Jubel von Hugo Houle
Reuters/Christian Hartmann
Tour de France

Ausreißer gewinnt für seinen toten Bruder

Der Kanadier Hugo Houle ist am Dienstag über sich hinausgewachsen. Der 31-Jährige gewann die 16. Etappe der Tour de France und erfüllte sich damit einen langjährigen Traum. Er gewann für Pierrick Houle, mit dem er früher als Triathlet unterwegs war. Sein Bruder war 2012 beim Lauftraining von einem betrunkenen Autofahrer angefahren und getötet worden.

Schon in der vergangenen Saison war Houle bei der Tour de France auf der zehnten Etappe als Ausreißer unterwegs. Damals wurde er wieder eingeholt und später als kämpferischster Fahrer der Etappe ausgezeichnet. „Der Preis für den kämpferischsten Fahrer ist schön, aber mein Ziel ist eigentlich, eine Etappe für meinen Bruder zu gewinnen“, hatte Houle damals gesagt. Diesmal wurde sein Einsatz mit dem Etappensieg belohnt.

Der Profi vom Israel-Team gewann die erste Pyrenäen-Etappe über 178,5 Kilometer von Carcassone nach Foix als Solist nach langer Alleinfahrt und insgesamt zwei Bergen der ersten Kategorie 1:10 Minuten vor dem Franzosen Valentin Madouas (FDJ), zeitgleich Dritter wurde Houles Landsmann und Israel-Teamkollege Michael Woods. Houle sorgte zugleich für den ersten Erfolg eines Kanadiers bei der Tour de France seit 34 Jahren – 1988 gewann Steven Bauer die erste Etappe.

Etappensieg von Hugo Houle

Die erste Pyrenäen-Etappe der Tour de France endete überraschend mit dem Sieg des Kanadiers Hugo Houle.

Houle war tief berührt. „Ich hatte einen Traum, eine Etappe für meinen toten Bruder zu gewinnen. Das ist für ihn, darauf habe ich Jahre gewartet. Es bedeutet mir viel“, sagte er. „Ich habe noch nie ein Rennen gewonnen, es ist der perfekte Ort für einen Sieg.“

Aber vor allem war es für ihn eine Herzensangelegenheit mit großem symbolischem Wert. Als Kinder hatten er und sein jüngerer Bruder jedes Jahr die Tour verfolgt, jeden Tag. „Wir haben den Sommer zusammen damit verbracht, uns die Tour de France anzuschauen“, hatte Houle vor dem Tour-Start erzählt. „Als wir jünger waren, lebten wir in einem kleinen Dorf, und es gab nicht viel zu tun, aber wir waren glücklich, als die Tour begann.“

Vingegaard weiter in Gelb

Das Gelbe Trikot verteidigte der Däne Jonas Vingegaard erfolgreich. Der 25-Jährige vom Jumbo-Visma-Team kam unmittelbar vor Tadej Pogacar mit 5:54 Minuten Rückstand auf Houle als 15. ins Ziel und liegt insgesamt weiter 2:22 Minuten vor dem slowenischen Titelverteidiger, der mit einigen Attacken erfolglos blieb. Bester Österreicher bleibt Bora-Profi Patrick Konrad als 18. (+34:03). Die Etappe beendete der Niederösterreicher mit 8:41 Minuten Rückstand auf dem 34. Platz.

Doch im Duell um Gelb verlieren die Stars der Szene zunehmend ihre wichtigsten Trümpfe. Nachdem Vingegaard am Sonntag die beiden Edelhelfer Primoz Roglic und Steven Kruijswijk verloren hatte, droht Pogacar nun der Verlust von Marc Soler. Der Spanier musste sich während der Etappe übergeben, suchte mehrmals den Tour-Arzt auf und kämpfte sich kurz vor dem Besenwagen die Berge hinauf.

Zum Showdown kommt es in den nächsten Tagen. Am Mittwoch wird die Tour mit der vierten Bergankunft fortgesetzt, wenn das Ziel der 17. Etappe in Peyragudes in 1.580 Meter Höhe liegt. Einen Tag später folgt eine weitere Bergankunft in Hautacam.

109. Tour de France

16. Etappe

Carcassonne - Foix (178,5 km):
1. Hugo Houle CAN 4:23:47
2. Valentin Madouas FRA + 1:10
3. Michael Woods CAN -"-
4. Matteo Jorgenson USA 1:12
5. Michael Storer AUS 1:25
6. Aleksander Wlasov RUS 1:40
7. Dylan Teuns NED -"-
8. Simon Geschke GER 2:11
9. Mathieu Burgaudeau FRA 5:04
10. Damiano Caruso GBR -"-
15. Jonas Vingegaard DEN 5:54
16. Tadej Pogacar SLO -"-
34. Patrick Konrad AUT 8:41
39. Gregor Mühlberger AUT 14:03
52. Felix Großschartner AUT 19:29
58. Sebastian Schönberger AUT 20:45
121. Marco Haller AUT 31:21

Gesamtwertung

Stand nach 16 von 21 Etappen:
1. Jonas Vingegaard DEN 64:28:09
2. Tadej Pogacar SLO + 2:22
3. Geraint Thomas GBR 2:43
4. Nairo Quintana COL 4:15
5. David Gaudu FRA 4:24
6. Adam Yates GBR 5:28
7. Louis Meintjes RSA 5:46
8. Aleksander Wlasow RUS 6:18
9. Romain Bardet FRA 6:37
10. Thomas Pidcock GBR 10:11
18. Patrick Konrad AUT 34:03
42. Gregor Mühlberger AUT 1:34:29
43. Sebastian Schönberger AUT 1:34:57
58. Felix Großschartner AUT 2:04:06
86. Marco Haller AUT 2:40:48
Ausgeschieden: Michael Gogl (AUT)

Etappenplan 2022

01.07. 1. Etappe Kopenhagen - Kopenhagen (13,2 km/EZF)
02.07. 2. Etappe Roskilde - Nyborg (202 km)
03.07. 3. Etappe Vejle - Sönderborg (182 km)
04.07. 1. Ruhetag
05.07. 4. Etappe Dünkirchen - Calais (172 km)
06.07 5. Etappe Lille - Arenberg (157 km)
07.07. 6. Etappe Binche - Longwy (220 km)
08.07. 7. Etappe Tomblaine - Planche des Belles Filles (176 km/BAK)
09.07. 8. Etappe Dole - Lausanne (186 km)
10.07. 9. Etappe Aigle - Chatel les Portes du Soleil (193 km)
11.07. 2. Ruhetag
12.07 10. Etappe Morzine - Megeve (148 km)
13.07. 11. Etappe Albertville - Col de Granon (152 km/BAK)
14.07. 12. Etappe Briancon - Alpe d'Huez (166 km/BAK)
15.07. 13. Etappe Le Bourg-d'Oisans - Saint-Etienne (193 km)
16.07. 14. Etappe Saint-Etienne - Mende (192 km)
17.07. 15. Etappe Rodez - Carcassonne (202 km)
18.07. 3. Ruhetag
19.07. 16. Etappe Carcassonne - Foix (179 km)
20.07. 17. Etappe Saint-Gaudens - Peyragudes (130 km/BAK)
21.07. 18. Etappe Lourdes - Hautacam (143 km/BAK)
22.07. 19. Etappe Castelnau-Magnoac - Cahors (189 km)
23.07 20. Etappe Lacapelle-Marival - Rocamadour (40,7 km/EZF)
24.07. 21. Etappe Paris - Paris Champs-Elysees (116 km)

BAK = Bergankunft
EZF = Einzelzeitfahren

Gesamtlänge: 3.350 km