Jubel von Thomas Muster nach seinem Sieg bei den French Open 1995
Reuters/Eric Gaillard
Sportgeschichte

Große Comebacks nach Tiefschlägen

Die Ankündigung von Golfstar Tiger Woods, 14 Monate nach seinem schweren Unfall beim Masters in Augusta auf die große Bühne zurückzukehren, weckt Erinnerungen an einige der größten Comebacks in der Sportgeschichte. Von Formel-1-Legende Niki Lauda, der nur sechs Wochen nach seinem Feuerunfall wieder Rennen fuhr, bis zu Tennis-Ass Thomas Muster, dessen Karriere 1989 fast ein jähes Ende fand, danach mit dem Sieg in Paris aber noch seine Krönung erfuhr.

Woods hatte sich im Februar des vergangenen Jahres bei einem durch überhöhte Geschwindigkeit selbst verschuldeten Autounfall südlich von Los Angeles mehrere Brüche im rechten Bein zugezogen. Nach Angaben von Woods hatten die Ärzte überlegt, sein Bein wegen der Schwere der Verletzungen zu amputieren. Doch der US-Amerikaner kämpfte sich in den Monaten zurück ins Leben und auf den Golfplatz.

Der 46-Jährige ist aber nicht der erste US-Golfer, dessen Karriere durch einen Autounfall beinahe gestoppt wurde. 1949 erlitt der damals zweifache Major-Sieger Ben Hogan bei einem Frontalzusammenstoß mit einem Bus, bei dem seine Frau Valerie nur leicht verletzt wurde, weil er sich schützend über sie geworfen hatte, mehrere Brüche an den Beinen. Die Ärzte befürchteten, dass Hogan nie wieder werde gehen können. Im folgenden Jahr stand er aber schon wieder auf dem Platz, gewann erneut die US-Open und fügte seiner Karriere den ersten von sechs weiteren Major-Triumphen hinzu.

Ben Hogan mit der Trophäe der US Open 1951
AP
Ben Hogan wurde von einem Gremium der amerikanischen Golfjournalisten 1965 zum größten Golfer aller Zeiten erklärt

Laudas Feuerunfall auf dem Nürburgring

Dem Tod ganz nahe kam Niki Lauda bei seinem Feuerunfall am 1. August 1976 auf dem Nürburgring. Der Wiener verlor damals bei Tempo 220 in einer Linkskurve die Kontrolle über seinen Ferrari, der Bolide raste in die Streckenbegrenzung und fing sofort Feuer. Zum Lebensretter wurde der Italiener Arturo Merzario, der ihn nach über einer halben Minute aus dem brennenden Fahrzeug zerrte. Lauda wurde mit lebensgefährlichen Verbrennungen und Lungenverätzungen sowie Kiefer- und Rippenbrüchen ins Krankenhaus gebracht. Nur sechs Wochen später saß er wieder im Auto. Im folgenden Jahr gewann er nach 1975 seinen zweiten WM-Titel. Ein dritter folgte 1984 mit McLaren.

Niki Lauda bei einer Pressekonferenz am 08. September 1976
APA/UPI/FRM
Niki Lauda setzte sich nur sechs Wochen nach seinem schweren Feuerunfall wieder hinter das Steuer seines Ferrari

Tragische Momente erlebte auch Radstar Greg LeMond 1987. Nachdem der US-Amerikaner 1986 als erster Nichteuropäer die Tour de France gewonnen hatte, wurde ihm im April des darauffolgenden Jahres ein Jagdausflug zum Verhängnis. LeMond wurde von seinem Schwager mit einer Schrotflinte lebensgefährlich angeschossen, nur eine Notoperation konnte ihn retten. Dutzende von Schrotkugeln verblieben nach der Operation in seinem Körper. Drei Kugeln befinden sich noch immer in seinem Herzen, fünf sollen sich in der Leber befinden. Trotzdem kehrte er zwei Jahre nach dem Unfall zurück und konnte die Tour de France 1989 und 1990 zwei weitere Male gewinnen.

Greg Lemond bei seinem Sieg bei der Tour de France 1989
APA/AFP
Ein Jagdausflug hätte Greg LeMond fast das Leben gekostet, zwei Jahre später gewann er wieder die Tour de France

Betrunkener Autofahrer fährt Muster nieder

Ein Betrunkener hätte 1989 fast der Karriere von Österreichs Tennisstar Thomas Muster ein Ende gesetzt. Bei den Australian Open kurz davor erst im Halbfinale vom späteren Sieger Ivan Lendl gestoppt, bekam der damals 21-jährige Steirer beim topbesetzten Turnier in Key Biscayne gegen den Tschechen die Chance zur Revanche – diesmal im Finale, das Muster erstmals einen Platz in den Top Ten sicherte. Einen Tag vor dem Endspiel wurde Muster aber von einem betrunkenen Autofahrer niedergefahren, die Seiten- und Kreuzbänder seines linken Knies waren komplett kaputt, die Fortsetzung seiner Karriere ungewiss. Mit unbändigem Willen kehrte Muster ein halbes Jahr später auf den Tennisplatz zurück, gewann 1995 in Paris als erster Österreicher ein Grand-Slam-Turnier und war 1996 insgesamt sechs Wochen lang die Nummer eins der Weltrangliste.

