ÖFB-Abschluss-Training
APA/Georg Hochmuth
Fußball-EM

ÖFB-Team traut sich gegen Deutsche alles zu

Bei der zweiten Teilnahme an einer Fußball-EM bestreitet Österreichs Nationalteam zum zweiten Mal ein Viertelfinal-Spiel. Am Donnerstag (21.00 Uhr, live in ORF1) geht es noch dazu im Prestigeduell gegen Deutschland. Das ÖFB-Team fühlt sich in der Außenseiterrolle wohl und traut sich gegen den Rekordeuropameister alles zu. „Wir haben gesehen, was möglich ist“, so ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann vor dem mit Spannung erwarteten Spiel.

Ihr Gegenüber Martina Voss-Tecklenburg brachte es auf den Punkt: „Es ist ein Spiel, das elektrisiert, auf das alle Lust haben.“ Kein Wunder, gab es das Duell doch erst zweimal, und das in aller Freundschaft. 2016 (4:2) und 2018 (3:1) setzte sich das DFB-Team durch, nun kommt es zu einem Showdown in einem Pflichtspiel auf großer EM-Bühne. Im eher kleinen Brentford Community Stadium mit einer Publikumskapazität von 17.000 matchen sich im Westen Londons Clubkolleginnen, stehen doch 33 der 46 Spielerinnen in Deutschland unter Vertrag.

Die Freundschaften werden für 90, 120 oder mehr Minuten ruhend gestellt. Beide Teams kommen mit Selbstbewusstsein in dieses K.-o.-Spiel, auch Österreich versteckt sich keineswegs in der Rolle des Außenseiters. „Chancenlos ist man nie, es gibt immer schöne Geschichten, die der Fußball schreibt“, sagte Fuhrmann im Vorfeld. Bereits vor fünf Jahren schaffte man es bei der Premiere ins Halbfinale. „Wenn wir so eine Performance wie zuletzt abliefern, wird es definitiv nicht einfach für Deutschland“, sagte Goalie Manuela Zinsberger.

Österreich hofft auf Sensation

Am Donnerstag trifft Österreich bei der EM auf Deutschland. Das ÖFB-Team hofft, Deutschland bezwingen zu können. Das Duell wird im Brentford Community Stadium stattfinden.

Mit neun Punkten und 9:0 Toren hat Deutschland als Sieger der Gruppe B die Favoritenrolle angenommen. Fuhrmann („Das wird eine Mammutaufgabe") erwartet einen Gegner, der gleich das Kommando übernehmen will. “Wir müssen uns darauf gefasst machen, dass sie gleich von der ersten Minute an zeigen wollen, dass sie Titelanwärter sind.“ Deutschland spielt zudem hier schons sein drittes Spiel.

TV-Hinweis

Der ORF überträgt das Viertelfinale Österreich – Deutschland (Donnerstag, 21.00 Uhr) live in ORF1 und im Livestream. Die Vorberichterstattung startet bereits um 18.00 Uhr mit der Sendung „Heimspiel“ – mehr dazu in tv.ORF.at.

„Wir haben nichts zu verlieren“

Die Wienerin unterstrich, was es gegen den „physischen Gegner, der kaum eine Schwäche aufweist“, benötigt. „Wir brauchen wieder eine Leistung am absoluten Limit und eine sehr konzentrierte Leistung in allen Spielphasen. Es wird auch wichtig sein, dass wir uns etwas zutrauen. Haltung, Körpersprache und Einstellung sind wichtig. In einem K.-o.-Spiel ist alles möglich“, sagte die 41-Jährige, die auf der selbstbewussten Vorstellung gegen Norwegen (1:0) aufbauen kann.

„Wir haben nichts zu verlieren. Es geht in einem K.-o.-Spiel auch um die Nerven, da sind sie mehr gefordert, weil sie gewinnen müssen“, verlautete Fuhrmann. Deutschland scheiterte bei der EM 2017 als auch bei der WM 2019 jeweils bereits im Viertelfinale.

Selbstbewusster Außenseiter

Österreich kam bekanntlich vor fünf Jahren ins Halbfinale, unterschätzt wird man wohl nicht. „Wir werden nicht mehr auf die leichte Schulter genommen, haben uns aber auch klar weiterentwickelt. Wir sind mutig geworden, trauen uns mit dem Ball mehr zu, und haben die Stärken, die uns 2017 ausgezeichnet haben, nicht verloren“, so die Teamchefin.

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Fuhrmann und ihr Team gehen selbstbewusst in das Prestigeduell gegen Rekordeuropameister Deutschland

In der Rolle des Underdogs gefällt sich Österreich zudem sehr gut. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder dadurch ausgezeichnet, dass wir Mannschaften vor Herausforderungen stellen. Das werden wir auch am Freitag versuchen. Gegen England (0:1) und Norwegen haben wir es phasenweise gut geschafft, die Gegner weit weg zu halten von unserem Sechzehner, dann auch gut verteidigt.“

Defensive und Teamgeist als Trumpf

Deutschland wird allerdings mehr auf den Rasen zaubern, als es die nach dem 0:8 gegen England gebeutelten Norwegerinnen getan haben. Die deutsche Offensive um Kapitänin Alexandra Popp wird Österreichs Defensive, in der Kapitänin Viktoria Schnaderbeck wegen Knieproblemen einmal mehr fraglich ist, vor Herausforderung stellen. Auf der anderen Seite hat das ÖFB-Team in insgesamt acht EM-Spielen auch erst zwei Tore kassiert. „Wir haben auch eine hohe Qualität in der Defensive. Das beweisen wir jetzt schon zum zweiten Mal in einem Turnier. Das ist eine große Stärke von uns“, betonte Carina Wenninger.

