Nations League

ÖFB-Team beschert Rangnick Traumdebüt

Die Ära von Ralf Rangnick als Teamchef der österreichischen Fußballnationalmannschaft hat mit einer faustdicken Überraschung begonnen. Zum Auftakt der UEFA Nations League gewann das ÖFB-Team am Freitag vor 18.000 Zuschauern in Osijek gegen Kroatien mit 3:0 (1:0). Ein Tor kurz vor der Pause und ein Doppelschlag danach sorgten für einen Traumeinstand.

Damit war vor dem Spiel naturgemäß nicht zu rechnen gewesen, auch nach 40 Minuten hatte der Vizeweltmeister mehr vom Spiel und mehr Abschlüsse. Doch Marko Arnautovic brachte mit einer sehenswerten Einzelleistung Österreich glücklich, aber auch nicht völlig aus dem Nichts in Führung (41.). Denn Rangnicks Spielidee mit Pressing und Umschalten war vor der Pause schon durchgeblitzt. Zudem stellte er noch während der ersten Hälfte erfolgreich auf eine Viererkette um.

Noch mehr machte sich das nach der Pause, als Rangnick drei neue frische Kräfte brachte, bezahlt. „Joker“ Michael Gregoritsch stach nach Zuspiel von Maximilian Wöber (54.). Drei Minuten später sorgte Marcel Sabitzer für einen Doppelschlag (57.) und ließ die 150 mitgereisten Fans jubeln. Der Anfang der Ära Rangnick kann sich auch deswegen sehen lassen, weil es im sechsten Spiel der erste Punktegewinn gegen Kroatien war, das zuvor in 13 Spielen in Osijek nie verloren hatte.

Arnautovic trifft sehenswert zur Führung

Eine schöne Einzelaktion des Bologna-Legionärs.

Damit übernahm Österreich nach dem ersten Spieltag die Führung in der Tabelle der Gruppe A1. Im Parallelspiel gelang Dänemark gegen Weltmeister Frankreich mit einem 2:1-Sieg eine Überraschung. Der EM-Halbfinalist gastiert am Montag (20.45 Uhr, live in ORF1) in Wien.

Marko Arnautovic (AUT), Trainer Ralf Rangnick (AUT) und Gernot Trauner (AUT)
APA/Robert Jaeger
Einstand nach Maß: Die Ära Rangnick begann mit einem Paukenschlag in Kroatien

Überraschungen in Rangnicks erster Startelf

Rangnick wusste schon bei seiner ersten Startelf zu überraschen. Andreas Weimann startete auf der linken Seite im 3-5-2-System, mit Ersatzkapitän Arnautovic in dessen 99. Länderspiel stürmte Karim Onisiwo. Damit nahm Christoph Baumgartner, der in der ersten Woche voll des Lobes für den Teamchef war, vorerst auf der Bank Platz. Die Dreierabwehr mit Gernot Trauner hatte sich abgezeichnet, auch Wöber und Kevin Danso kamen daher in der Formation nicht überraschend.

Kroatiens Teamchef Zlatko Dalic, der unter der Woche (wie auch Didier Deschamps von Gruppengegner Frankreich) den Verlust seines Vaters verkraften musste, verzichtete vorerst auf Luka Modric. Der Teamkollege des in Kroatien abwesenden David Alaba bei Real Madrid nahm auf der Bank Platz. Inters Ivan Perisic fehlte verletzt, aus dem starken Kollektiv stach damit Mateo Kovacic heraus. Der gebürtige Linzer trug auch die Kapitänsschleife, die Innenverteidiger kannte Rangnick übrigens auch gut: Die ehemaligen Salzburger Duje Caleta-Car und Marin Pongracic sollten den kroatischen Laden dichtmachen.

Heißer Tanz in Osijek

Im Stadion Gradski vrt nahm die Ära Rangnick also ihren Lauf, in einem Stadion, das 1980 eröffnet wurde und sich diesen Charme auch bewahrte – allerdings hatte das kroatische Nationalteam hier seinen letzten Auftritt. Denn das neue Stadion wird Ende 2022 eröffnet.

