Irene Fuhrmann (ÖFB)
ÖFB/Christopher Glanzl
Fußball-EM

Fuhrmann setzt in England auf Mut

Zum zweiten Mal starten Österreichs Fußballerinnen am Mittwoch (21.00 Uhr, live in ORF1) in eine Europameisterschaft. Dabei wird dem ÖFB-Team sogar die Ehre zuteil, das Turnier gegen die Gastgeberinnen aus England vor 75.000 Zuschauern im ausverkauften Old Trafford zu eröffnen. Atmosphärisch wird es ein Highlight, sportlich eine Herausforderung. „Sie sind klarer Favorit, wir haben deshalb aber nicht die Hosen voll“, erklärte Teamchefin Irene Fuhrmann im Vorfeld des Auftaktspiels. Die ÖFB-Frontfrau setzt in England auf Mut.

Die Statistik spricht klar für die „Lionesses“: Sieben Siege in sieben Spielen gegen Österreich stehen zu Buche. Zuletzt blieb man 14 Partien in Folge ungeschlagen und erzielte dabei 84:3-Tore. Die von Sarina Wiegman, der Erfolgstrainerin der Niederlande beim Heimtitel 2017, trainierten Engländerinnen wollen ihre Mission entsprechend starten. In der Vorbereitung bezwang man den Titelverteidiger mit 5:1.

„Wir müssen uns darauf einstellen, dass England das Spiel dominieren wird“, ist sich Fuhrmann bewusst. Gleichzeitig hält sie aber wenig davon, sich als Nummer 21 der Welt gegen die Nummer acht einzuigeln. „Wir wollen sehr mutig auftreten“, betonte die 41-Jährige am Dienstag bei der Abschlusspressekonferenz. Alles andere als ein Auftaktsieg der Gastgeberinnen wäre aber freilich eine Sensation.

Teamchefin Fuhrmann im ORF-Interview

Österreichs Frauen-Nationalteam spekuliert am Mittwoch im EM-Eröffnungsspiel gegen Gastgeber England mit einer Sensation. Vor Kurzem haben die Österreicherinnen das Abschlusstraining beendet. Teamchefin Irene Fuhrmann im Gespräch mit Roland Hönig in Manchester.

„Wir müssen eine hohe Intensität im Spiel gegen den Ball an den Tag legen, kompakt und geschlossen agieren“, erklärte Fuhrmann vorab. Im Spiel nach vorne hofft Fuhrmann auf Parallelen zum bisher letzten Aufeinandertreffen, als man im vergangenen Herbst in der WM-Qualifikation in Sunderland „nur“ mit 0:1 unterlegen war. „Diese Partie hat gezeigt, dass es uns möglich ist, in stabilen Ballbesitz und vereinzelt zu Nadelstichen zu kommen. Das nehmen wir uns auch vor.“

Fotostrecke mit 5 Bildern

Eindrücke vom Auftaktspiel der Frauen-EM 2022
ORF.at/Bernhard Kastler
Eine der größten Fußballbühnen der Welt wird am Mittwoch zum Schauplatz des EM-Eröffnungsspiels der Frauen
Eindrücke vom Auftaktspiel der Frauen-EM 2022
ORF.at/Bernhard Kastler
Im Old-Trafford-Stadion, auch bekannt als „Theatre of Dreams“, werden vor 75.000 Zuschauern Mädchenträume wahr
Eindrücke vom Auftaktspiel der Frauen-EM 2022
ORF.at/Bernhard Kastler
ÖFB-Kapitänin Viktoria Schnaderbeck gab bei der Pressekonferenz bekannt, dass sie für dieses Highlight einsatzbereit ist
Eindrücke vom Auftaktspiel der Frauen-EM 2022
ORF.at/Bernhard Kastler
Vor dem Abschlusstraining der Österreicherinnen schwor Teamchefin Fuhrmann das Team ein
Eindrücke vom Auftaktspiel der Frauen-EM 2022
ORF.at/Bernhard Kastler
Die „Lionesses“ gehören zu den Favoritinnen auf den Titel, zumindest das mediale Interesse in England ist enorm

Spielerinnen ziehen selbstbewusst mit

Ihre Spielerinnen ziehen inhaltlich mit, abwarten und Tee trinken ist auch in England kein passendes Motto. „Es wird nicht nur auf die Abwehr ankommen. Wenn die Stürmerin richtig anpresst, die Mittelfeldkette gut agiert, hat die Abwehrreihe weniger zu tun und ich erst recht“, meinte etwa Torfrau Manuela Zinsberger. Auch Kapitänin Viktoria Schnaderbeck hob das gewachsene Selbstvertrauen hervor: „Wir haben hohe Ansprüche und wollen das Maximale rausholen.“

