Ralf Rangnick
GEPA/Johannes Friedl
ÖFB

Rangnick setzt auf mutige Spielidee

Einen Monat nach seiner Bestellung zum ÖFB-Teamchef hat sich Ralf Rangnick am Sonntag erstmals den Fragen der Journalisten gestellt. „Ich glaube, dass viel Potenzial in diesem Kader steckt“, sagte der 63-jährige Deutsche bei seiner Antrittspressekonferenz in Bad Tatzmannsdorf. Es sei eine „sehr reizvolle Aufgabe“, die ÖFB-Auswahl von Platz 34 in der Weltrangliste wieder nach vorne zu bringen. Auf dem Weg dorthin setzt Rangnick auf einen „mutigen Spielstil“, mit dem er die „Fans begeistern“ möchte.

„Ich glaube, dass viel Potenzial in diesem Kader steckt“, sagte der 63-jährige Deutsche. „Es ist schon eine Weile her, dass das österreichische Nationalteam mit Heldentaten auf sich aufmerksam gemacht hat“, erinnerte Rangnick, der einen 25-Mann-Kader ins Burgenland eingeladen hat. Das Kennenlernen mit seinen Spielern stand am Sonntagabend auf dem Programm, das erste, auch öffentliche Training folgt am Montagvormittag.

Rangnicks Premiere als ÖFB-Teamchef ist am Freitag in der UEFA Nations League in Osijek gegen Vizeweltmeister Kroatien angesetzt, am folgenden Montag geht es daheim gegen EM-Halbfinalist Dänemark sowie vier Tage später erneut in Wien (jeweils 20.45 Uhr, live in ORF1 und im Livestream) gegen Weltmeister Frankreich. Abgeschlossen wird die zweiwöchige Zusammenkunft am 13. Juni mit einem Gastspiel in Dänemark.

Rangnick nimmt Arbeit auf

Einen Monat nach seiner Bestellung zum ÖFB-Teamchef hat sich Ralf Rangnick am Sonntag erstmals den Fragen der Journalisten gestellt.

Nominierung nur durch sportlichen Kriterien

Bei der Nominierung seines ersten Kaders hatte Rangnick unter anderen auf den hundertfachen Internationalen Aleksandar Dragovic verzichtet. Dem 31-jährigen Abwehrspieler, der mit Roter Stern Belgrad das Double holte, fehlen noch drei ÖFB-Einsätze auf Rekordspieler Andreas Herzog (103). Rangnick argumentierte die Nichtnominierung vor allem mit sportlichen Kriterien.

„Es war keine Entscheidung gegen Drago, sondern für die anderen“, erklärte Rangnick. Neben dem zentralen Mittelfeld herrsche in Österreich gerade in der Innenverteidigung beinahe ein Überangebot. Auch Champions-League-Sieger David Alaba sehe er primär – wie bei Real Madrid – in der Innenverteidigung oder im Mittelfeldzentrum, so Rangnick. „Ich sehe ihn in Zukunft ganz klar als zentralen Spieler“, betonte der ÖFB-Teamchef.

Dass einigen Stammspielern im ÖFB-Team langsam die Zeit davonlaufe, um gemeinsame Erfolge zu feiern, sei auch klar. „Er ist 33. Wenn er mit dem Nationalteam neben dem 100. Länderspiel noch irgendetwas gewinnen will, dann müssen wir uns beeilen“, meinte er etwa mit Blick auf das Alter von Marko Arnautovic.

