David Alaba bedankt sich per Applaus beim Publikum
APA/Georg Hochmuth
Nations League

Österreich holt Fans zurück ins Boot

Das österreichische Fußballnationalteam hat am Freitag mit dem 1:1 gegen Weltmeister Frankreich den Aufwärtstrend seit der Bestellung von Teamchef Ralf Rangnick weiter untermauert. Die Spieler verkauften sich gegen das Topteam teuer und nützten das ausverkaufte Happel-Stadion auch dazu, die eigenen Fans zurück ins Boot zu holen.

Natürlich kamen die 44.800 Zuschauer auch deswegen, um den Stars aus dem Land des aktuellen Titelträgers auf die Beine zu schauen. In Folge einer weiteren sehr guten und leidenschaftlichen Leistung waren es aber auch die Österreicher, die nach Spielende bei einer Ehrenrunde gefeiert wurden. „Wir haben sehr gut gespielt, die Fans waren super und es war ein geiles Spiel heute“, sagte Andreas Weimann nach der Partie im ORF-Interview und brachte es damit auf den Punkt.

„Ich habe lange auf mein erstes Länderspieltor gewartet, es hätte dafür kein besseres Spiel geben können“, freute sich der 30-Jährige, der einen perfekt vorgetragenen Angriff mustergültig abgeschlossen hatte. Frankreich drückte in der zweiten Hälfte letztlich erfolgreich auf den verdienten Ausgleich, doch Österreichs Einsatz wurde von den Fans honoriert. Zumal die Ära Rangnick weiter viel Hoffnung macht.

Rangnick wird Erwartungen gerecht

Erst vor sechs Wochen wurde Ralf Rangnick als neuer ÖFB-Teamchef vorgestellt und hat binnen kürzester Zeit einiges verändert: neues Personal, neue Spielphilosophie und neue Offenheit in der Kommunikation – und das mit Erfolg.

„Das weckt die Leute auf“

„Das erste Spiel in Kroatien gewinnst du, im zweiten Spiel gegen Dänemark zeigst du ein wirklich gutes Spiel und verlierst unverdient. Das weckt die Leute auf. Mit unserem Spiel haben wir die Leute aufgeweckt. Auch gegen Frankreich hat man gesehen, wozu wir fähig sind. Dafür brauchen wir jedoch die Fans“, sagte David Alaba, der zugleich einen Appell an sie richtete, das zukünftig beizubehalten.

Die Unzufriedenheit über ein 1:1 gegen den regierenden Weltmeister zeige auch den Hunger und Ehrgeiz. „Es zeigt einfach, dass wir vielleicht irgendwo die Schnauze voll haben von einer gewissen Art Fußball zu spielen, wie wir es immer wieder in den Jahren zuvor hatten. Man merkt, dass wir uns weiterentwickeln wollen, dass wir solche Spiele spielen und uns mit solchen Teams messen wollen.“

Fans warten auf ÖFB-Spieler

Das holt auch die Fans ab. Lange nach Spielende warteten sie vor dem Stadion auf Autogramme der ÖFB-Spieler. Die Aufbruchsstimmung rund um das Team erreichte einen ersten vorläufigen Höhepunkt. Es ist nicht allzu lange her, als das ÖFB-Team vor nur 1.800 oder 6.600 Zuschauern spielte, obwohl es gar keine Kapazitätsbeschränkungen in Folge der Coronavirus-Pandemie gab. Der Verband entschied sich bei der Teamchefbestellung auch deswegen für Rangnick, weil dessen Spielidee für Begeisterung sorgen kann. Bei seinem Antritt rückte der 63-jährige Deutsche zwei Dinge in den Vordergrund: Unterhaltung und Teamgeist. Beides bot das Duell gegen den regierenden Weltmeister.

Dutzende Fans vor dem Ausgang des Ernst-Happel-Stadions
ORF.at/Bernhard Kastler
Lange nach Schlusspfiff warteten Fans auf Autogramme

„Wir haben es über weite Strecken wirklich nicht so schlecht gemacht. Natürlich wissen wir, dass das eine Topmannschaft ist, der amtierende Weltmeister, natürlich wird das dann nicht easy – das war uns klar“, sagte Tormann Patrick Pentz, der mit seinen Paraden ebenfalls die Stimmung hob und sich damit in die Poleposition als Nummer eins schob. Mehrmals lächelte der Noch-Austria-Tormann nach seinen Aktionen, verkörperte die Freude, in so einem Spiel dabei zu sein. Mit seinem trockenen Kommentar zum Gegentor von Kylian Mbappe sorgte Pentz wiederum für Lacher: „Den kann man mal so machen.“

Acht Sekunden sorgen für Begeisterung

Das gilt auch für das österreichische Führungstor durch Weimann. Wobei der gesamte Angriff Rangnicks Spielidee nicht besser veranschaulichen kann. Balleroberung, schnelles Spiel in die Tiefe, Abschluss binnen kürzester Zeit. In diesem Fall waren es auch jene acht Sekunden, die Rangnick schon seit jeher als Maßstab dafür hernimmt.

