Fußballer Martin Hinteregger (AUT)
GEPA/Daniel Schoenherr
ÖFB

Randthemen trüben Aufbruchsstimmung

Das österreichische Fußballnationalteam hat unter Teamchef Ralf Rangnick einen vielversprechenden Neustart hingelegt. Am Freitag (20.45 Uhr, live in ORF1) wartet mit dem Gastspiel von Weltmeister Frankreich im ausverkauften Happel-Stadion dazu ein echtes Highlight, die Aufbruchsstimmung wurde aber durch infrastrukturelle Probleme und Negativschlagzeilen um den aktuell verletzten ÖFB-Verteidiger Martin Hinteregger getrübt.

Der freie Journalist Michael Bonvalot hatte am Mittwoch einen Beitrag veröffentlicht, in dem er über eine Geschäftsbeziehung des 29-jährigen Frankfurt-Legionärs mit dem ehemaligen Grazer FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl im Rahmen des „Hinti-Cups“, eines Hobbyfußballturniers in Hintereggers Kärntner Heimatort Sirnitz, berichtete. Sickl hatte u. a. 2018 für Schlagzeilen gesorgt, weil er in Graz Räumlichkeiten an die rechtsextreme Identitäre Bewegung vermietet hatte.

Am Donnerstag meldete sich der ÖFB-Teamspieler über das soziale Netzwerk Instagram zu Wort. „Es ist unglaublich, dass ein Unbekannter solche Dinge über mich behaupten kann“, schrieb Hinteregger zunächst emotional, erklärte die Hintergründe aus seiner Sicht und gab bekannt, dass die Geschäftsbeziehung sofort abgebrochen wurde.

„Geschäftsbeziehung abgebrochen“

Seine Conclusio: „Jegliche Geschäftsbeziehung zur Familie Sickl wird aufgrund des aktuellen Wissensstandes mit sofortiger Wirkung abgebrochen, und die Veranstaltung ‚Hinti-Cup‘ wird alternativ geprüft, um eine weitere Vorgehensweise zu klären. Ich habe keine Kenntnisse über vergangene oder zukünftige Aktivitäten seitens der Familie Sickl, ich möchte lediglich ein Fußballturnier stattfinden lassen, und mehr nicht“, ließ der Europa-League-Sieger weiter wissen.

Der Publikumsliebling der Eintracht distanzierte sich auch von jeglichem rechten Gedankengut. „Ich habe durch meine Zeit im Profifußball und auch privat Freunde auf der ganzen Welt, und weise Anschuldigungen, dass ich rechts orientiert bin, klar ab, und setze mich weiter gegen jegliche Art der Diskriminierung ein“, so Hinteregger.

ÖFB nimmt Stellung zur Causa

Laut einem aktuellen Auszug aus dem österreichischen „Register der wirtschaftlichen Eigentümer“, die vom Finanzministerium erstellt werden, sind Hinteregger und Sickl zu je einem Drittel an der Hinti Event GmbH beteiligt. Ein weiteres Drittel hält eine Gastronomin. Über die Hinti Event GmbH organisiert der Eintracht-Abwehrchef eine Fanveranstaltung mit Musikfest von 16. bis 19. Juni.

Bereits zuvor hatte sich der ÖFB auf einer Pressekonferenz zu diesem Randthema geäußert. „Wir haben davon natürlich Kenntnis erlangt, wir haben heute am Vormittag davon erstmals gehört und wir werden dem nachgehen. Wir wollen zunächst den Spieler hören und wenn das erfolgt ist, wird es von uns eine offizielle Stellungnahme geben“, sagte Geschäftsführer Bernhard Neuhold auf einer Pressekonferenz.