Maximal wird die Zuschauerkulisse sein, denn das Stadion ist seit Monaten ausverkauft. Das soll weniger hemmen, als vielmehr beflügeln. „Es wird natürlich ein Stück weit lauter sein, aber vielleicht kann uns das auch einen Push geben. Wir wissen, dass wir vielleicht nie wieder vor 75.000 Zuschauern spielen“, betonte Stürmerin Nicole Billa. Verteidigerin Carina Wenninger fügte an: „Ganz Europa schaut auf das Spiel. Je länger das Ergebnis für uns passt, umso mehr muss England was machen. Das ist keine schlechte Ausgangslage.“

Schnaderbeck rechtzeitig fit

Fuhrmann kann gegen die Gastgeberinnen auf die „Einsergarnitur“ zurückgreifen, auch Kapitänin Schnaderbeck meldete sich rechtzeitig fit, könnte aber hinsichtlich der für den Aufstieg wichtigeren Spiele gegen Nordirland (11. Juli) und Norwegen (15. Juli) geschont werden. Zumal sich in der Innenverteidigung mit Marina Georgieva und Celina Degen gleich zwei Alternativen hervorgetan haben. Was wiederum für eine Fünferkette zumindest im Spiel gegen den Ball sprechen würde. Das wurde im ersten EM-Testspiel gegen Dänemark (1:2) geprobt.

Fußball-EM, Gruppe A

Beginn 21.00 Uhr (live in ORF1)

England – Österreich

Old Trafford Stadium, SR Huerta De Aza/ESP

Mögliche Aufstellungen:

England: Earps – Daly, Bright, Greenwood, Stokes – Williamson, Walsh – Mead, Kirby, Hemp – England

Österreich: Zinsberger – Wienroither, Schnaderbeck, Georgieva, Wenninger, Hanshaw – Dunst, Zadrazil, Puntigam, Naschenweng – Billa

Bei England ist offen, welche Rolle Rekordtorschützin Ellen White nach ihrer Coronavirus-Erkrankung sowie die ebenfalls krank gewesene Rechtsverteidigerin Lucy Bronze spielen werden. „Die Tiefe unseres Kaders ist eine unserer Stärken. Wir haben eine gute Ausgangslage, alle 23 können jede Partie positiv beeinflussen“, so Wiegman. Das weiß auch Schnaderbeck, die wie Fuhrmann die enorme Wucht und Dynamik Englands hervorstrich.

England zollt Österreich Respekt

Auch Wiegman zollte ihren Kontrahentinnen vorab Respekt: „Sie haben ein sehr gutes Kollektiv, einen starken Zusammenhalt, sind gut organisiert und physisch stark. Ich erwarte daher ein hartes Match.“ Gleichzeitig kehrte sie aber auch die Stärken ihres Teams hervor. „Wenn wir unsere beste Leistung abrufen, werden wir öfter den Ball haben und das Spiel dominieren.“ Ihre Kapitänin Leah Williamson fügte an: „Es wird ein interessantes Spiel, weil wir nach dem jüngsten Duell so viel übereinander wissen.“ Zusatz: „Ich glaube, dass es in der Gruppe heikler ist, als die Leute glauben.“

Während der Pressekonferenzraum von Manchester United für den letzten Medientermin vor EM-Start für die Gastgeberinnen zu klein geriet, merkt man in Manchester noch nichts von einer „Europhorie“. Zwar säumen Banner das Straßenbild der früheren Industriestadt, aber am Tag vor dem Auftakt muss in der hiesigen Tageszeitung noch nach entsprechenden Berichten gesucht werden. Die Unterstützung von den Rängen wird den „Lionesses“ aber gewiss sein. „Ein großer Vorteil“, wie Zinsbergers Arsenal-Teamkollegin Williamson festhielt.

Gastgeber in Auftaktspielen ungeschlagen

Die Erwartungshaltung ist dabei das eine, die Umsetzung auf dem Feld das andere. „Wir sind keine Roboter, wir haben auch Nerven“, merkte Williamson an. Die Statistik sollte beruhigend wirken, denn seit der Einführung der EM-Gruppenphase 1997 hat noch kein Gastgeber ein Eröffnungsspiel verloren. Verloren hat Österreich übrigens bei einer EM auch noch nie nach 90 Minuten, denn beim sensationellen Halbfinal-Einzug vor fünf Jahren kam erst im Elfmeterschießen das Aus.