Pennyhill-Park-Hotel
ÖFB/Christopher Glanzl
Fußball-EM

„Hogwarts“ als Wohlfühloase für ÖFB-Team

Das österreichische Nationalteam hofft, bei der Fußballeuropameisterschaft am Montag (18.00 Uhr, live in ORF1) gegen Nordirland sein erstes Tor bei dieser Endrunde zu erzielen. Unabhängig davon wurde zumindest schon ein Volltreffer gelandet: Der Pennyhill Park als Teamquartier, in dem vor einem Jahr auch Englands Herren gehaust haben, lässt keine Wünsche offen. Ihr „Hogwarts“ bietet den Österreicherinnen perfekte Bedingungen.

Einige Teamspielerinnen hatten den Vergleich mit dem fiktiven Internat der Romanfigur Harry Potter gezogen. „Das ganze Hotel ist ein wenig wie ‚Hogwarts‘“, meinte etwa Sarah Zadrazil. Ähnlich äußerten sich auch Manuela Zinsberger und Laura Feiersinger. Das Luxushotel, das rund 40 Kilometer südwestlich von London und abgeschieden inmitten einer 50 Hektar großen Parklandschaft in Bagshot liegt, beschrieb Kapitänin Viktoria Schnaderbeck als „märchenhaft“.

Tatsächlich hat sich der Österreichische Fußballbund (ÖFB) nicht lumpen lassen und dem Team eine Wohlfühloase für die Endrunde ermöglicht. Zumal die Vorschläge des Kontinentalverbandes (UEFA) Teamchefin Irene Fuhrmann und ihren Staff nicht verzauberten. „In der Sekunde, in der wir uns das hier angesehen haben, wollten wir es“, berichtete Sportdirektor Peter Schöttel. Billig war das nicht, „es hat ein paar Gespräche mit den Geschäftsführern gebraucht“, so Schöttel. „Aber wir wollten den Frauen dasselbe Set-up wie den Herren bieten.“ ORF.at konnte sich bei einem Lokalaugenschein davon überzeugen.

ÖFB-Teamtraining in London
APA/Georg Hochmuth
Englands Rugby- und Fußballherren haben hier schon trainiert, nun sind Österreichs Kickerinnen dran

Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen

Bagshot ist dort, wo sich sprichwörtlich Fuchs und Hase gute Nacht sagen – in der Realität ist es zumindest eine Begegnungszone. Denn seit Österreichs rund 50-köpfige Delegation ihr Quartier für ihre zweite EM-Endrunde bezogen hat, wurden hier schon mehrere Füchse gesichtet. Wer sich öffentlich seinen Weg bahnt, fährt etwa mit der South Western Railway eine Stunde aus dem Zentrum Londons nach Ascot. Dort ist nicht nur die bekannte Pferderennbahn beheimatet, am kleinen, feinen Bahnhof lässt es sich auch problemlos in einen leeren Bus umsteigen, der einen vor die „Haustür“ bringt. Das Schild räumt alle Zweifel aus: Man ist im Pennyhill Park angekommen.

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Eindrücke vom Pennyhill-Park-Gelände
ORF.at/Bernhard Kastler
Der Pennyhill Park liegt rund 40 Kilometer südwestlich von London und beherbergt während der EM das ÖFB-Team
Eindrücke vom Pennyhill-Park-Gelände
ORF.at/Bernhard Kastler
Hier trainiert auch das englische Rugby-Nationalteam, den Fitnessraum nützen dieser Tage Schnaderbeck und Co.
Eindrücke vom Pennyhill-Park-Gelände
ORF.at/Bernhard Kastler
Es grünt so grün: Der Rasen auf dem Trainingsplatz lässt tagtäglich gepflegten Fußball zu
Eindrücke vom Pennyhill-Park-Gelände
ORF.at/Bernhard Kastler
Hier sind die 23 Spielerinnen sowie die ähnlich vielen Betreuer untergebracht, getrennt von den Urlauberinnen …
Eindrücke vom Pennyhill-Park-Gelände
ORF.at/Bernhard Kastler
… die es sich am Pool gut gehen lassen. Wer mag, eine Nacht Ende Juli kostet ab 500 Euro aufwärts.

