Oskars Batna (LAT) gegen Clemens Unterweger (AUT)
GEPA/Daniel Goetzhaber
Eishockey-WM

ÖEHV-Team holt in Thriller nächsten Punkt

Das österreichische Punktekonto bei der WM in Finnland ist am Freitag um einen weiteren Punkt angewachsen. Die Mannschaft von Teamchef Roger Bader musste sich in Tampere Lettland nach einem filmreifen Thriller erst mit 3:4 (0:0 2:3 1:0 / 0:1) im Penaltyschießen geschlagen geben. Österreich hält damit nach fünf Spielen bei vier Zählern und liegt weiter auf Kurs Klassenerhalt.

In einer turbulenten Partie rettete Thomas Raffl die Österreicher vor 8.516 Zuschauern in der 47. Minute in die Verlängerung. Benjamin Nissner, der das ÖEHV-Team sogar in Führung gebracht hatte (22.), und Dominique Heinrich (32./PP2) erzielten die weiteren österreichischen Treffer. Für Lettland, das am Vortag noch gegen Tschechien 1:5 untergegangen war, waren Rudolfs Balcers mit einem Doppelpack (26., 36.) und Rihards Burkarts erfolgreich (30./PP). Roberts Burkarts sicherte den Balten im Penaltyschießen zwei Punkte.

Mit ihrem vierten Punkt vergrößerten die Österreicher ihren Vorsprung in der Tabelle auf Großbritannien, das am Nachmittag Gastgeber Finnland mit 0:6 unterlegen war, auf drei Zähler und haben damit im abschließenden und wohl entscheidenden direkten Duell am Montag (19.20 Uhr, live in ORF Sport +) alle Trümpfe in der Hand. Davor geht es für Österreich aber noch am Samstag (15.20 Uhr, live in ORF Sport +) gegen die bereits für das Viertelfinale qualifizierten finnischen Olympiasieger und Veranstalter.

Penaltyschießen an Lettland

Österreich scheitert am Ende gegen die Letten mit 3:4.

Frische Formationen

Wie schon nach dem ersten Ruhetag mischte Teamchef Bader auch diesmal seine Sturmlinien etwas durch. Manuel Ganahl fand sich etwa mit Teenager Marco Kasper und Lukas Haudum in einem Block wieder, Brian Lebler ging nun an der Seite von Ali Wukowits und Paul Huber auf Torjagd. In der Verteidigung fehlte Philipp Wimmer, der nach seiner Matchstrafe gegen Norwegen eine Sperre absaß. Mit Erik Kirchschläger stand ein ausgeruhter Ersatz parat. Bernhard Starkbaum im Tor stand schon vor dem Ruhetag fest.

Erstmals bei der WM in Tampere waren Rot-Weiß-Rot die bestimmenden Farben, kein Wunder bei der Ähnlichkeit zwischen österreichischem und lettischem Banner. Dass das dunklere Rot Lettlands ein Übergewicht hatte, war auch kein Wunder, denn im Vergleich zu Österreich ist es aus dem Baltikum nach Finnland ein Katzensprung. Die Fans des ÖEHV-Teams hielten aber so gut es die Stimmbänder zuließen dagegen.

Österreich wieder giftiger

Lettland begann zwar mit viel Tempo, um sich bei den Fans für die „Watschn“ gegen Tschechien, als man nach dem ersten Drittel bereits 0:5 zurückgelegen war, zu entschuldigen – doch die Österreicher nahmen dem Ansturm schnell den Wind aus den Segeln. Der freie Tag hatte die gegen Norwegen fehlenden „zehn bis 15 Prozent Spritzigkeit“ (Zitat: Roger Bader) zurückgebracht. Die ÖEHV-Truppe war wieder giftig, haute sich mit voller Wucht in die Zweikämpfe und agierte im eigenen Drittel hochkonzentriert und als Team.

Damit erspielten sich die Österreicher auch bald ein optisches Übergewicht. Vor allem Kasper riss die Mannschaft immer wieder mit nach vorne. Der 18-Jährige ging auch keiner Meinungsverschiedenheit aus dem Weg. Mit 9:6-Torschüssen hatte Österreich auch in dieser Bilanz die Nase vorne, einzig wirklich zwingende Gelegenheiten waren nicht dabei. Ein Schuss aus der Drehung von Lebler brachte Arturs Silovs noch am ehesten ins Schwitzen. Auf der Gegenseite hieß es bei Kontern der Letten aufpassen. Die Zuschauer sahen eine unterhaltsame Partie, der nur die Tore fehlten.

