahlungsunfähig erklärt worden.

Obwohl eine Privatinsolvenz in England in der Regel innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen werden kann, dauert das Verfahren seitdem an. Verschiedene Auflagen gegen Becker wurden sogar auf eine Dauer von zwölf Jahren verlängert.

Über der Zusammenfassung der Anklageschrift, die am ersten Prozesstag im Southwark Crown Court an die anwesenden Journalistinnen und Journalisten verteilt wurde, steht „The Queen v Boris Franz Becker“ (Die Queen gegen Boris Franz Becker). Als Staatsoberhaupt steht die Queen hier stellvertretend für den britischen Staat. In dem siebenseitigen Dokument sind 24 Punkte aufgelistet, die für Becker den Unterschied zwischen Freiheit und Gefängnis ausmachen könnten. Theoretisch könnten ihm bei einer Verurteilung bis zu sieben Jahre Haft drohen.

Becker streitet Vorwürfe ab

„Herr Becker hat sich hinsichtlich einer Reihe von Vermögensbestandteilen unaufrichtig verhalten“, sagte die Staatsanwältin am Montag. Es geht um Gelder in Millionenhöhe, die auf andere Konten überwiesen wurden, nicht angegebene Immobilien, Aktien und Trophäen, die der Anklage zufolge dem Zugriff des Insolvenzverwalters entzogen wurden. Beispielsweise den Pokal aus seinem Sieg bei den Australian Open 1996. Becker streitet die Vorwürfe ab, plädierte in allen Punkten auf unschuldig.

Boris Becker mit seiner Freundin
Reuters/Peter Nicholls
Becker erschien zum ersten Prozesstag im Southwark Crown Court mit seiner Partnerin

Zum Prozessauftakt in der Früh war der Wahllondoner mit seiner Partnerin erschienen. Die letzten Meter, bevor es ins Gerichtsgebäude ging, hielt sie seine Hand. Einen Promibonus gab es für den dreimaligen Wimbledon-Sieger in dem schlichten Backsteingebäude aber nicht. Wie alle anderen Besucher, Zeugen, Reporter musste er sich in eine lange Schlange einreihen und einer aufwendigen Sicherheitskontrolle unterziehen.

„Lassen Sie sie nicht von der Prominenz des Angeklagten ablenken“, wies die Richterin die Geschworenen an. In seiner Wahlheimat England ist Becker bekannt und beliebt, seit Jahren als Wimbledon-Kommentator ein häufig gesehenes Gesicht im BBC-Fernsehen.

Prozess dauert drei bis vier Wochen

„Ich hoffe, dass die Richterin und die zwölf Geschworenen ein gerechtes Urteil fällen“, hatte Becker noch im vergangenen Monat der „Bild am Sonntag“ gesagt und sich zuversichtlich gezeigt. Er glaube „grundsätzlich immer an das Gute und an die englische Gerichtsbarkeit“, so der Ex-Tennisstar damals. Bis es zu einer Entscheidung kommt, wird Becker aber eine Zeit der Ungewissheit ertragen müssen. Für den Prozess sind bis zu drei Wochen angesetzt.

Unklar war zunächst, ob der Prozess wie geplant ablaufen kann. Hintergrund ist, dass der wichtigste Zeuge der Anklage, Insolvenzverwalter Mark Ford, an Covid-19 erkrankt ist. Der Zeuge leide unter Kopfschmerzen, fühle sich benommen und müde, so die Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung plädierte hingegen dafür, den Zeitplan beizubehalten, da nicht klar sei, wie lange es dauern werde, bis Ford vor Gericht auftreten könne. Das Gericht hatte sich deswegen bereits kurz nach Prozessbeginn zur Beratung zurückgezogen, aber zunächst keine Entscheidung verkündet. Das Verfahren wurde am Montag zunächst mit Ausführungen der Staatsanwaltschaft fortgesetzt.