Späte Freigabe für Frankreich-Spiel

Neuhold musste sich dieser Tage oftmals zu Dingen abseits des Sportlichen melden. Nach dem 3:0 in Kroatien verlor Österreich nach ebenfalls guter Leistung mit 1:2 gegen Dänemark, Gesprächsthemen waren aber auch ein Stromausfall, der mitunter die Flutlichtanlage im Ernst-Happel-Stadion lahmgelegt hatte, sowie ein Loch im Rasen.

Ersteres sorgte dafür, dass das Spiel mit 90-minütiger Verspätung begann, Zweiteres trat offenbar erst nach Spielende auf, ließ aber das nächste Spiel in der UEFA Nations League gegen Frankreich wackeln. Erst am Mittwochabend gab es grünes Licht vonseiten der UEFA.

Fußballspieler stehen um Loch auf Fußballfeld
ORF
„Stranger Thing“: Das Loch im Wiener Ernst-Happel-Stadion ging um die Fußballwelt

„Wir waren seit Schlusspfiff in enger Abstimmung mit der UEFA und der Wiener Sportstätten Betriebsgesellschaft m.b.H (Stadionbetreiber), um die beiden Problemfelder zu analysieren und aus dem Weg zu räumen“, erklärte Neuhold. „Knapp vor 23.00 Uhr haben wir dann das Okay bekommen und freuen uns, dass den beiden Abschlusstrainings und dem Spiel vor ausverkauftem Haus nichts im Wege steht.“

Stadionthema rückt wieder in Fokus

Der ÖFB ist Mieter und sah sich am Montag „mit einer nicht alltäglichen Situation“ (Rangnick) konfrontiert. Die Debatte über ein neues Nationalstadion erfuhr so freilich wieder Aufwind, in naher Zukunft wird sich aber diesbezüglich nicht viel verändern. Der ÖFB ist zudem aus wirtschaftlichen Gründen auf das Happel-Oval angewiesen.

„Die Kapazität ist natürlich ein Alleinstellungsmerkmal“, betonte Neuhold hinsichtlich des alten, aber auch größten Stadions in Österreich. „Das hat das größte wirtschaftliche Potenzial. Aber wir machen uns Gedanken, wie die mittelfristige Zukunft aussehen kann. Da müssen wir uns auch mit der Politik wieder an den Tisch setzen und die aktuelle Situation analysieren, diskutieren und möglichst verbessern. Aber ihr jetzt im Anlassfall hier etwas auszurichten und Forderungen zu stellen, wäre nicht der richtige Ansatz.“

Bernhard Neuhold (OEFB)
GEPA/Armin Rauthner
Dieser Tage oft am Wort: ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold

Die Debatte gibt es allerdings schon seit vielen Jahren, die Heim-EM 2008 wurde als Chance für einen Neubau vertan, die Stadt Wien erteilte erst 2019 diesem wieder eine Absage. Bleiben die anderen Stadien in Österreich. „Die Bundesländer sind immer wieder eine Alternative, wir haben in den vergangenen Jahren auch in Klagenfurt, Salzburg oder Innsbruck gespielt, 2023 kommt Linz mit moderner Infrastruktur dazu. Diese Optionen sind selbstverständlich immer wieder eine Überlegung und eine Alternative, aber es hängt auch von Gegner und Voraussetzungen ab“, schilderte Neuhold.

Rangnick bringt andere Wiener Stadien ins Spiel

Rangnick kennt als Deutscher nur zu gut, dass das Nationalteam quer durch das Land seine Heimspiele bestreitet. „Ich denke, dass das für uns bei Qualispielen auch Sinn machen kann, ehe wir hier vor einem Drittel oder Viertel der Auslastung spielen“, so der 63-Jährige, der auch noch zwei andere Stadien, nämlich jene neu bzw. umgebauten von Rapid und der Austria, ins Spiel brachte. „Im Übrigen gibt es in Wien auch noch zwei andere moderne Stadien mit einem Fassungsvermögen von 20.000 oder 30.000 Zuschauern, die aus meiner Sicht auch für ÖFB-Heimspiele infrage kommen würden.“