Nissner erzielt Traumtor

Das änderte sich im zweiten Abschnitt schlagartig – und das bereits nach 70 Sekunden zum Vorteil Österreichs: Nissner schloss einen perfekten Konter mit einem Schlenzer in den rechten Winkel ab – ein Traumtor (22.). Und nur zwei Minuten später hätte der gebürtige Wiener die rot-weiß-rote Minderheit in der Halle gleich noch einmal verzückt, doch diesmal war der Oberarm von Silovs im Weg. Der flotte Beginn war der Startschuss zu einem mitreißenden Schlagabtausch.

0:1 durch Benjamin Nissner

Nissner bringt Österreich in Führung.

Pech aus Sicht der Österreicher, dass ausgerechnet ein Schlagschuss von Balcers zum Ausgleich (26.) die lettischen Fans wieder zurück in die Partie brachte (26.). Endgültig aus dem Häuschen war das mehrheitlich im baltischen Lager stehende Publikum, als Rihards Bukarts im Powerplay einen Schuss von Carlis Cukste unhaltbar für Starkbaum abfälschte (30.). Die Österreicher hatten sich ihre Misere mit zwei Strafen unmittelbar hintereinander auch selbst eingebrockt.

Baders Team wankte, wurde aber von den Letten selbst auf den Beinen gehalten. Ein Doppelausschluss bescherte Österreich zwei Minuten mit zwei Mann mehr. Mit einem präzisen Schuss ins Kreuzeck sorgte Dominique Heinrich wieder für ausgeglichene Verhältnisse (32.). Es ging weiter hin und her. Starkbaum bewahrte mit einem Riesensave gegen Rodrigo Abols sein Team vor einem weiteren Rückstand (34.). Und trotzdem hatten die Letten das letzte Wort im Drittel, weil Balcers nach Puckverlust von Nissner eine Kombination mit Rihards Burkarts zum 3:2 abschloss (36.) – und bei einer Haudum-Chance kurz vor der Sirene die Schonerkante von Silovs noch im Weg war.

Raffl belohnt Druckphase

Der Teamchef dürfte seine Burschen in der Kabine an das Comeback gegen Tschechien erinnert haben, denn der Wille der Österreicher, dem Spiel eine neuerliche Wende zu geben, war offensichtlich. Baders Team übernahm immer mehr das Kommando und schnürte Lettland zeitweise sogar ein. In der 47. Minute war es so weit: Raffl fälschte einen Weitschuss von Kilian Zündel ungut für Silovs – der unmittelbar davor noch gegen Heinrich einen Riesenreflex ausgepackt hatte – ab, und es stand verdient 3:3.

3:3 durch Thomas Raffl

Ausgleich durch den Salzburg-Kapitän.

Die Partie blieb heiß und temporeich – aber letztlich nach 60 Minuten ausgeglichen. Chancen auf drei Punkte hatten beide Teams. Zuerst scheiterten Peter Schneider und Raffl im Doppelpack (49.), dann rettete Starkbaum mit Parade gegen Ronalds Kenins (55.). Einmal klopfte Paul Huber nach einem Konter noch bei Silvos an (56.), und weil auch Martins Dzierkals in der Schlussminute nur die Schoner des österreichischen Goalies, statt ins Tor traf, ging die Partie in die Verlängerung.

Happy End für Lettland

Mit Überstunden hatte Österreich gegen die USA und Tschechien einmal weniger und einmal sehr gute Erfahrungen gemacht. In der Verlängerung sah es schon nach einem Happy End für Lettland aus, aber sowohl die rechte als auch die linke Stange hatten bei einem Hammer von Kenins vorerst etwas gegen einen lettischen Sieg. Auf der Gegenseite vergab Huber den österreichischen Matchball.

