Formel-1-Boliden auf einer Rennstrecke
AP/Luca Bruno
Formel 1

Gehaltsobergrenze sorgt für dicke Luft

Die Formel-1-Saison hat mit dem Zweikampf zwischen Red Bull Racing und Ferrari sportlich zwar genug zu bieten, vor dem Grand Prix von Kanada am Sonntag (20.00 Uhr, live in ORF1) ist jedoch die Debatte über eine Gehaltsobergrenze für die Piloten das beherrschende Thema und sorgt für dicke Luft. Zwischen den Ansichten der Topstars rund um Max Verstappen und jenen der Teams gibt es wenig überraschend kaum Schnittmengen.

Routinier Sebastian Vettel konnte sich vor dem Rennen auf dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal eine Spitze Richtung der Teambosse nicht verkneifen. Dass die Formel 1 inmitten eines Booms bei den Fahrergehältern sparen will, kommt dem viermaligen Weltmeister seltsam vor: „Das ist doch ein komischer Zufall, wenn die Teams erstmals Geld mit den Rennen verdienen können und so etwas wie eine Gehaltsgrenze für Fahrer auftaucht.“ Diskutiert wird, ob die Gehaltsausgaben für beide Stammfahrer bald nicht mehr als 30 Millionen Dollar pro Jahr übersteigen dürfen.

In der Kontroverse ist das Klima zwischen den Topstars der Branche und ihren Chefs aktuell auch entsprechend gereizt. Ein Limit sei „komplett falsch“, sagte Weltmeister und WM-Spitzenreiter Verstappen, der neben Superstar Lewis Hamilton zu den Topverdienern gehört. „Zurzeit wird die Formel 1 immer populärer, und jeder verdient immer mehr Geld“, so der niederländische Red-Bull-Pilot und verwies darauf, dass die Fahrer schließlich „für die Show sorgen und ihre Leben riskieren“. Dafür sei eine hohe Entlohnung angemessen.

Charles Leclerc (Ferrari) und Max Verstappen (Red Bull)
GEPA/XPB/Coate
Spannende Duelle wie hier zwischen Charles Leclerc (l.) und Verstappen sollen auch entsprechend entlohnt werden

Sorgen um den Nachwuchs

Die Fahrer verweisen auch auf negative Folgen eines Gehaltslimits für die Nachwuchsserien. Dort spekulieren Investoren oft darauf, an künftigen Verträgen ihrer Schützlinge in der Formel 1 mitzuverdienen. „Wenn das begrenzt wird, dann wird das ohnehin große Risiko für einen Geldgeber noch größer“, warnte der Finne Valtteri Bottas, der heuer für Alfa Romeo an den Start geht.

Ähnlich sieht es Rekordweltmeister Hamilton, der heuer mit einem Gesamteinkommen von 65 Millionen Dollar – davon 57 Millionen Gehalt – als bester Formel-1-Pilot auf Rang 17 der jährlichen „Forbes“-Liste der bestbezahlten Sportler zu finden war. „Ich werde nicht mehr viel länger hier sein, aber ich denke an die junge Generation und glaube nicht, dass sie gebremst werden sollte“, sagte der Engländer. Schließlich habe die Formel 1 inzwischen ihre Umsätze auf 14 Milliarden Dollar verdreifacht.

Teams beklagen hohe Kosten

Die Teamspitzen argumentieren indes mit dem wachsenden Kostendruck und dem Faktor Verhältnismäßigkeit. Mercedes-Teamchef Toto Wolff verwies auf die Budgetgrenze von 140 Millionen Dollar, die wegen der hohen Inflation in diesem Jahr für die Topteams immer mehr zum Problem wird. Fahrergehälter fallen derzeit zwar nicht unter das Ausgabenlimit. Ein zusätzlicher Lohnzettel von bis zu 50 Millionen sei jedoch „unpassend“, wenn der Rennbetrieb und bis zu 1.000 Mitarbeiter mit 140 Millionen finanziert werden müssten, sagte Wolff.

Toto Wolff (Mercedes)
AP/Icon Sportswire/David J. Griffin
Wolff und die anderen Teamverantwortlichen müssen finanziell heuer besser planen als bisher

Die Budgetgrenze in der Formel 1 gilt seit dem vergangenen Jahr und soll für mehr Chancengleichheit zwischen den Teams sorgen. So mancher argumentiert, dass auch die Fahrergehälter unter diese Regelung fallen sollten, weil sonst die Logik des Deckels und der Wettbewerb der Ingenieure ausgehebelt wird. Mit der aktuellen Regelung könnten die reichsten Teams auch weiterhin die besten Piloten unter Vertrag nehmen, so die Kritiker.

US-Sport als Vorbild

Als möglichen Ausweg aus dem Dilemma wollen die Bosse Anleihen beim US-Sport nehmen. Dort ist in den meisten Ligen ein Gehaltslimit für jedes Team schon länger verankert. Bei den Topstars macht das direkte Gehalt daher meist den kleineren Teil der Einnahmen aus, der größere Batzen kommt von persönlichen Sponsoren und Vermarktungsanteilen. „Wir müssen uns das anschauen und daraus lernen, auch wenn wir es nicht kopieren müssen“, sagte Haas-Teamchef Günther Steiner.

Mit diplomatischem Geschick will Wolff die Fronten aufweichen. „Um es wirklich tragfähig zu machen, sollten alle Spitzenverdiener einbezogen werden“, sagte der Österreicher und stellte klar: „Das heißt, nicht nur die Fahrer, auch die Teamchefs und die Führungskräfte sollten von der Budgetgrenze erfasst werden.“