Gina Lückenkemper (GER)
APA/AFP/Ina Fassbender
Leichtathletik-EM

100-m-Thriller krönt deutschen Feiertag

Die Leichtathletikbewerbe im Rahmen der European Championships in München haben am Dienstag einen Feiertag für Gastgeber Deutschland gebracht. Vor allem die 100 m der Damen waren aus deutscher Sicht die Krönung des Tages. Gina Lückenkemper fing zur Freude der Fans im Olympiastadion die Schweizer Hallenweltmeisterin Mujinga Kambundji noch ab und holte sich mit lediglich fünf Tausendstel Vorsprung Gold. Österreich spielte am zweiten Wettkampftag nur eine Nebenrolle.

Lückenkemper setzte sich vor über 40.000 Zuschauern in 10,99 Sekunden nach Zielfotoentscheid hauchdünn vor Kambundji und eine Hundertstel vor der Britin Neita Daryll als erste Deutsche seit Verena Sailer vor zwölf Jahren in Barcelona die Krone auf. Lückenkemper trug nicht nur die Goldene, sondern auch eine klaffende Wunde am linken Bein davon, nachdem sie kurz nach dem Zieldurchlauf zu Sturz gekommen war. Die Verletzung war der 25-Jährigen in der Stunde ihres größten Triumphes aber egal: „Ich merke gerade gar nichts, ich habe so viel Adrenalin.“

Für die zweite deutsche Goldene bei der Heim-EM sorgte Zehnkämpfer Niklas Kaul, der sich mit 76,05 m im Speerwurf und persönlicher Bestleistung von 4:10,04 Min. im abschließenden 1.500-m-Lauf vom siebenten noch auf den ersten Rang nach vor katapultierte und mit 8.545 Punkten nach dem WM-Titel 2019 seinen zweiten großen Erfolg feierte. Silber ging an den Schweizer Jungstar Simon Ehammer (8.468), der bis zur letzten Disziplin noch auf Goldkurs gelegen war. Janek Öiglane aus Estland sicherte sich Bronze (8.346).

Jacobs schlägt über 100 m zurück

Bei den Männern rehabilitierte sich 100-m-Olympiasieger Marcell Jacobs für sein verletzungsbedingtes Aus im Semifinale bei der Weltmeisterschaft heuer im US-amerikanischen Eugene. Der Italiener siegte in neuem EM-Rekord von 9,95 Sek. vor den beiden Briten Zharnel Hughes (9,99) und Jeremiah Azu (10,13) und bescherte seinem Heimatland damit die erste Goldmedaille über 100 m in der Geschichte von Europameisterschaften.

Lamont Marcell Jacobs (ITA)
AP/Martin Meissner
Ein wieder fitter Jacobs (Mi.) ließ die Konkurrenz so wie bei Olympia in Tokio wieder hinter sich

Der Weitsprung der Männer ging an den Griechen Miltiadis Tentoglou Miltiadis (8,52 m), das Diskuswerfen der Frauen zum sechsten Mal in ihrer Karriere bei einer EM an die Kroatin Sandra Perkovic (67,95 m), die die Deutsche Kristin Pudenz um acht Zentimeter auf Platz zwei verwies. Über 5.000 m setzte sich der Norweger Jakob Ingebrigtsen (13:21,13 Min.) durch. Die Titel über 35 km Gehen schnappten sich die Griechin Antigoni Ntrismpioti in 2:47:00 Stunden sowie Miguel Angel Lopez aus Spanien in 2:26:49 Stunden.

Walli für Semifinale zu müde

Für die österreichische Abordnung am Dienstag kam jeweils im Halbfinale das Aus. Susanne Walli scheiterte über 400 m ebenso in der Vorschlussrunde wie Sprinter Markus Fuchs über 100 m. Walli, die am Vorabend im Vorlauf in 51,73 Sekunden zweitbeste Karrierezeit gelaufen war, kam im dritten Halbfinal-Rennen als Siebente in 52,58 Sekunden ins Ziel, gesamt wurde die Oberösterreicherin damit 20. Bei der WM im Juli in Eugene war die 26-Jährige auf Rang 23 gelandet.

Die Zeit zwischen Vorlauf am Montagabend und Vorschlussrunde war Walli zu kurz, um topfit am Start zu stehen. Zwölf Athletinnen war die erste Runde ja erspart geblieben. „Ich war heute in der Früh schon müde von gestern, habe mich aber dann beim Aufwärmen ganz okay gefühlt. Der Lauf war jetzt kein Ausreißer nach oben, aber es passt“, sagte Walli im ORF-Interview.

Läuferin Susanne Walli
GEPA/Patrick Steiner
Für Walli (r.) war eine solide Leistung für den Einzug ins Finale zu wenig

Auf sie wartet nun am Donnerstag der Vorlauf über 200 m sowie am Freitag jener mit der 4-x-100-m-Staffel. „Ich bin bald hundert Vierhunderter gerannt und habe immer ein mulmiges Gefühl dabei, weil es wirklich zäh ist. Beim Zweihunderter ist das völlig anders, für mich ist das eine kurze Strecke, einfach zu genießen, darauf freue ich mich“, meinte Walli.

Fuchs von Stimmung überwältigt

Sprinter Fuchs, der fix in der Vorschlussrunde stand, wurde in seinem Rennen in der Zeit von 10,42 Sekunden Achter und Letzter, Bester war der Brite Zharnel Hughes in 10,03. Nur die Top Zwei der drei Halbfinali und die weiteren zwei Zeitschnellsten kamen in den Endlauf. „Ich muss das Ganze erstmal realisieren, was da gerade abgegangen ist. Auch wenn ich jetzt mein Semifinale ein bisschen verkackt habe, so eine Atmosphäre wie hier habe ich in meinem ganzen Leben noch nie erlebt. Ich find es einfach unglaublich geil, hier im Semifinale zu stehen“, sagte Fuchs nach seinem Rennen.

Es sei schade, denn er habe sich beim Warm-up richtig geil gefühlt. Er wisse, dass er das besser könne. „Es ist einfach zu schnell gegangen, dass ich jetzt wirklich was sagen kann. Ich habe es nicht einmal mitbekommen. Bis 50 oder 60 m war es gut, dann bin ich ein bisschen fest geworden und habe leichte Krämpfe bekommen. Es war einfach zu viel Energie“, meinte der 26-Jährige.