WM-Qualifikation

ÖFB-Team steht nach Aus vor Zäsur

Einmal mehr findet eine Fußballweltmeisterschaft ohne Österreich statt. Die längste Durststrecke in der ÖFB-Geschichte wurde mit dem 1:2 (0:1) in Wales im Play-off-Halbfinale am Donnerstag um zumindest weitere vier Jahre verlängert und wird damit jedenfalls 28 Jahre andauern. Das Aus in Cardiff regt naturgemäß zum Hinterfragen an, das ÖFB-Team steht vor einer Zäsur. Unmittelbare Konsequenzen gab es nach dem Schlusspfiff nicht.

„Selbstverständlich sitzt Franco Foda auch am Dienstag auf der Bank“, sagte ÖFB-Präsident Gerhard Milletich im ORF und bestätigte damit seinen Teamchef bis zum Freundschaftsspiel gegen Schottland im Wiener Ernst-Happel-Stadion im Amt. Der Vertrag des 55-jährigen Deutschen läuft nach der verpassten Qualifikation für die Endrunde 2022 in Katar zwei Tage danach aus. Milletich gab sich offen für alles, auch für eine Verlängerung des Vertrages: „Wir müssen eine Lösung finden, die kann mit Foda sein, die kann ohne Foda sein.“

Für einige langjährige und verdiente Spieler im Nationalteam ist der große WM-Traum erneut geplatzt. Marko Arnautovic deutete ein Ende seiner Teamkarriere an. „Ich werde mir alles durch den Kopf gehen lassen, ob das noch alles passt. Ich bin der Nationalmannschaft sehr dankbar und extrem stolz darauf, immer dabei zu sein. Ich kann noch nichts sagen, ich muss schauen, wie es weitergeht“, sagte der 32-Jährige. Die bittere Niederlage in Wales gibt jedenfalls Anlass zu analysieren, warum es Österreich wieder nicht zu einer WM schaffte.

„Alle sind still, Köpfe sind unten“

Zunächst überlagerte freilich die enorme Enttäuschung das Geschehen. Während Wales in seinem Hexenkessel die stimmunsgvolle Ehrenrunde drehte, sah man den ÖFB-Teamspielern die Niederlage merklich an. „Mir fehlen die Worte. Alle sind still, die Köpfe sind unten – Chance verpasst“, gab Arnautovic Einblick in die Gefühlswelt der Spieler. Foda äußerte sich ähnlich: „Wir sind alle sehr enttäuscht, haben uns sehr, sehr viel vorgenommen, wollten unbedingt zur Weltmeisterschaft.“

Arnautovic im Interview

Marko Arnautovic im Gespräch, nachdem der WM-Traum für Österreich geplatzt ist.

Auf der anderen Seite feierten die Waliser in ihrer „Festung“, in der sie im zwölften Pflichtspiel in Folge ohne Niederlage blieben. An selber Stelle kann im Juni gegen Schottland oder die Ukraine endgültig das WM-Ticket fixiert werden, es wäre das erste seit 1958 für die „Drachen“. Deren Teamchef Robert Page war hörbar stolz auf seine Mannschaft: „Österreich war ein harter Gegner. Ich kann meine Spieler daher nicht hoch genug loben. Wir haben den Sieg absolut verdient.“

Lattenschuss statt früher Führung

Österreich konnte die Partie in Wales nicht für sich entscheiden, was nicht nur am Gegner, sondern auch am ÖFB-Team selbst lag. Letztlich machte die Klasse von Gareth Bale in Form von Toren den Unterschied aus, doch Fehler in Offensiv- und Defensivverhalten begünstigten das.

„Wales war in den Kleinigkeiten, die solche Schnittpartien ausmachen, einen Tick besser“, sagte Christoph Baumgartner und zählte auf: „Wir hatten zu leichte Ballverluste und haben es nicht oft genug geschafft, hinter die Kette zu kommen, wie etwa bei meiner Chance.“ Nach einer schönen Stafette durch das Zentrum vergab Baumgartner die frühe Führung, traf alleine vor Goalie Wayne Hennessy die Latte, auch weil Necol Williams herangeeilt war und den Ball abfälschte.

„Das Spiel hätte ganz anders laufen können, wenn ich die erste Chance mache. Das ist extrem bitter. Ich denke, dass ich in der Situation nicht zu viel falsch mache, vielleicht warte ich den Tick zu lange“, analysierte der Hoffenheim-Legionär und trauerte der Chance nach. „Extrem bitter, ich hätte uns mit dem 1:0 einen riesigen Gefallen tun können, vor allem in diesem Hexenkessel gleich einmal für Ruhe zu sorgen.“

Niederlage wirft Fragen auf

So kam es anders – und auch das hatte mit Baumgartner zu tun. Vor Bales Weltklasse-Freistoßtor zahlte der 22-Jährige Lehrgeld, als er Harry Wilson unnötig auflaufen ließ. „Ich begehe ein nicht sehr cleveres Foul, vor allem wenn jemand wie Gareth Bale gegenübersteht“, gab sich der Niederösterreicher erfrischend selbstkritisch.