Thomas Muster küsst nach seinem Sieg bei den French Open 1995 den Pokal
APA/AFP/Patrick Kovarik
1989 wurde Musters Weg nach oben jäh gestoppt, sechs Jahre später stand er ganz oben

Einen schweren Schicksalsschlag musste auch NHL-Star Mario Lemieux wegstecken. Zweimal hintereinander hatte der kanadische Topstürmer gerade mit den Pittsburgh Penguins in der National Hockey League (NHL) den Stanley Cup gewonnen, Anfang 1993 wurde bei ihm ein Hodgkin-Lymphom, eine Krebserkrankung, diagnostiziert. Trotz zermürbender Strahlentherapie spielte Lemieux nach zweimonatiger Abwesenheit erneut. Schon am Abend seiner letzten Behandlung fuhr er nach Philadelphia und erzielte bei der Partie gegen die Flyers ein Tor sowie eine Torvorlage. Am Saisonende gewann Lemieux die Punktewertung der regulären Saison (160 Punkte – 69 Tore und 91 Vorlagen – in nur 60 gespielten Spielen).

Mario Lemieux beim Sieg des Stanley Cups 1991
Reuters
NHL-Legende Lemieux ließ sich auch von einer Krebserkrankung nicht unterkriegen und spielte trotz Strahlentherapie weiter

Messerattacke auf Seles in Hamburg

Im Damen-Tennis schien in den frühen 1990er Jahren die Jugoslawin Monica Seles scheinbar mühelos den Ton anzugeben: Jüngste French-Open-Siegerin aller Zeiten, jüngste Nummer eins der Weltrangliste, mit 19 Jahren hatte sie bereits acht Grand-Slam-Titel gewonnen. Am 30. April 1993 wurde Seles jedoch beim WTA-Turnier in Hamburg während einer Spielpause Opfer einer Messerattacke eines psychisch kranken Zuschauers, der Fan ihrer Dauerrivalin Steffi Graf war. Obwohl sie sich schnell von ihren körperlichen Verletzungen erholte, feierte Seles erst 1995 ihr Comeback und gewann 1996 ihr neuntes und letztes Major-Turnier in Australien.

Monica Seles nach der Messerattacke am 30. April 1993
APA/AFP/NDR/ARD/dpa
Ein psychisch kranker Zuschauer rammt Seles 1993 beim WTA-Turnier in Hamburg ein Messer in den Rücken

ÖSV-Star Hermann Maier, zweifacher Olympiasieger in Nagano 1998, stand auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als sein Motorrad am 24. August 2001 in Radstadt von einem Auto angefahren wurde. An beiden Beinen schwer verletzt, entging er nur knapp einer Amputation des rechten Beins. Erst eineinhalb Jahre später, im Jänner 2003, schnallte der Salzburger wieder die Ski an und kehrte in den Weltcup zurück. 2004 gewann er zum vierten Mal den Gesamtweltcup, 2005 in Bormio dann seine erste WM-Goldmedaille im Riesenslalom.

Hermann Maier mit einem Velometer im September 2001 im Krankenhaus
Reuters
ÖSV-Star Maier kämpfte sich nach seinem schweren Motorradunfall 2001 mit unbändigem Willen zurück an die Spitze

NBA-Pierce gerät zwischen die Fronten

Paul Pierce gilt als einer der besten Spieler in der Geschichte der Boston Celtics und wurde während seiner Karriere unter anderem zehnmal in das All-Star-Team der National Basketball Association (NBA) gewählt. Unmittelbar vor seinem dritten Jahr bei den Celtics wurde Pierce im Herbst 2000 jedoch kurz vor Saisonstart in einem Nachtclub von mehreren Angreifern mit einem Messer attackiert, weil er einen Streit schlichten wollte. Er wurde elfmal ins Gesicht, in den Hals und in den Rücken gestochen und überlebte nur dank einer Not-OP. Einen Monat später stand er aber auf dem Parkett, bestritt alle 82 Spiele des Grunddurchgangs und erzielte durchschnittlich 25 Punkte pro Spiel. 2008 wurde Pierce mit Boston Meister und zum wertvollsten Spieler (MVP) der Finalserie gewählt.

Paul Pierce (Boston Celtics) jubelt mit seiner MVP-Trophäe 2008
Reuters/Mike Segar
Celtics-Star Pierce wurde in einem Nachtclub angegriffen und schwer verletzt, kehrte aber bald wieder auf das Parkett zurück

Vielen Fußballfans sind noch die Ereignisse vom 12. Juni 2021 beim EM-Vorrundenspiel zwischen Dänemark und Finnland in Erinnerung. Damals war Christian Eriksen im Kopenhagener Parken-Stadion während der Partie gegen Finnland auf dem Rasen wegen eines Herzstillstands zusammengebrochen. Rettungskräfte schafften es, Eriksen wiederzubeleben und ihm somit das Leben zu retten.

Jubel von Dänemarks Christian Eriksen nach seinem Tor gegen die Niederlande
AP/Peter Dejong
Knapp neun Monate nach seinem Herzstillstand meldete sich Eriksen auf der großen Fußballbühne zurück

Der offensive Mittelfeldspieler, der seitdem mit einem internen Defibrillator lebt und deshalb seinen Vertrag bei Inter Mailand verlor, weil diese in Italien im Spitzensport verboten sind, feierte im Februar sein Debüt für den FC Brentford in der Premier League sowie im März sein Comeback in der Nationalmannschaft und glänzte dabei jeweils auch schon wieder als Torschütze.