ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick mit Spielern während des Trainings
GEPA/Johannes Friedl
Nations League

Hochspannung vor Rangnicks Debüt

Das kurze Warten hat ein Ende: Am Freitag (20.45 Uhr, live in ORF1) startet Österreichs Fußballnationalteam in eine neue Ära. Ralf Rangnick gibt zum Auftakt der UEFA Nations League auswärts gegen Vizeweltmeister Kroatien sein Debüt als Teamchef. „Die Vorfreude ist groß, jetzt ist es Zeit, dass es losgeht“, sagte der 63-jährige Deutsche, dessen Premiere mit Hochspannung erwartet wird. Die Debüts verliefen zuletzt tendenziell erfolgreich.

Wie vor zehn Jahren schickt sich Rangnick an, das Potenzial einer österreichischen Mannschaft auszuschöpfen. Als Sportdirektor von Red Bull Salzburg gelang ihm das nach Anlaufschwierigkeiten – Stichwort Düdelingen – nachhaltig, mit dem ÖFB-Team will er nun erst gar keine Zeit verlieren. „Wir wollen ein gutes Spiel machen und versuchen zu gewinnen“, gab Rangnick als Marschroute vor seinem ersten Spiel aus.

Kroatien ist immerhin Vizeweltmeister und die Nummer 16 der Welt, doch Rangnick will sein Team den Ton angeben sehen. „Mir geht es vor allem um Kontrolle. Wir wollen selbst den Gang der Dinge bestimmen, das betrifft auch die Umschaltmomente in beide Richtungen“, betonte der Neo-Teamchef auf der Abschlusspressekonferenz am Donnerstag. Egal ob bei Funktionären, Journalisten oder vor allem bei den Fans, die Spannung, wie sich das Team nun im ersten Spiel schlägt, ist groß.

Pressekonferenz vor Rangnick-Debüt

Österreichs Fußballnationalteam startet am Freitag in eine neue Ära. Teamchef Ralf Rangnick hofft auf einen erfolgreichen Start.

Erstmals seit Ausbruch der Pandemie bestritt das Team wieder mit Anhang außerhalb der Blase die Reise zu einem Auswärtsspiel. Die Vorfreude, das Team mit einer neuen Handschrift spielen zu sehen, ist riesig, die Ergebnistipps fallen trotz Außenseiterrolle vermehrt positiv aus. „Es herrscht eine Aufbruchstimmung“, meinte etwa auch ein ÖFB-Vertreter. Rangnick schürte die Erwartungshaltung ebenso mit Worten, die wichtigsten Taten sollen am Freitag im Stadion Gradski vrt folgen. In der Vorbereitung sei „richtig Feuer drin gewesen“, so Rangnick, der sich in Erwartung einer „wissbegierigen Truppe“ bestätigt sah.

Intensive Vorbereitung

Die Spieler schonten sich nach einer langen Saison nicht. „Es war ein guter Zug drin. Wir hatten viele Inhalte, haben mit und gegen den Ball viele Sachen trainiert und sind gut vorbereitet“, sagte Mittelfeldmann Xaver Schlager. Der Wolfsburg-Legionär gilt als Prototyp punkto Red-Bull-Fußball, so seien einige Übungen auch „nicht komplett neu“ für ihn gewesen. „Es war intensiv, ist sehr zur Sache gegangen, mit vielen Zweikämpfen und Umschaltbewegungen, wo richtig Tempo drin war. Einiges können wir sicher schon im ersten Spiel umsetzen“, meinte Schlager und sprach von „allgemeinen Punkten, wie wir uns positionieren und was der Plan gegen den Ball ist“.

