Iga Swiatek (Polen)
AP/Wilfredo Lee
Tennis

Wimbledon wie niemals zuvor

Nach dem Ausfall 2020 und dem von der Pandemie beeinflussten Turnier 2021 sind auch die am Montag beginnenden 135. All England Tennis-Championships in Wimbledon ein Turnier wie keines zuvor. Spieler und Spielerinnen aus Russland und Belarus sind aufgrund des Ukraine-Krieges ausgeschlossen, weshalb keine Weltranglistenpunkte vergeben werden. Die Favoriten sind zwar die üblichen Verdächtigen wie Novak Djokovic und Iga Swiatek, dafür gibt es eine andere Premiere.

Als Favoriten gelten Swiatek und Djokovic, im Fokus stehen aber auch die Allzeitgrößen Serena Williams und Rafael Nadal. Für mehr Diskussionen als die Frage, wer denn gewinnt, sorgte jedoch der Ausschluss der Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus durch die Wimbledon-Veranstalter.

Das führte zu Konsequenzen der großen Tennisorganisationen. Der Tennisweltverband ITF sowie ATP (Männer) und WTA (Frauen), die bei ihren Turnieren Russen und Belarussen unter neutraler Flagge zulassen, entschieden, keine Weltranglistenpunkte zu vergeben, und ernteten dafür heftige Kritik von Wimbledon.

Djokovic bereit für Wimbledon

Der als Nummer eins gesetzte Serbe Novak Djokovic will auch heuer wieder in Wimbledon siegen. Bereits sechsmal konnte er das traditionsreiche Turnier für sich entscheiden.

Djokovic steht als Verlierer fest

Sie begründeten ihren Schritt mit ihrem Grundsatz, dass bei ihren Turnieren „alle Spieler ohne Diskriminierung und einzig aufgrund ihrer Meriten“ spielberechtigt seien. In London allerdings können Topleute wie der Weltranglistenerste Daniil Medwedew und sein russischer Landsmann Andrej Rublew (ATP-Achter) oder die zweimalige Grand-Slam-Turniersiegerin Victoria Asarenka sowie Aryna Sabalenka (WTA-Sechste), beide aus Belarus, nicht teilnehmen.

Novak Djokovic (Serbien)
Reuters/Paul Childs
Obwohl Novak Djokovic seinen 21. Grand-Slam-Sieg feiern könnte, verliert der Titelverteidiger seine Punkte aus dem Vorjahr

Erstmals seit 2009, als Nadal verletzt war, fehlt damit die Nummer eins der Welt. Die im vergangenen Jahr gewonnenen Weltranglistenpunkte fallen am Ende des diesjährigen Turniers ersatzlos aus der Wertung. Leidtragender ist dabei vor allem Titelverteidiger Djokovic. Der Serbe verliert 2.000 Punkte, die er nicht ersetzen kann, selbst wenn er erneut gewinnt.

Berrettini hat noch eine Rechnung offen

Djokovic ist nach dem Out von Medwedew topgesetzt, hat zuletzt dreimal in Serie gewonnen und geht auf seinen siebenten Wimbledon-Titel los. Der 35-Jährige würde mit einem weiteren Erfolg solo die Nummer zwei in der Liste der Allzeitsieger von Grand-Slam-Turnieren. Djokovic hält so wie der Schweizer Roger Federer bei 20 Triumphen, Nadal ist heuer mit Siegen bei den Australian Open und den French Open auf 22 davon gezogen.

In Wimbledon haben die großen Vier dieses Jahrtausends (Nadal, Djokovic, Federer, Andy Murray) seit 20 Jahren (Lleyton Hewitt 2002) den Titel stets unter sich ausgemacht. Außenseiterchancen, diese Serie zu beenden, hat wohl Matteo Berrettini.