Fans vor dem Stadion
ORF.at/Bernhard Kastler
Ein letztes Mal versammelten sich die Fans vor dem und im Gradski vrt, das 1980 eröffnete Stadion hat ausgedient

Nach einem heißen Sommertag in Osijek mit über 30 Grad blieben zu Spielbeginn noch 25 über. Auch im Stadion war es heiß, weil die Fans ihre Mannschaft vor dem Spiel mit Nationalliedern lautstark feierten. Ähnlich wie zuletzt in Wales dürften sich die ÖFB-Funktionäre gedacht haben, so eine Stimmung wäre auch in Österreich wieder schön. Es war ein Mitgrund, warum Rangnick geholt wurde, der für ein mutiges, aktives und damit unterhaltsames Spiel steht. „Wir wollen ein gutes Spiel machen und versuchen zu gewinnen“, sagte der Teamchef vorab.

Kroatien gibt zunächst den Ton an

Ganz in Schwarz trat Österreich in Osijek an, die erste Hälfte gestaltete sich für die Gäste zunächst schwierig. Denn man begann nervös, leistete sich unnötige Fehler und brachte sich damit in die Bredouille. Ein Fehlpass von Danso hier, ein schlechter Abschlag von Tormann Heinz Lindner dort, schließlich rettete Danso erstmals gegen Mario Pasalic. Im Sitzen verfolgte Rangnick, als Arnautovic von Kovacic hart getroffen wurde, aber nach Behandlung weiterspielen konnte (4.).

Davor hatte der Bologna-Legionär schon seine Pressingkünste aufblitzen lassen, die Mannschaft ging nicht volles Risiko, aber versuchte, auf diese Weise zu Chancen zu kommen. Lainer verzog dabei knapp (7.). Österreichs Dreierkette stand hoch, das sorgte für Gefahr, Lainer klärte wenig später auf der Gegenseite (8.). Danach hatte sich das Spiel etwas beruhigt, Kroatien gab als ballsicheres Team den Ton an und konnte vor allem über die Flügel Löcher aufreißen.

Kroatien kam zu weiteren Chancen, so wie der auffällige Pasalic, der nach Brekalo-Flanke vorbeiköpfelte (19.). Rangnick erhob sich zur Seitenlinie und stellte auf Viererkette um, das sollte sich mit Fortdauer der Partie bezahlt machen. Wöber klärte aber zunächst gegen Pasalic (25.), Kovacic prüfte Lindner aus der Distanz (29.) – nun wäre die Führung für die Hausherren schon längst verdient gewesen. In der 32. Minute scheiterte dann auch Andrej Kramaric an Lindner. Wiederum drei Minuten später rettete die Latte für den Goalie, doch Referee Chris Kavanagh aus England sah ohnehin ein Foulspiel von Pasalic.

Arnautovic zeigt seine Klasse

Und Österreich? Die Gäste überließen in dieser Phase Kroatien das Kommando, versuchten aber wie von Rangnick vorab besprochen „die richtigen Momente“ zu finden, um den Kroaten wehzutun. Weimann scheiterte mit einem Schuss (23.), danach spielten die Österreicher ähnliche Entlastungsversuche zunächst nicht gut genug fertig.

Marko Arnautovic
Reuters/Antonio Bronic
Eiskalt an einem heißen Tag in Osijek: Arnautovic versenkte trocken rechts unten

Aber kurz vor der Pause gelang dann noch ein „Lucky Punch“. Nach einem weiten Zuspiel konnte Onisiwo im Mittelfeld den Ball abtropfen lassen. Arnautovic übernahm den Ball und zeigte seine große Klasse. Er lief an, zog in die Mitte und vollendete vom Sechzehner trocken ins rechte Eck (41.). Sein Torjubel fiel nach seinem 33. Länderspieltreffer verhalten aus. Das hatte aber wohl nichts mit der schmeichelhaften ÖFB-Führung zu tun, die man mit in die Halbzeitpause nahm.

Doppelschlag nach der Pause

Die Führung sollte sich Österreich nach der Pause schließlich redlich verdienen. Rangnick tauschte gleich dreifach aus, darunter auch Torschütze Arnautovic. Es kamen Christopher Trimmel, Nicolas Seiwald und Gregoritsch, und Österreich verwaltete die Führung nicht, sondern gab Vollgas. Weimann presste, Laimer passte, und Gregoritsch scheiterte – nicht im Abseits stehend – an Goalie Ivica Ivusic (51.).

Sabitzer erhöht auf 3:0 (57. Minute)

Ein Distanzschuss sorgt für die endgültige Entscheidung.