Der Lärm der Straße flaut alsbald ab, und wenn nicht gerade auf der Anlage Tontauben geschossen werden, wird es richtig ruhig. Zwischen den Büschen blitzt bald das Logo des englischen Rugby-Nationalteams durch, das hier trainiert. Vor einem Jahr war es für Harry Kane und seine englischen Fußballerkollegen das EM-Basislager, und schon viele andere Topteams haben sich hier vorbereitet. An diesem Freitag sind es aber die Österreicherinnen, die sich auf den nächsten EM-Gegner Nordirland gezielt vorbereiten. Nicht alle sind auf dem satten Grün, Schnaderbeck schont etwa ihr Knie und radelt auf einer Anhöhe.

Der kurze Weg war das Ziel

Der Weg zum Training war kein weiter, ist fußläufig in nur wenigen Minuten zu erreichen. Da werden Erinnerungen ans niederländische Wageningen wach, das vor fünf Jahren als Fundament für den Einzug ins Halbfinale diente. Auch dort ging es nur wenige Minuten durch ein Waldstück. Für Fuhrmann, damals Assistentin von Teamchef Dominik Thalhammer, ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl des Quartiers, für Zinsberger sogar ein „Life-Saver“ („Lebensretter“, Anm.).

„Wenn du weißt, dass du in Manchester, Southampton und Brighton spielst und eh Reisestrapazen hast, ist es unglaublich wichtig, dass du eine Wohlfühloase hast und zu Fuß vom Hotel zum Platz gehen kannst“, sagte die Torfrau. Das unterschreiben alle. „Wir fühlen uns wirklich sehr wohl“, so der Tenor. Spazieren, schwimmen, radeln oder einen Kaffee genießen – das alles sei hier möglich. Die umliegende Natur biete zudem die Möglichkeit, den Kopf frei zu bekommen.

Eindrücke vom Pennyhill-Park-Gelände
ORF.at/Bernhard Kastler
In wenigen Minuten erreichen die Österreicherinnen nach dem Training wieder das Hotel

Das Fitnessstudio gehört den Fußballerinnen dieser Tage exklusiv, es gibt einen eigenen Wellnessbereich und Rückzugsmöglichkeiten. Von den Urlaubern, die es sich hier für mehrere hundert Pfund pro Nacht gut gehen lassen, ist man abgeschnitten. Zudem steht eine Kunstrasenhalle zur Verfügung, in dieser wird auch analysiert, am Samstag etwa das verlorene Spiel gegen England (0:1). Wenn Sarah Puntigam das Gegentor sieht, wird sie sich denken, was sie den Journalisten tags zuvor erklärte. „Den Treffer nehme ich auf meine Kappe, ich hätte den Ball besser weiterspielen müssen, dann wäre es nicht dazu gekommen.“ Die Rekordteamspielerin sprach von jenem Ballverlust, den die „Lionesses“ eiskalt ausnützten. Die Emotionen rund um das Eröffnungsspiel konnte man hier in Ruhe verarbeiten.

„Respekt an den Verband“

In den Tagen zwischen den Partien bleibt dann auch Zeit, andere Dinge abzuklären. Katharina Naschenweng ist etwa nicht verwandt mit der Sängerin Melissa, auch wenn sie beide aus Kärnten stammen. Die Haut von Laura Wienroither zieren unterdessen rund zwölf Tattoos, deren Motive vor allem ihre Verbundenheit zu ihrer Heimat Frankenburg in Oberösterreich dokumentieren. Und die frischverheiratete Mittelfeldspielerin Puntigam, die quasi „Honeymoon in Hogwarts“ verbringt, schwärmt von den außergewöhnlich „gemütlichen Betten“.

Die Fußballerinnen nehmen das nicht als selbstverständlich hin und erwidern die Wertschätzung. „Respekt an den Verband, dass sie uns das ermöglicht haben“, sagte Arsenal-Legionärin Wienroither. Carina Wenninger meint, „man hätte es nicht besser erwischen können“. Und Schnaderbeck fügte an: „Das ist vielleicht ein kleiner Vorteil für uns, den andere Teams nicht haben. Den wollen wir auch nützen.“

Gekommen, um zu bleiben

Das Team will mit guten Leistungen etwas zurückzahlen. Nach dem 0:1 gegen England in Manchester, wo man sich teuer verkaufte, geht es am Montag in Southampton gegen Nordirland. Alles andere als ein Sieg wäre gegen den EM-Neuling, der Norwegen einen Tag später zum Auftakt mit 1:4 unterlegen war, eine riesige Enttäuschung im Kampf um den erhofften Viertelfinal-Einzug. Druck verspüre man keinen, aber „wir brennen darauf, die ersten Punkte zu holen“, versprach Puntigam. Österreich ist in den Pennyhill Park gekommen, um länger zu bleiben.