Matteo Berrettini (Italien)
Reuters/USA Today Sports/Peter van den Berg
Der Italiener Matteo Berrettini musste sich im Vorjahr erst im Finale Novak Djokovic in vier Sätzen geschlagen geben

Nach den Siegen in Stuttgart und Queens befindet sich der italienische Vorjahresfinalist in erstklassiger Form. Auch der Grieche Stefanos Tsitsipas gewann am Samstag auf Mallorca sein erstes Rasenturnier. Ob Nadal in der Verfassung für seinen dritten Grand-Slam-Titel des Jahres ist, bleibt angesichts der Fußprobleme abzuwarten. Ein prominenter Abwesender ist verletzungsbedingt der Deutsche Alexander Zverev.

Swiatek kann Erfolgsserie krönen

Bei den Damen führt der Weg zum Titel nur über Iga Swiatek. Die 21-jährige Polin hat zwar noch nie ein WTA-Finale auf Rasen erreicht, konnte aber ihre sechs vergangenen Turniere gewinnen und ist seit 35 Spielen ungeschlagen. Seit 1990 haben nur Martina Hingis (37) und Monica Seles (36) längere Erfolgsserien geschafft.

Wie man auf dem heiligen Rasen gewinnt, weiß Swiatek auch. Die Polin entschied 2018 das Juniorinnenturnier für sich, im Frauen-Bewerb kam sie bisher aber nicht über das Achtelfinale hinaus. Im vergangenen Jahr hat die im März zurückgetretene Australierin Ashleigh Barty den Titel geholt.

Williams will es noch einmal wissen

Auf den Wimbledon-Erfolg ist aber auch Serena Williams heiß. Die 40-jährige US-Amerikanerin gibt nach einem Jahr Spielpause ein Comeback und setzt ihre Jagd nach dem Grand-Slam-Titelrekord fort.

Williams hat bisher 23-mal eines der vier großen Turniere gewonnen, ein Erfolg fehlt auf den Rekord der Australierin Margret Court (24). In Wimbledon, wo sie schon siebenmal gewonnen hat, besitzt sie die wohl die besten Chancen, sich ihren 24. Triumph zu holen. Im Vorjahr war ihr Auftritt in Wimbledon nur von kurzer Dauer.

Serena Williams (Amerika)
AP/PA/Adam Davy
Serena Williams unternimmt trotz mangelnder Spielpraxis ihren nächsten Anlauf auf den Grand-Slam-Rekord

Im ersten Satz der ersten Runde musste Williams gegen Alexandra Sasnowitsch verletzt aufgeben und verließ den Platz mit Tränen in den Augen. Seither hat sie nur zwei Doppel-Partien (in dieser Woche in Eastbourne) bestritten. Heuer dürfen ausgewählte Spieler erstmals vor Turnierstart auf dem Centre Court trainieren. Das soll die Rutschgefahr zum Auftakt mindern und Verletzungen wie von Williams vorbeugen.

Novak allein auf weiter Flur

Mit den Folgen seiner Handgelenksverletzung kämpft auch Österreichs ehemalige Nummer eins Dominic Thiem, der deshalb seine ursprüngliche Nennung in Wimbledon wieder zurückzog. Der heimische Tennisverband ist daher nur durch Dennis Novak vertreten.

Der Niederösterreicher hat als einziger von sieben rot-weiß-roten Vertretern bei Damen und Herren die Qualifikation überstanden. Bei den Damen schieden Barbara Haas und Julia Grabher in der ersten Qualirunde ohne Satzgewinn aus. Novak steht in Wimbledon zum vierten Mal hintereinander im Hauptbewerb, er wird dabei, so wie alle anderen Teilnehmer und Zuschauer, eine Premiere erleben.

Erstmals wird an der Church Road am „Middle Sunday“, dem Sonntag der ersten Turnierwoche, regulär gespielt. Bisher blieb dieser Tag frei und wurde nur genutzt, falls es zuvor wegen Regenunterbrechungen zu Verzögerungen gekommen war. Damit soll der „Manic Monday“, an dem bisher alle Achtelfinale stattfanden, entzerrt werden. Man wolle mehr Menschen die Möglichkeit geben, das Turnier zu besuchen, heißt es in der offiziellen Begründung – was natürlich auch höhere Einnahmen bedeutet.