Doch Österreich verzweifelte nicht, glaubte weiter an sich, und der Mut wurde belohnt. Sabitzer bediente Wöber, der im Spiel auf die ihm nicht fremde Linksverteidigerposition gewechselt war. Der Salzburg-Spieler ließ Josip Juranovic links liegen und bediente Gregoritsch (54.), ein schön herausgespielter Treffer der Gäste. Es wurde noch schöner, denn auch Bayern-Legionär Sabitzer hatte Zielwasser getrunken und nützte den freien Raum auf links mit einem Schuss ins kurze Eck (57.).

Österreich bringt Sieg nach Hause

Da staunten die kroatischen Gastgeber nicht schlecht, ein Raunen ging durch das weite Rund, die Masse forderte Luka Modric. Der kam auch, bewirkte aber nichts mehr. Österreich vergab vielmehr noch einen höheren Sieg durch Schlager (65.) und Weimann (72.). Hinten räumte die Viererkette um Trauner nun alles ab, die Luft war danach heraußen.

Noch in der Nacht ging es nach Österreich zurück, dann startet die Vorbereitung auf das Spiel gegen Dänemark am Montag im Ernst-Happel-Stadion. Vor dem Kroatien-Gastspiel waren 12.500 Tickets verkauft gewesen, diese Zahl dürfte sich steigern. Die 150 mitgereisten Fans in Osijek waren jedenfalls verblüffte Augenzeugen und feierten („Oh, wie ist das schön“) einen bemerkenswerten Sieg, zumal kroatische Fans hier noch nie ihr Team ausgepfiffen hatten.

Stimmen zum Spiel:

Ralf Rangnick (ÖFB-Teamchef): „Wir hatten Probleme die ersten 20, 25, 30 Minuten aus dem 3-5-2. Wir haben praktisch zu keiner Phase Zugriff bekommen. Für uns war es schon hilfreich, dass wir dann auf 4-2-2-2 umgestellt haben. Da haben wir uns viel leichter getan. Ich glaube, in der zweiten Halbzeit haben wir das Spiel komplett kontrolliert. Ganz am Ende hätte es sogar höher ausgehen können. Für das erste Mal in dieser Konstellation, wie wir gespielt haben, bin ich mit der Leistung in der letzten Stunde zufrieden. Die erste halbe Stunde hat mir überhaupt nicht gefallen. Ab der 30. Minute sah es nach Fußball aus.“

Marko Arnautovic (ÖFB-Torschütze): „Ich habe schon gesagt, dass die Spieler heiß sind und Energie haben. Jeder will wieder zeigen, dass wir eine gute Mannschaft sind. Das haben wir heute bewiesen. Wir haben gewusst, dass es kein leichtes Spiel wird. Wir haben gewusst, dass die Kroaten eine gute Mannschaft sind, das hat man in der ersten Hälfte gesehen. Wir haben unsere Chancen verwertet und sind glücklich. Jetzt schauen wir auf Montag und Dänemark.“

Zlatko Dalic (Kroatien-Teamchef): „Ich gratuliere der österreichischen Nationalmannschaft. Es tut mir leid für die Fans, dass wir verloren haben. In den ersten Minuten war es gut, aber danach haben wir keine Kraft gezeigt. Ich denke, wir haben in der ersten halben Stunde gut gespielt, aber nach dem ersten Gegentor konnten wir nicht mehr zurückkommen. Es war wirklich schlecht. Wir waren kein Team mehr. Österreich war schneller und aggressiver als wir. Wir wussten, dass Österreich gut spielen und aggressiv sein wird.“

UEFA Nations League, Gruppe A1

Freitag:

Kroatien – Österreich 0:3 (0:1)

Osijek, Stadion Gradski vrt, 18.000 Zuschauer, SR Kavanagh (ENG)

Torfolge:
0:1 Arnautovic (41.)
0:2 Gregoritsch (54.)
0:3 Sabitzer (57.)

Kroatien: Ivusic – Juranovic, Pongracic, Caleta-Car, Sosa (46./Barisic) – Pasalic (58./Vlasic), Brozovic, Kovacic (71./Orsic) – Majer (58./Modric), Kramaric (58./Budimir), Brekalo

Österreich: Lindner – Danso, Trauner, Wöber (77./Friedl) – Lainer (46./Trimmel), Laimer, Sabitzer, X. Schlager, Weimann (72./Baumgartner) – Arnautovic (46./Seiwald), Onisiwo (46./Gregoritsch)

Gelbe Karten: Caleta-Car bzw. X. Schlager