An diesem Tor wirkten auch nicht zufällig jene Spieler mit, die bisher alle 270 Minuten unter Rangnick auf dem Platz gestanden waren: Konrad Laimer und Xaver Schlager. Die „Duracell-Häschen“, so werden sie mittlerweile schon genannt, verkörpern den Stil perfekt. In diesem Fall lief Laimer Antoine Griezmann an, fälschte den Ball dabei noch ab und Schlager konnte Benzema das Spielgerät entscheidend abluchsen.

Screenshot
ORF
Laimer läuft im Zentrum Griezmann an, acht Sekunden später jubelt Österreich

„Xaver hat den Ball im Mittelfeld erobert und gleich vertikal gespielt“, analysierte Laimer. „In der zweiten Welle wird er noch einmal vertikal gespielt, nachdem ich Marko (Arnautovic, Anm.) hinterlaufe und ihm eine weitere Option gebe. Wenn das alles im höchsten Tempo passiert, ist das schwierig zu verteidigen. Das ist dann natürlich ein super Beispiel, wie man das am besten nach Balleroberung lösen kann.“

Zweikampf zwischen Xaver Schlager, Kylian Mbappe (Frankreich) und Konrad Laimer
GEPA/Philipp Brem
„Duracell-Häschen“: Schlager und Laimer sind im Team nicht zu bremsen

Das machte nicht nur das Publikum glücklich, sondern auch den Torschützen, der 18 Spiele, aber vor allem fast zehn Jahre seit dem Debüt auf seinen Premierentreffer warten musste. „Wir haben natürlich auch trainiert, wie wir die Abwehr brechen können. Marko und Konny haben das super herausgespielt und ich habe eigentlich nur noch Danke sagen müssen“, so Weimann, der in Englands Championship bei Bristol sein Geld verdient, und wie Gernot Trauner, Kevin Danso und Maximilian Wöber seine zweite Chance im Team nun nützt.

Später Ausgleich trübt Stimmung nur bedingt

Österreich kassierte spät, aber auch verdient den Ausgleich. In der ersten Hälfte hielt man den Gegner in Schach, ließ kaum etwas zu, nach der Pause dominierten die Franzosen. „Da kommen Kylian Mbappe oder Christopher Nkunku von der Bank, das ist einfach eine unglaubliche Mannschaft“, sagte Pentz. „Einmal bist du unachtsam und dann spielt er (Mbappe, Anm.) halt seinen Speed aus.“

Der Stimmung tat das im Stadion keinen Abbruch, am Ende feierten die Fans die Mannschaft für ihre Leistung. Wenngleich Rangnick zu Recht die Entstehung des Gegentores nach eigenem Freistoß kritisierte (auch hier fiel das Tor übrigens acht Sekunden nach Ballverlust), so konnten alle mit dem Ergebnis auch leben. „Wir wussten, dass wir noch besser spielen müssen als in den ersten zwei Spielen. Ich glaube, wir haben das auch gemacht und holen am Ende verdient einen Punkt. Wir können sicher zufrieden sein“, meinte Weimann.

Neues Selbstbewusstsein spornt alle an

Der eine oder andere haderte aber eben auch noch mehr. In diese Kategorie gehört auch Laimer. „Wenn wir ein paar Sachen besser machen, können wir auch alle drei Spiele gewinnen, was gegen diese Mannschaften ein Wahnsinn wäre. Das müssen wir auch in naher Zukunft besser machen, nämlich dass wir uns belohnen für das, was wir investieren.“ Die gestiegenen Ansprüche, das Selbstbewusstsein des Teams spornt die Anhänger auf den Rängen sicht- und hörbar an.

Österreichs Nationalteam reist auch nach Kopenhagen, um am Montag (20.45 Uhr, live in ORF1) das Spiel für sich entscheiden. „Unser Anspruch ist, in jedes Spiel zu gehen, um es zu gewinnen. Das wird auch in Dänemark so sein“, betonte Laimer explizit. Das bittere 1:2 vom vergangenen Montag sorgt zudem für Extramotivation. „Wir brennen auf die Revanche“, unterstrich Pentz. Auch Ansagen wie diese kommen nach viel Understatement zuletzt bei den Anhängern gut an.