Von den Spielern kam durchwegs Lob für die Trainingswoche, auch wenn sie hart war. Deswegen wurden zwei Nachmittagseinheiten gestrichen. „Die Vormittagstrainings waren schon fordernd genug, deshalb war weniger mehr“, erklärte Rangnick, der seinen Spielern auch Lob aussprach. „Wir hatten eine super Energie auf dem Platz, auch drumherum. Die Jungs waren alle sehr konzentriert und fokussiert.“

Rangnick nützte jeden Tag, um der Mannschaft seinen Anstrich – Stichworte Pressing und Umschaltspiel – zu geben. Auf das traditionelle Abschlusstraining am Spielort wurde verzichtet, es wurde wiederum in Bad Tatzmannsdorf abgehalten. „Wenn es nur darum geht, sich ein bisschen zu bewegen, kann man das auch dort im Stadion machen, aber taktische Inhalte machen aus doppelter Sicht keinen Sinn. Nach dem Flug zu trainieren, würde eher das Risiko beinhalten, dass sich jemand verletzt. Außerdem kann man fest davon ausgehen, dass dieses Training auch Leute sehen würden.“

„Gute Voraussetzung für das Wir-Gefühl“

Bei seiner Antrittspressekonferenz sprach Rangnick im Wesentlichen von zwei Dingen, die ihm wichtig seien: Teamgeist und Unterhaltung. Zweiteres soll seine aktive und mutige Spielidee mit sich bringen, bei Ersterem gibt es kaum Handlungsbedarf. „Es ist wirklich auffällig, wie viel Zeit sie miteinander verbringen. Das ist nicht selbstverständlich in einem Nationalteam, eine gute Voraussetzung für das Wir-Gefühl, das wir brauchen, um im Ranking besser platzierte Mannschaften zu schlagen“, so Rangnick, der mit dem Team in der Gruppe A1 auch noch auf Weltmeister Frankreich und EM-Halbfinalist Dänemark trifft.

ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick scherzt mit Xaver Schlager während des Trainings
GEPA/Christian Walgram
Rangnick vermisste zuletzt als Manchester-United-Trainer Teamgeist, in Österreich rennt sogar der Schmäh

„Das ist eine richtige Gruppe, deshalb bin ich für die nächsten Spiele guter Dinge. Wenn wir diesen Geist auf den Platz bringen, gepaart mit der Art, wie wir spielen wollen, können wir uns auf Spiele freuen“, erklärte der Teamchef, der als fußballbesessen und verbissen gilt, sich aber gegenüber seiner ersten Amtszeit in Österreich bisher auch gelassener präsentierte. Freilich kann sich das schnell ändern, wenn sich der Erfolg nicht einstellt. Einmal mehr betonte Rangnick, dass Österreichs Weltanglistenposition (34, Anm.) „nicht so bleiben muss“, aber dafür brauche es auch den notwendigen Ehrgeiz.

Auch der Verband hofft natürlich auf einen baldigen Sprung nach vorne. Ein gutes Spiel in Kroatien könnte das Länderspiel-Heimdoppel gegen Dänemark und Frankreich bestens bewerben. Zur Erinnerung: Beim bisher letzten Heimspiel gegen Moldawien lockte das ÖFB-Team im November lediglich 1.800 Zuschauer nach Klagenfurt. „Es geht darum, zumindest mehr Spiele zu gewinnen, als nicht zu gewinnen. Spaß und Freude hast du im Fußball immer nur dann, wenn du am Ende auch gewinnst“, sagte Rangnick, der versucht, es seinem Vorgänger gleichzutun, und das Debüt erfolgreich zu gestalten.

Teamchefdebüts zuletzt tendenziell erfolgreich

Ein Blick auf die jüngere Vergangenheit lässt Rangnick auch auf eine erfolgreiche Premiere hoffen. Denn drei der vier Vorgänger des Deutschen starteten mit Siegen in ihre Amtszeit, so zuletzt auch Franco Foda, der am 14. November 2017 mit dem Heim-2:1 gegen Uruguay ein erfolgreiches Debüt erlebte. In den insgesamt 35 Premierenpartien seit 1945 steht die ÖFB-Bilanz der Trainer bei 14 Siegen, sechs Remis und 15 Niederlagen. Allerdings sind in dieser Statistik auch sämtliche Interimsbetreuer inkludiert. Nimmt man jene Kurzzeitcoaches aus, die es auf nicht mehr als fünf Länderspiele brachten, gab es bei den Teamchefdebüts elf Siege, drei Unentschieden und neun Niederlagen.