Die führenden Ferraris zögerten, bei auftrocknender Strecke, nachdem starker Regen den Start über eine Stunde verzögert hatte, auf Trockenreifen zu wechseln, und schoben einen im Nachhinein betrachteten völlig überflüssigen Wechsel auf Intermediates ein. Dadurch übergab der souverän führende Leclerc seine erste Position an Perez und fiel auf Rang vier zurück. In Monaco, wo Überholmanöver fast unmöglich sind, war damit der Rennausgang besiegelt.
„Das können wir so nicht machen“, kommentierte der Monegasse, der bei seinem Heimrennen zuvor noch nie die Zielflagge gesehen hatte, bitter enttäuscht den Rennausgang. Hinter Sieger Perez wurde Carlos Sainz im zweiten Ferrari Zweiter, Platz drei ging an WM-Leader Max Verstappen im anderen Red Bull. „Es ist uns mehr gelungen, als wir erwartet haben“, meinte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko im ORF zum Rennen.
Perez gewinnt in Monaco
Der Mexikaner Sergio Perez im Red Bull holte sich in Monaco in einem verkürzten Rennen unter kräftiger Mithilfe von Ferrari seinen ersten Saisonsieg.
Es war im siebenten WM-Lauf bei zwei Ferrari-Erfolgen bereits der fünfte Triumph für Red Bull. In der Fahrerwertung konnte Verstappen seine Führung auf Leclerc auf neun Zähler ausbauen. Perez ist mit 110 Zählern näher an die Top Zwei herangerückt. In der Konstrukteurswertung liegt Red Bull mit 36 Punkten vor Ferrari. Am 12. Juni folgt der Grand Prix von Aserbaidschan in Baku.
„Das ist das Rennen, das man gewinnen will“
Perez konnte seinen Erfolg beim Klassiker in Monaco kaum fassen: „Schon als kleiner Bub träumt man, hier zu gewinnen. Nach dem Heimrennen ist das das Rennen, das man gewinnen will. Wir haben uns das Leben aber selber schwer gemacht, das Graining (Verschleißerscheinung der Reifen, Anm.) war monströs. Ich konnte Carlos (Sainz, Anm.) aber hinter mir halten, das war gut. Es ist ein ganz toller Tag für mich und mein Land.“
Sainz schwankte zwischen Freude über Platz zwei und der vergebenen Siegeschance: „Wir haben eigentlich an alles gedacht. Dann sind wir hinter den Überrundeten gesteckt, das war frustrierend. Ich habe die trockene Linie gesehen und wollte unbedingt auf Slicks wechseln. Dann habe ich aber die entscheidenden Sekunden verloren, die mich den Sieg gekostet haben. Das kehrt sich aber alles irgendwann einmal um.“
„Bin noch nie so nass in einem Formel-1-Auto geworden“
Der Klassiker in Monaco war zunächst eine Geduldsprobe. Kurz vor dem geplanten Beginn des Grand Prix um 15.00 Uhr hatte es immer heftiger zu regnen begonnen. Die Rennleitung entschied aus Sicherheitsgründen, den Start der Formationsrunde zunächst um 16 Minuten nach hinten zu verlegen.
Sie wollte die stärksten Schauer abwarten. Die enge Strecke durch die Häuserschluchten gilt bei Regen als besonders riskant. Der Regen wurde noch stärker. „Ich bin noch nie so nass in einem Formel-1-Auto geworden“, funkte Haas-Pilot Mick Schumacher an die Box. „Es regnet wie verrückt“, sagte Pole-Mann Charles Leclerc. Die Autos wurden unter Zelten abgestellt. Die Fahrer setzten sich erstmal in die Garagen ihrer Teams.