Österreich lag also nicht in Führung, sondern im Hintertreffen, weil Wales wieder einmal nach einer Standardsituation getroffen hatte – wie beim 5:1 gegen Belarus im November viermal. Österreich wusste von der walisischen Gefahr bei Standards, kassierte aber auch den zweiten Gegentreffer infolge einer Ecke. Noch mehr Fragen wirft aber auf, warum zwei eigene Corner zu Topchancen für Wales geführt haben.

Diesbezügliche Kritik ließ Foda nicht gelten. „Unsere Situationen waren schon durchdacht, wir haben das auch besprochen gehabt.“ Der Deutsche kritisierte dafür andere Dinge, zu langsames Spiel nach vorne und Abspielfehler. Einmal mehr in der Ära Foda haperte es an offensiven Lösungen im letzten Drittel. Auch hier ist zu hinterfragen, warum sich das wie ein roter Faden durch seine Ära zieht.

Teamcheffrage soll im April geklärt werden

Der Deutsche, seit November 2017 im Amt, könnte es bleiben und will es offenkundig auch, wie er auf der Pressekonferenz verdeutlichte. „Ich bin mit vollem Stolz österreichischer Nationaltrainer, wir haben viel erreicht, dieses Ziel allerdings nun nicht. Das ist schade, weil es die Möglichkeiten gab. Man sollte nun alles einmal sacken lassen und die Dinge in Ruhe besprechen. Ich werde aber bis zu meinem letzten Tag die Mannschaft bestens vorbereiten und alles für das Land geben“, sagte Foda, der mit seinem Team in 47 Spielen 27-mal gewann.

Interview mit ÖFB-Präsident Gerhard Milletich

Der Verbandschef spricht über die Zukunft von Franco Foda.

Milletich meinte zur Teamcheffrage: „Im Laufe des April wollen wir eine Lösung finden, die uns weiterbringt. Der Sportdirektor wird schon einige Gespräche geführt haben.“ Der angesprochene Peter Schöttel, ebenfalls seit 2017 im Amt, ließ wissen: „Aktuell haben wir den Teamchef Franco Foda. Natürlich wird man in den nächsten Tagen Gespräche mit allen Beteiligten führen, alles hinterfragen.“ Eine Trennung von Foda ist wahrscheinlicher als eine Vertragsverlängerung.

Wales ist nicht nur im Play-off weiter

Während das ÖFB-Team also analysiert, ist Wales wieder einen Schritt weiter. Die Briten, die 2016 sensationell ins EM-Semifinale eingezogen waren, lieferten gegen Österreich ab. „Wir wussten, wie wichtig dieses Spiel war und dass wir Leistung zeigen müssen. Wir mussten uns auch auf unsere Erfahrung in großen Spielen verlassen“, freute sich Bale, der zugleich warnte: „Es ist erst die halbe Arbeit vollbracht, auf uns wartet noch ein schweres Spiel. Aber wir werden bereit sein.“

Die Waliser sind mittlerweile ein schwer zu bezwingendes Kollektiv, in den vergangenen 25 Pflichtspielen gab es nur zwei Niederlagen. In Cardiff hat man sich einen Heimvorteil geschaffen, mit dem sich Spieler wie Fans identifizieren können. Österreich verfügt zwar über die wohl höchste Spielerqualität in der ÖFB-Geschichte, aber aus diversen Gründen wird dieses Potenzial nicht vollends ausgeschöpft. So gelang unter Foda wieder kein Pflichtspielsieg gegen ein Top-20-Team, und deshalb ist man auch wieder nicht bei einer WM dabei.

WM-Qualifikation, Play-off, Halbfinale

Donnerstag:

Wales – Österreich 2:1 (1:0)

Cardiff City Stadium, 32.053 Zuschauer, SR Marciniak (POL)

Torfolge:
1:0 Bale (25./Freistoß)
2:0 Bale (51.)
2:1 Sabitzer (64.)

Wales: Hennessey – Ampadu, Rodon, B. Davies – Allen – C. Roberts, Ramsey, Wilson, N. Williams – Bale (93./Mepham), James (88./Johnson)

Österreich: Lindner – Lainer (88./Gregoritsch), Dragovic, Hinteregger, Alaba – X. Schlager (77./Lazaro), N. Seiwald – Laimer (55./Kalajdzic), Sabitzer, Baumgartner (77./Weimann) – Arnautovic

Gelbe Karten: Wilson bzw. Baumgartner, Lainer