Fußball-EM, Viertelfinale

Beginn 21.00 Uhr (live in ORF1 und im Livestream)

Deutschland – Österreich

London, Brentford Community Stadium, SR Welch (ENG)

Deutschland: Frohms – Gwinn, Hendrich, Hegering, Rauch – Oberdorf, Däbritz, Magull – Huth, Popp, Bühl

Österreich: Zinsberger – Wienroither, Wenninger, Schnaderbeck, Hanshaw – Zadrazil, Puntigam, Feiersinger – Hickelsberger-Füller, Billa, Dunst

Die Rekordspielerin von Bayern München, die nach der Saison leihweise zur AS Roma wechselt, kennt viele Gegnerinnen und sieht das auch als Vorteil im direkten Duell. Die bisherigen Begegnungen gelten dabei nicht als Maßstab. „Ich denke da wenig daran, wir haben uns als Mannschaft sehr stark entwickelt“, sagte Wenninger. Emotional ist die Vorfreude auf diese besondere Partie groß. „Wir freuen uns mega. Bis vor Kurzem haben wir ihnen ja auch noch die Daumen gedrückt, aber damit ist es jetzt vorbei“, erzählte Wenninger mit einem Lächeln. Die Stimmung im ÖFB-Team ist wie immer positiv, die Vorfreude auf die Aufgabe überwiegt alles andere.

Österreich, das in der Gruppenphase von allen Teams die meisten Kilometer (344) abgespult hat, verspricht einmal mehr vollen Einsatz, was etwa auch gemeinsames Anlaufen im Pressing betrifft. „Wir haben gezeigt, dass wir nicht die Weltstars im Team brauchen, jede Spielerin lässt das letzte Hemd am Platz“, unterstrich Zinsberger. „Wir performen als Team unglaublich gut“, meinte auch Laufmaschine Sarah Zadrazil, die gegen Deutschland ihr 100. Länderspiel bestreiten wird. In dieses geht sie selbstbewusst. „Wir wollen mutig auftreten und das Spiel offen gestalten.“

Auf mögliches Elfmeterschießen vorbereitet

Zwei K.-o.-Spiele hat Österreich bei einer Europameisterschaft bereits absolviert, zweimal fiel die Entscheidung erst im Elfmeterschießen. 2017 bezwang man auf diese Weise Spanien, ehe gegen Dänemark das Aus kam. „Es ist nicht so unwahrscheinlich, dass es 0:0 ausgeht und in die Verlängerung geht“, meinte etwa auch Marina Georgieva, die als möglicher Schnaderbeck-Ersatz für die Startelf bereitsteht.

Das ÖFB-Team beim Training
ORF.at/Bernhard Kastler
Bei den Österreicherinnen herrschte wie im gesamten Turnier bisher eine lockere Stimmung

Auf ein mögliches Elfmeterschießen ist das ÖFB-Team vorbereitet. Da kommt auch Sportpsychologin Mirjam Wolf zum Zug. „Wir haben im letzten halben Jahr mit Elfmeterroutinen gearbeitet, den Spielerinnen gewisse Facts aufgezeigt. Jede hatte die Möglichkeit, das schon in den Verein mitzunehmen, jede handhabt das individuell, man kann nicht alle über einen Kamm scheren“, so Fuhrmann, die klar betonte: „Wir sind gerüstet.“ Deutschland übrigens auch. „Das gehört zum Auftrag, wenn man in ein Turnier geht“, verdeutlichte Voss-Tecklenburg.

Ganz Österreich drückt die Daumen

Zumindest 300 ÖFB-Fans werden im 17.000 Zuschauer fassenden Community Stadium, wo der Brentford FC – Spitzname „The Bees“ („Die Bienen“) – seine Premier-League-Heimspiele austrägt, dabei sein. Wohl aber mehr, weil man sich auch über die UEFA Karten sichern konnte. Auch in der Heimat fiebert man dem brisanten Duell entgegen, auf dem Wiener Rathausplatz wird beim Public Viewing mitgefiebert.

Fuhrmann nährt die Hoffnung der Fans auf eine Überraschung. „Es braucht eine Topleistung, aber wir glauben daran, Deutschland zu Fehlern zwingen zu können. Es braucht auch das Glück des Tüchtigen. Gegen England haben Zentimeter zur Sensation gefehlt, vielleicht haben wir nun das Glück.“ Österreich ist bereit für ein weiteres Erfolgskapitel in seiner EM-Geschichte, es wäre über jenes von 2017 zu stellen. Rekordspielerin Sarah Puntigam sagte, was sich viele denken: „Wir hoffen, dass wir Europa ein bisschen schocken können.“