Mercedes’ Lewis Hamilton
Reuters/Loren Elliott
Formel 1

Hamilton kämpft in Nebenrolle mit Frust

Lewis Hamilton findet sich nach dem Grand Prix der Emilia Romagna in Imola endgültig in einer Nebenrolle wieder. Der jahrelange Dominator spielt im Kampf um die Krone aktuell nur eine unbedeutende Nebenrolle. In Imola wurde der britische Mercedes-Star als Höchststrafe von Sieger Max Verstappen sogar überrundet. „Ich bin sicher raus aus der WM“, gibt sich der verzweifelte Rekordchampion daher auch keinen Illusionen hin.

Das Wochenende in Imola war eines der schlimmsten in der erfolgreichen Karriere Hamiltons. Das Debakel hatte bereits am Freitag im Qualifying seinen Anfang genommen, als ein Ausritt von Ferrari-Pilot Carlos Sainz den siebenfachen Weltmeister stoppte. Hamilton und auch sein britischer Landsmann und Teamkollege George Russell konnten bei einsetzendem Regen keine weitere schnelle Runde mehr drehen und schieden in Q2 aus. Im Sprint und im Rennen fuhr der 37-Jährige hinterher. Mit Platz 13 im Grand Prix ging Hamilton leer aus.

Vom Ausbau seiner Bilanz von 103 Siegen und 103 Poleposition ist Hamilton, der beim Auftakt in Bahrein noch Dritter geworden war, derzeit weit entfernt. Vom angestrebten achten WM-Titel ganz zu schweigen, denn aktuell ist der Engländer mit 28 Punkten nur auf dem siebenten Platz zu finden. Der Rückstand auf Spitzenreiter Charles Leclerc aus Monaco beträgt nach vier Rennen stolze 58 Punkte. „Es ist definitiv nicht einfach“, sagte der ehemalige Serienchampion mit Blick auf seine Aussichten auf den Thron.

Grand Prix in Imola an Verstappen

Nach dem ersten Sprintrennen der Saison stand am Sonntag der Grand Prix der Emilia-Romagna auf dem Programm. 63 Runden galt es dabei im Autodromo Enzo e Dino Ferrari zu bewältigen. Das große Duell hieß auch diesmal wieder Max Verstappen gegen Charles Leclerc.

Die Krise des Engländers ist auch für die internationalen Medien ein gefundenes Fressen. Für die „Sun“ war der Grand Prix in Imola „eine weitere Horrorshow. Er (Hamilton, Anm.) erlebte ein weiteres Rennen, das man getrost vergessen kann.“ Dazu kommt der Spott der Konkurrenz, allen voran jener aus dem Red-Bull-Lager. „Vielleicht hätte er letztes Jahr aufhören sollen“, meinte Berater Helmut Marko in Richtung Hamiltons, ungeachtet der Tatsache, dass vor allem die noch immer umstrittene Entscheidung von Ex-Rennleiter Michael Masi im letzten Rennen den Engländer um den achten Titel brachte.

„Leistungstief des Autos“

Zumindest von Teamseite bekommt Hamilton nicht die geringste Schuld an der aktuellen Situation zugeschoben. „Ich muss ihn hier auch beschützen. Es ist nicht sein Tief“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Es ist das Leistungstief des Autos.“ Das Problem ist das starke Hüpfen des Wagens, in dessen Folge das Set-up nicht optimal ist und dadurch das Leistungspotenzial des W13 ungenutzt bleibt. „Wenn wir es schaffen, das Auto einigermaßen gerade auf die Bahn zu stellen, fahren wir vorne mit“, sagte Wolff.

Funken sprühen vom Wagen von Lewis Hamilton
GEPA/XPB Images/Bearne
Bei Mercedes sprühen die Funken, aber nicht aus Freude, sondern aufgrund eines schlecht balancierten Autos

Der Wiener machte seinem derzeit gebeutelten Superstar jedenfalls Mut: „Der Kerl (Hamilton, Anm.) ist der beste Fahrer in der Welt, er hat einfach nicht die Maschine und die Ausrüstung, das zu zeigen.“ Auch Hamiltons Teamkollege und Landsmann George Russell, der in Imola auch durch den Patzer von Ferrari-Star Leclerc kurz vor Schluss noch auf Rang vier gespült wurde und die Ehre der Silberpfeile rettete, stieß ins gleiche Horn: „Lewis wird unglaublich stark zurückkommen. Daran habe ich keine Zweifel.“

Erfolgsverwöhnter Superstar

Wenn einer die Reife, die Stärke und die innere Motivation hat, diese Phase zu überwinden, dann sicherlich Hamilton. Der seit Jänner 37-Jährige feierte 2008 seinen ersten WM-Titel, mit ein bisschen mehr Cleverness und Erfahrung hätte es schon in seinem Premierenjahr geklappt. Seine wahre Entfaltung erlebten er und die Formel-1-Welt aber erst nach dem Wechsel von McLaren zu Mercedes zur Saison 2012. Hamilton wurde nicht nur dort nominell zum Nachfolger des siebenfachen Champions Michael Schumacher.

2014 und 2015 gewann Hamilton erneut die WM, 2016 wurde er in einem packenden Stallduell von Nico Rosberg geschlagen. Aus seinen Nachlässigkeiten von damals zog Hamilton weitere Lehren. Seine Abneigung für Testfahrten legte er auch ab. Immer getreu seinem Motto: „Still I rise“ – auf Deutsch: Ich wachse weiter. Und der Engländer ließ den Worten Taten folgen. Hamilton legte mit den Titeln 2017, 2018, 2019 und 2020 nach. Und er hätte auch 2021 triumphiert, wenn der damalige Rennleiter Masi mit seinen Entscheidungen im Finale von Abu Dhabi Verstappen im Red Bull auf der letzten Runde nicht noch eine finale Überholchance ermöglicht hätte.