„Spiele sollten nie langweilig sein“

Aus seiner Spielidee machte der 63-Jährige kein Geheimnis. „Fußball ist zum einen eine Mannschaftssportart. Das Ziel ist immer, als Mannschaft eine Leistung auf den Platz zu bringen, die mehr ist als die Summe der zu erwartenden Qualität der Einzelspieler“, so Rangnick. „Zum Zweiten hat es immer auch etwas mit Unterhaltung zu tun. Die Spiele sollten nie langweilig sein, sondern sollen die Zuschauer unterhalten und bestenfalls begeistern. Wir dürfen uns auch nicht auf die Spielweise des Gegners einlassen, müssen versuchen zu kontrollieren und proaktiv sein. Das setzt auch gewissen Mut voraus.“

Der Kader, den er mit seinem Betreuerstab nominiert habe, ließe viel Flexibilität zu. „Wir können problemlos mit einer Dreier- oder Vierkette spielen. Wir können mit drei Stürmern spielen oder mit zwei“, sagte Rangnick. „Wir haben im Mittelfeld die Möglichkeit, alle Konstellationen zu spielen.“ Mit Rücksicht auf die Belastungen nach einer langen Saison müsse man zudem schauen, dass man immer mit einer ausgeruhten Mannschaft auflaufen könne.

Beratervertrag mit ManUnited aufgelöst

Der Fokus liege nun voll auf dem ÖFB-Team, ein Beratervertrag mit dem englischen Rekordmeister Manchester United wurde aufgelöst. „Wir sind in den letzten Tagen zu der Überzeugung gelangt, dass es für mich, letztlich auch für den Verein Manchester United besser ist, dass ich mich voll und ganz auf den Job hier konzentrieren kann“, sagte Rangnick. Seit Dezember 2021 war Rangnick als Interimscoach bei ManUnited tätig, ursprünglich hätte der Nachfolger von Franco Foda parallel zu seiner Tätigkeit als ÖFB-Teamchef bis 2024 auch als Berater für die Engländer arbeiten sollen.

Nach dem abschließenden Saisonspiel mit United vor einer Woche hätten laut Rangnick mehrere Gespräche mit dem Vorstand der „Red Devils“ stattgefunden. „Wir sind in den letzten Tagen zu der Überzeugung gelangt, dass es für mich und letztlich auch für den Verein Manchester United besser ist, mich voll und ganz auf die Aufgabe hier als Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft konzentrieren zu können“, sagte Rangnick.

Bei seiner Bestellung Ende April hatte der ÖFB angegeben, dass Rangnick seiner Nebentätigkeit für United künftig bis zu sechs Tage im Monat nachgehen werde. Dadurch dürfte sich auch das Salär des früheren Red-Bull-Sportdirektors für den Verband in einem bewältigbaren Rahmen bewegt haben. Details der Vertragsauflösung gab Rangnick nicht bekannt, er bedankte sich aber ausdrücklich bei den Verantwortlichen von Manchester United für das Entgegenkommen und die fairen Gespräche.

Volle Konzentration auf Teamchef-Posten

„Wir haben in beiderseitigem Einvernehmen entschieden, dass wir diesen Beratervertrag auflösen, dass er nicht in Kraft tritt“, schilderte Rangnick. Er sei „sehr froh“ darüber. „Dadurch kann ich mich in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten voll und ganz auf die Aufgabe hier als Teamchef konzentrieren.“ Auch United schrieb auf seiner Website von „gegenseitigem Einvernehmen“, wonach Rangnick seine Beraterrolle in Old Trafford nicht antreten werde. „Wir wünschen Ralf alles Gute für das nächste Kapitel in seiner Karriere.“

Rangnick hatte United in der abgelaufenen Saison mit seinem Starensemble um Cristiano Ronaldo in der Premier League zu Rang sechs geführt. Sein Nachfolger als Chefcoach ist der Niederländer Erik ten Hag. Der bisherige Ajax-Amsterdam-Coach hatte bereits durchblicken lassen, dass er wenig Wert auf die Ratschläge seines Vorgängers lege. „Ich analysiere selbst, ich beobachte und spreche mit vielen Leuten. Am Ende werde ich meine eigene Linie verfolgen“, so ten Hag. Die Entscheidung, ob und wie es mit Rangnicks Beraterrolle weitergehe, liege aber beim Verein. Nun ist sie getroffen.