Ferrari Fahrer Charles Leclerc
APA/AFP/William West
Formel 1

Leclerc lässt Ferrari träumen

Zwei Siege aus drei Rennen, ein komfortabler Vorsprung in der WM und das derzeit wohl beste Auto: Charles Leclerc lässt Ferrari nach seinem Erfolg in Australien vom WM-Titel träumen. Der 24-Jährige aus Monaco beeindruckte am Wochenende in Melbourne ohne Fehler. Zum Europaauftakt in zwei Wochen in Imola könnte es Festtage für die „Scuderia“ geben. Ferrari scheint das Team zu sein, das es auch in den kommenden Rennen zu schlagen gilt.

„Es ist großartig, so in die Saison zu starten, aber wir müssen im Kopf behalten, dass wir noch früh in der Saison sind. Wir können es uns nicht leisten, uns auszuruhen“, betonte Leclerc, der die WM-Wertung 34 Punkte vor dem Überraschungszweiten George Russell im Mercedes anführt – so groß war der Abstand zwischen dem Ersten und Zweiten in der Meisterschaft im Vorjahr nie. Titelverteidiger Max Verstappen ist nach zwei von Defekten am Red Bull bedingten Ausfällen bereits 46 Zähler im Hintertreffen.

In Italien träumt man vom ersten Ferrari-Weltmeister seit Kimi Räikkönen 2007. „Wir haben ein Auto, das schnell genug ist, um Rennen und vielleicht den Titel zu gewinnen. Jetzt liegt es an mir“, sagte Leclerc. Seinen Teamkollegen Carlos Sainz, der in Melbourne nicht ins Ziel kam, hat der Monegasse in dieser Saison bisher ebenfalls im Griff.

Leclerc lässt Ferrari träumen

Alarmstufe Rot herrscht bei Red Bull Racing nach dem Sieg von Charles Leclerc am Sonntag. Leclerc lässt hingegen Ferrari nach seinem Erfolg in Australien vom WM-Titel träumen.

Lobeshymnen in Italien

Die Lobeshymnen im Ferrari-Land waren am Montag entsprechend. „Karl der Große“ nannte ihn „Tuttosport“ in Anlehnung an Leclercs Vornamen. „Der fliegende Prinz“ meinte die „Gazzetta dello Sport“, um noch weiter auszuholen: „Ferrari ist wie eine Rakete. Leclerc ist ein Kannibale. Imola erwartet den roten König. Keiner holt ihn gerade ein. Und die Weltmeisterschaft ist nun kein Traum mehr.“

Tatsächlich scheinen die Roten in der Lage, ihre lange Titeldurststrecke zu beenden. Es ist nicht lange her, da glaubte niemand an das Traditionsteam aus Maranello. Anspruch und Wirklichkeit passten bei den Italienern jahrelang nicht zusammen. Fernando Alonso, Sebastian Vettel – große Namen sind im vergangenen Jahrzehnt an der Mission gescheitert, sich im roten Overall zum Weltmeister zu krönen. Leclerc scheint nun die besten Karten dafür zu haben.

Neue Regeln als Vorteil

Die „Scuderia“ hat die mit Beginn dieser Saison eingeführten neuen Aerodynamikregeln offenbar am besten umgesetzt und ein Auto gebaut, das die Konkurrenz in vielen Bereichen überraschte. Der WM-Leader scheint damit auch sehr gut umgehen zu können. „Leclerc und Ferrari, das ist solide“, meinte die französische Sportzeitung „L’Equipe“. „Der Schöne und das Biest“ formulierte es der italienische „Corriere dello Sport“.

Die Dramaturgie könnte besser kaum sein. Eine Woche nach Ostern steht das Ferrari-Heimspiel in Imola auf dem Programm. Leclerc kommt in einer vor Saisonstart nicht für möglich gehaltenen Position in die Emilia Romagna. „Das wird verrückt“, sagte der neue Star der Königsklasse selbst. „Aber ich will gar nicht zu sehr über die WM-Führung oder gar einen Titel nachdenken, die Saison ist noch so lang.“ Er wolle in Italien so fahren wie immer. Die Stimmung im Autodromo Enzo e Dino Ferrari dürfte dennoch einzigartig werden.

Konkurrenz unter Druck

Viel erinnert derzeit an das Jahr 2014, als Mercedes zu Beginn der neuen Hybrid-Ära nach einer Regelrevolution seinen Siegeszug begann. Die Silberpfeile lösten damals Red Bull ab, das davor mit Vettel viermal in Folge Weltmeister geworden war. Mercedes gewann zuletzt achtmal in Serie die Konstrukteurs-WM, nach der jüngsten Regeländerung sind Lewis Hamilton und Co. aber im Hintertreffen. Auch Verstappen rätselt: „Wenn man um die WM kämpfen will, muss man vor Ferrari sein. Aber sie sind uns in vielen Dingen überlegen.“

Ferraris Teamchef Mattia Binotto gab sich in Melbourne zurückhaltend. „Wir denken noch nicht an die WM, denn es sind erst drei Rennen vorbei. Die Leistungsdichte ist hoch“, betonte der Italiener. Im Gegensatz zu Verstappens Red Bull präsentierte sich der Ferrari bisher aber standhaft. „Wenn man gewinnen will, muss man zunächst einmal ins Ziel kommen“, erklärte Binotto. „Deswegen ist die Zuverlässigkeit genauso ein Schlüsselelement wie die Leistung selbst.“