Daher musste der Gewinner erneut in der Lotterie namens Penaltyschießen ermittelt werden. Dort hatte schließlich Lettland mit 2:1 verwerteten Versuchen das bessere Ende für sich. Während für die Letten Nikolajs Jelisejevs und Roberts Burkarts trafen, hatte bei Österreich nur Dominique Heinrich den richtigen Trick parat, um Silovs zu bezwingen. Aber auch der hart erkämpfte Punkt könnte im Kampf gegen den Abstieg Goldes wert sein.

Stimmen zum Spiel:

Roger Bader (ÖEHV-Teamchef): „Wir haben absolut hervorragendes Eishockey gespielt, das österreichische Eishockey sehr gut verkauft. Ich weiß nicht, wann es das letzte Mal war, dass man gegen Lettland so eine Partie gespielt hat. Das erste Drittel war sehr gut, im zweiten hatten wir ein paar Scheibenverluste zu viel. Das letzte Drittel war brutal stark, wir haben sie an die Wand gespielt. Wir sollten das Spiel in 60 Minuten gewinnen. Wir nehmen den Punkt gerne mit, aber wir hätten einen Sieg verdient.“

Thomas Raffl (ÖEHV-Stürmer): „Die Mannschaft hat wieder eine extrem gute Leistung gebracht. Alle waren mental bereit. Ich bin stolz auf unser Team. Wir haben aus unseren Fehlern gelernt und sind positiv geblieben. Wir wissen, wie es funktioniert.“

Eishockey-A-WM 2022 in Finnland

Freitag:

Österreich – Lettland 3:4 n. P.

(0:0 2:3 1:0 / 0:0 0:1)

Tampere, 8.516 Zuschauer

Tore: Nissner (22.), Heinrich (32./PP2), Raffl (47.) bzw. Balcers (26., 36.), Bukarts (30./PP, entscheidender Penalty)

Strafminuten: 8 bzw. 10

Österreich: Starkbaum – Maier, Unterweger; Zündel, Heinrich; B. Wolf, Kirchschläger; Brunner, Hackl – Kasper, Haudum, Ganahl; Schneider, Nissner, Th. Raffl; Lebler, Wukovits, P. Huber; Schwinger, Achermann, Feldner

Lettland: Silovs – Zile, Jaks; Rubins, Kulda; Sotnieks, Cukste, Mamcics – Kenins, Abols, Balcers; Ri. Bukarts, Dzerins, Dzierkals; Jelisejevs, Batna, Ro. Bukarts; Marenis, Veinbergs, Krastenbergs; Smirnovs

Gruppe B in Tampere

Tabelle:
1. Finnland 7 6 0* 1** 0 25:5 19
2. Schweden 7 5 1* 1** 0 27:10 18
3. Tschechien 7 4 0* 1** 2 19:13 13
4. USA 7 3 2* 0** 2 18:12 13
5. Lettland 7 2 1* 0** 4 14:20 8
6. Österreich 7 1 1* 2** 3 16:22 7
7. Norwegen 7 1 1* 0** 5 15:29 5
8. Großbritannien 7 0 0* 1** 6 10:33 1

* Sieg nach Verlängerung/Penaltyschießen (zwei Punkte)
** Niederlage nach Verlängerung/Penaltyschießen (ein Punkt)

Top Vier im Viertelfinale - Gruppenletzter steigt ab

Spielplan:
13.05. USA Lettland 4:1
Finnland Norwegen 5:0
14.05. Österreich Schweden 1:3
Tschechien Großbritannien 5:1
Finnland Lettland 2:1
15.05. Norwegen Großbritannien 4:3 n.P.
Österreich USA 2:3 n.V.
Schweden Tschechien 5:3
16.05. Lettland Norwegen 3:2
Finnland USA 4:1
17.05. Österreich Tschechien 2:1 n.P.
Schweden Großbritannien 6:0
18.05. Österreich Norwegen 3:5
Schweden Finnland 3:2 n.P.
19.05. USA Großbritannien 3:0
Tschechien Lettland 5:1
20.05. Finnland Großbritannien 6:0
Österreich Lettland 3:4 n.P.
21.05. USA Schweden 3:2 n.V.
Österreich Finnland 0:3
Tschechien Norwegen 4:1
22.05. Lettland Großbritannien 4:3
Schweden Norwegen 7:1
23.05. Tschechien USA 1:0
Österreich Großbritannien 5:3
24.05. Schweden Lettland 1:0
USA Norwegen 4:2
Finnland Tschechien 3:0