Vorsicht regiert zu Beginn
Um 16.10 Uhr, mit einer Verspätung von 70 Minuten, begann das Rennen endgültig mit schnellen Runden. Die Piloten hatten jedoch sichtlich Schwierigkeiten, ihre Fahrzeuge unfallfrei auf der Strecke zu halten. Das gelang Leclerc auch am besten. Der Monegasse, der eine besondere Pannenserie in Monte Carlo vorweisen kann, führte das Feld sicher an, während seine Kollegen hinter ihm durch die Kurven rutschten.
Fliegender Start hinter dem Safety-Car
Die Bedingungen machten einen fliegenden Start hinter dem Safety-Car notwendig.
Nach 15 von 77 Rennrunden war der Paarlauf an der Spitze unverändert. Leclerc führte in seinem Heimrennen rund fünf Sekunden vor seinem Teamkollegen Sainz und den beiden Red Bull von Perez und Verstappen. Die Strecke trocknete immer weiter auf, doch noch hatte kein Team genügend Mut, Trockenreifen aufzuziehen. In der 19. Runde bekam Leclerc die Intermediates auf sein Auto – und dieser Wechsel sollte sich als verhängnisvoll erweisen.
Ferrari trickst sich selbst aus
Nur kurz darauf wurden doch die harten, weißen Reifen aus der Garage geholt und die Ferraris unmittelbar hintereinander zum Wechseln hereingeholt. Durch dieses Manöver gab die „Scuderia“ ihre Doppelführung leichtfertig aus der Hand. Perez führte nun das Feld vor Sainz und Verstappen an. Der neue Vierte Leclerc schimpfte lautstark im Boxenfunk über die verunglückte Ferrari-Strategie.
Falsche Wechseltaktik kostet Leclerc Führung
Ferrari wechselte innerhalb weniger Runden zweimal Reifen und gab somit die Führung aus der Hand.
In der 27. Runde sorgte dann wieder einmal Schumacher für einen Schreckmoment. Der junge Deutsche kam bei der Hafenausfahrt ins Schleudern und zerlegte seinen Haas in zwei Teile. Er selbst kletterte in einem Stück und unverletzt aus seinem Auto. Die nächste rote Flagge und Rennunterbrechung waren die Folge.
Die Rennuhr tickte indes weiter. Für die volle Anzahl an WM-Punkten ist es notwendig, nach zwei Stunden 75 Prozent der vorgesehenen Runden zu absolvieren, in Monaco wären das diesmal 58 gewesen. Bei der Fortsetzung des Rennens nach der rund 25-minütigen Unterbrechung begann also auch eine Hetzjagd gegen die ablaufende Rennuhr.
25 Minuten vor Rennende um 18.00 Uhr waren die Positionen bezogen. Perez fuhr an erster Stelle, Sainz, Verstappen und Leclerc folgten brav. Der 68. Grand Prix von Monaco schien gelaufen. Zwar drifteten die Boliden mit minimalem Abstand über den Kurs, aber Perez behauptete die Spitze und holte sich seinen dritten Karrieresieg.
„Plötzlich waren die Intermediates drauf“
Der geschlagene Leclerc, der nach einem überzeugenden Qualifying seinem ersten Triumph bei seinem Heim-Grand-Prix so nah wie selten zuvor war, war nach dem Rennen im ORF-Interview noch immer schwer enttäuscht: „Es tut sehr weh, weil das ein wichtiges Rennen für mich ist. Ich habe alles gemacht, was notwendig war an diesem Wochenende, wir hatten keine Bedenken, dass wir dieses Rennen verlieren. Es gab keine Kommunikation vor dem Reifenwechsel. Ich bin zum ersten Stopp reingekommen und plötzlich waren die Intermediates drauf.“
WM-Leader Verstappen strich das Positive für Red Bull an diesem Rennen heraus: „Ich habe versucht, das Beste herauszuholen. Wir haben eine gute Strategie gehabt, damit wir vor Ferrari waren. Als Team können wir mit dem Rennen zufrieden sein. Ich führe auch noch in der WM, das habe ich gestern nicht für möglich gehalten.“