DFB-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg während eines Trainings
GEPA/Ashley Western
Fußball-EM

Deutschland hat Wembley im Visier

Deutschland hat das Finale der Fußball-EM im legendären Wembley-Stadion im Visier – und vor dem Halbfinale gegen Frankreich am Mittwoch (21.00 Uhr, live in ORF1) in Milton Keynes auch viele Trümpfe in der Hand. Der achtfache Rekordchampion hatte nach dem mühevollen 2:0 gegen Österreich zwei Tage länger Pause als die Französinnen, die gegen Titelverteidiger Niederlande zudem Überstunden machen mussten. Neben der Fitness spricht die Erfahrung für die Deutschen, denn Frankreich war noch nie im Endspiel.

Zudem hat Deutschland noch nie in einem Pflichtspiel gegen „Les Bleues“, die zum ersten Mal in der Vorschlussrunde vertreten sind, verloren. 2005 (3:0) und 2009 (5:1) gab es klare Erfolge in der EM-Gruppenphase, 2011 ein 4:2 in der WM-Gruppenphase. Beim jüngsten Duell in einer Bewerbspartie setzte man sich im WM-Viertelfinale 2015 nach einem 1:1 erst im Elfmeterschießen mit 5:4 durch.

„Wir wissen, dass Frankreich enorme Qualität im Umschaltspiel und fantastische Einzelspielerinnen mit viel Tempo hat“, lobte DFB-Teamchefin Martina Voss-Tecklenburg. Ihr Team werde alles reinwerfen, um zu bestehen. „Ich bin überzeugt, dass Frankreich auch vor uns Respekt haben wird nach unserem Auftritt im Viertelfinale. Von dem her wird es wohl ein Spiel auf Augenhöhe werden“, so die 54-Jährige.

Deutschland trifft auf Frankreich

Im zweiten Halbfinale treffen Deutschland und Frankreich aufeinander. Das Spiel wird zum Duell der Gegensätze, denn während die Französinnen ihre Stärke in der Offensive haben, ist bei den Deutschen die Defensive Trumpf.

Der zweifache Weltmeister und Olympiasieger von 2016 hat noch immer keinen Gegentreffer kassiert, dabei elf Tore erzielt. „Wir haben eine Weltklassemannschaft, die zu vielem in der Lage ist. Und wir haben gezeigt, dass es schon viel braucht, gegen uns ein Tor zu schießen“, sagte DFB-Torfrau Merle Frohms. Bitter ist allerdings, dass mit Klara Bühl eine Offensivstütze ausfällt. Die 21-Jährige, die gegen Österreich den ersten Treffer vorbereitet hatte und „Spielerin des Spiels“ war, fehlt aufgrund eines positiven Coronavirustests.

Zuletzt enge Duelle

Eine enge Angelegenheit ist auch zu erwarten, wenn man auf die jüngsten Duelle in Testspielen blickt. Im Februar 2019 siegten die Deutschen in Laval 1:0, dafür behielten die Französinnen im Juni 2021 in Straßburg mit 1:0 die Oberhand. Das war auch der Auftakt eines starken Laufes, während dem es 17 Siege in den jüngsten 18 Länderspielen gab. Nur ein 1:1 im abschließenden Gruppenspiel im laufenden Turnier gegen Island war die Ausnahme.

„Ich bin sehr stolz auf das Team, es macht die Sache sehr gut und gibt absolut alles für den Erfolg“, sagte Trainerin Corinne Diacre. Da zahlreiche Routiniers in der Vergangenheit aussortiert worden waren, spielt von den „Alten“ nur noch Wendie Renard eine tragende Rolle. Die 32-Jährige ist im Frauenfußball so erfolgreich wie keine andere, wurde 15-mal französische Meisterin, neunmal Pokalsiegerin und achtmal Champions-League-Gewinnerin mit Olympique Lyon – zuletzt im Mai beim 3:1 gegen den FC Barcelona.

Die französische Teamspielerin Wendie Renard
AP/Cal Sport Media/Darren Staples
Frankreich setzt auch auf seine Starspielerin Wendie Renard

Herausragend ist die Innenverteidigerin aber auch wegen ihrer Körpergröße von 1,87 Meter. „Sie ist eine absolute Führungsspielerin. Wir müssen sie bei Standards gut verteidigen, weil sie ein gutes Kopfballspiel hat“, sagte DFB-Mittelfeldspielerin Sara Däbritz, die kommende Saison nach ihrem Wechsel von PSG auch bei Lyon tätig ist.

Renard ging bei der WM 2011, 2015 und 2019, der EM 2013 und 2017 und bei Olympia 2012 und 2016 mit Frankreich leer aus. „Die Vergangenheit ist Teil meiner Geschichte und auch der Auswahl. Es liegt an uns, das zu ändern“, betonte die auf Martinique geborene Verteidigerin.

Frankreich noch nie im Finale

Das wäre auch für Diacre wichtig, hatte die nach der EM 2017 angetretene 47-Jährige doch das Finale als Minimalziel angegeben. Diacre ist bekannt für ihre knallharte, oft auch sture Art. Das Verhältnis zu den Medien ist nicht das beste. In der französischen Öffentlichkeit gibt es zudem Kritik, da der zu defensive Spielstil moniert wird. Der Erfolg soll nun aber jener Frau, die ab 2014 als erste Frau in Europa mit dem französischen Zweitligisten Clermont Foot einen Männer-Club in den höchsten Ligen gecoacht hatte, recht geben.