Trainer Ivica Osim
APA/Robert Jäger
Fußball

Sportwelt verneigt sich vor Ivica Osim

Er hat den Fußball um die Jahrtausendwende mit Bescheidenheit und Intellekt geprägt. Ivan „Ivica“ Osim war einer der erfolgreichsten Trainer, die jemals in Österreich arbeiteten, und dennoch mehr als das – seine philosophische Herangehensweise an den populärsten Sport der Welt und das ständige Ringen um Frieden in seiner Heimat brachten ihm den Ruf eines Fußballweisen ein, der weit über den Tellerrand hinausblickte. Die Bestürzung und die Trauer über Osims Ableben sind entsprechend groß.

Überraschend kam die Meldung vom Tod ihres Jahrhunderttrainers am Sonntag vor allem für Sturm Graz, nicht zuletzt für die schwarzweiße Entourage, die trotz Regens auf den Grazer Hausberg Schöckl gepilgert war, um Sturms Geburtstag am 1. Mai und den Status als Vizemeister zu feiern. Dann vermeldete Clubpräsident Christian Jauk Osims Tod mit Tränen in den Augen. „Wenn wir gemeinsam trauern, macht es die Sache leichter“, sagte der 56-Jährige.

„Der Größte von Sturm ist gegangen. Er war eine Persönlichkeit, nicht nur im Fußball und im Sport, sondern weit darüber hinaus. Ein großes Vorbild für uns alle. Die Sturm-Familie trauert, wird zusammenhalten und ihn gebührend ehren", erklärte Jauk. Dass Osim just am 1. Mai, dem Gründungsdatum seines Herzensclubs, verstarb, wird eine weitere schwarzweiße Anekdote werden. Er schenkte den Grazern unzählige Bonmots, darunter die für viele Fans schönste: „Sturm deckt alles, was schwarz ist in meinem Leben, alles, was weiß ist auch.“

Trauer um Trainerlegende Ivica Osim

Der frühere Fußballtrainer Ivan „Ivica“ Osim ist am Sonntag überraschend verstorben. Osim wurde 80 Jahre alt, der „Strauß von Zeljo“ starb wenige Tage vor seinem 81er am 6. Mai. Der Bosnier führte Sturm Graz 1998 zum ersten Meistertitel. Er hinterlässt eine Frau und drei Kinder.

Betroffenheit bei ehemaligen Weggefährten

Betroffenheit herrschte auch bei Hannes Kartnig, unter dessen Präsidentschaft Osim Sturm in ungeahnte Höhen geführt hatte. „Jetzt gibt es nur noch einen von den drei Grazer Musketieren. (Heinz, Anm.) Schilcher ist vor Jahren verstorben, jetzt Osim. Das tut mir sehr weh. Osim war ein ganz großer Trainer“, sagte der 70-Jährige gegenüber der „Kleinen Zeitung“. Osim habe sogar ein Angebot von Real Madrid abgelehnt, weil er in Graz bleiben wollte. „Nur eines konnte er leider nicht. Er hat nie seine Freude zeigen können“, sagte Kartnig.

Dass er den Umgang mit den Spielern beherrschte wie kaum ein anderer, wie Kartnig meinte, können einige seiner wichtigsten Stützen im Team bezeugen. „Er war grandios und einfach genial – als Trainer und Mensch. Er hat bei Sturm eine ganze Generation geprägt“, sagte etwa Mario Haas. „Unter Osim haben sich alle weiterentwickelt. Er war streng, hat uns aber auch viele Freiheiten gelassen. Wir alle bei Sturm werden ihn vermissen.“

„Großartiger Trainer, viel großartigerer Mensch“

Dass er ausgerechnet am 1. Mai zu Sturms Geburtstag gestorben sei, sei Wahnsinn, so Haas. „Ich denke, das kommt irgendwie von oben. Osims Todestag ist Sturms Geburtstag, unglaublich“, meinte der 47-Jährige. Auch ORF-Experte und Ex-Sturm-Spieler Roman Mählich verneigte sich vor seinem ehemaligen Trainer. „Was hat Osim ausgemacht – das würde zu lange dauern“, sagte der 50-Jährige. „Ich kann nur sagen, er war ein großartiger Trainer und ein noch viel großartigerer Mensch. Es tut mir wirklich sehr, sehr leid und macht mich sehr traurig.“

Für Markus Schopp war „das Schöne und Interessante an der Zusammenarbeit mit Ivan auch, wie er es geschafft hat, Menschen zu entwickeln“, erklärte der 48-Jährige im Interview mit Radio Soundportal. „Menschen, die jung und unerfahren sind, die alles tun, um als Sportler erfolgreich zu werden. Er hat es trotzdem geschafft, jedem das größere Ganze zu vermitteln. Demütig zu sein und zu wissen, wie privilegiert man als Sportler ist.“

Auch ORF-Experte Herbert Prohaska streute Osim Rosen. „Für mich als junger Trainer war natürlich jemand wie Osim ein Vorbild. Seine Erfolge, die er mit Sturm hatte, sprechen für sich“, sagte Österreichs Jahrhundertfußballer. „Menschlich durfte ich ihn auch kennenlernen, ein großartiger Mann mit sehr viel Ahnung von Fußball.“

Trauerbekundungen aus der Politik

Trauerbekundungen kamen auch aus der Politik. Sportminister und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) twitterte: „Kaum jemand hat den SK Sturm so geprägt wie Ivica Osim. Mit ihm als Trainer wurden die Schwoazn zweimal Meister und schafften es dreimal in die Gruppenphase der Champions League. Als Grazer habe ich seine Wirkung über den Fußball hinaus gespürt und die Gespräche mit diesem bedeutenden ‚Fußballphilosophen‘ sehr geschätzt. Ein großer Mensch, der uns heute verlassen hat!“

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) betonte, dass „die Steiermark dankbar für das menschliche Lebenswerk“ sei sowie „seiner Haltung zum Jugoslawienkrieg und zur Belagerung von Sarajevo, die ihn zu einer großen Persönlichkeit macht. Seine sportlichen Leistungen, mit denen er Sturm Graz zu einem Jahrhunderthoch verhalf, sind unvergessen.“ Elke Kahr, Grazer Bürgermeisterin (KPÖ), erklärte, dass Osim Graz entscheidend geprägt habe. „Nicht nur seine Leistungen als Trainer, sondern auch seine zutiefst menschliche Haltung haben ihn zu einer Persönlichkeit gemacht, die uns allen in Graz viel bedeutet.“ Sportlandesrat Christopher Drexler (ÖVP) erklärte, dass man „stets ein ehrendes Andenken bewahren“ werde.