AC Milan Spieler jubeln
Reuters/Daniele Mascolo
Champions League

Weltclub Milan ist wiedererstarkt

Zum Auftakt der Gruppenphase in der UEFA Champions League ist einmal mehr ein Weltclub am Dienstag (21.00 Uhr) in Salzburg zu Gast. Dieser trägt den klingenden Namen AC Milan, der siebenmal die Königsklasse für sich entscheiden konnte und damit in der Bestenliste hinter Real Madrid (14) Rang zwei belegt. Die jüngere Vergangenheit war für den Club schwierig, doch die „Rossoneri“ (die Rot-Schwarzen) erfuhren eine Renaissance.

Elf lange Jahre mussten die Fans auf die 19. Meisterschaft warten, in diesem Jahr kehrte Milan auf den Thron der Serie A zurück und holte erstmals seit 2011 den „Scudetto“ (kleiner Schild). Überhaupt feierte man erst zum dritten Mal in diesem Jahrtausend den Gewinn dieses Titels, während man alleine noch in den 1990er Jahren gleich fünfmal die Meisterschaft einsacken konnte. Dass in den vergangenen Jahren solche Erfolge ausblieben, lag nicht nur an Serienchampion Juventus Turin, auch harmonierte wenig auf dem und abseits des Platzes.

In dieser Phase spielte Milan eine Nebenrolle im italienischen und europäischen Fußball, Tiefpunkt war Platz zehn in der Saison 2014/15. Besser wurde es erst wieder in diesem Jahrzehnt, auch nachdem Milans Rekordspieler Paolo Maldini letztlich als Technischer Direktor zurückkehrte. 2019 heuerte dann Stefano Pioli als Trainer an. Nach Anlaufschwierigkeiten führten beide die „Rossoneri“ zurück auf den Erfolgsweg. Nach dem Ligatitel will man auch in der Königsklasse wieder reüssieren – die größten Erfolge liegen schon etwas zurück.

Champions League: Milan zu Gast in Salzburg

Der siebenfache Meistercup-Sieger ist auch regierender italienischer Meister – und damit gegen den österreichischen Serienmeister ganz klarer Favorit.

Wer an Milan denkt, hat vor allem die Jahre rund um 1990 im Kopf. Damals galt man als das Nonplusultra im Weltfußball. „Da waren sie eine Weltklassemannschaft, der italienische Fußball war ganz groß in Europa, vor allem Milan hatte die Topstars schlechthin“, erinnerte sich der heute 36-jährige Salzburg-Kapitän Andreas Ulmer. Er selbst war zwar laut eigenen Angaben kein Fan, aber zu dieser Zeit gab es im internationalen Weltfußball kein Vorbeikommen an den „Rossoneri“.

„Unsterbliche“ bleiben unvergessen

Unter Trainerstar Arrigo Sacchi, einem taktischen Vorbild des heutigen ÖFB-Teamchefs Ralf Rangnick, gewann Milan 1989 und 1990 den Europacup der Landesmeister, den zweiten Coup in Folge landete man mit einem 1:0 gegen Benfica Lissabon in Wien. Dazu holten sich die Mailänder zweimal den Weltpokal sowie je einmal Meisterschaft und Supercup. Sacchis „Unsterbliche“, wie das Team um Maldini, Franco Baresi und die niederländischen Superstars Ruud Gullit, Marco van Basten und Frank Riijkard genannt wurden, hatten sich eindrucksvoll verewigt. An der Spitze des Clubs stand zu dieser Zeit mit Silvio Berlusconi der spätere umstrittene Ministerpräsident des Landes.

Gruppenfoto von AC Milan Team, 1989
AP/Luca Bruno
Milan war zu Beginn der 1990er Jahre das Nonplusultra im Weltfußball

Doch auch die „Unbesiegbaren“ von Sacchis Nachfolger Fabio Capello sorgten für Höhenflüge in Rot und Schwarz. Gleich vier Meisterschaften und die Champions League 1994 wurden gewonnen, ein Jahr davor unterlag man Olympique Marseille in München, ein Jahr danach Ajax Amsterdam in Wien im Finale der Königsklasse jeweils mit 0:1. In der Saison 1994/95 spielte auch Austria Salzburg gegen Milan, verlor im Ausweichstadion in Wien mit 0:1 und auswärts mit 0:3. Goalie Otto Konrad wurde damals von einer Wasserflasche getroffen, Milan schaffte es trotz Abzugs von zwei Punkten ins Viertelfinale und ins Endspiel.

Auch in den 2000er Jahren gewann Milan noch zweimal die Champions League (2003, 2007), damals war der heutige Real-Trainer Carlo Ancelotti der Erfolgsmann an der Seitenlinie und Superstars wie Kaka, Andrij Schewtschenko oder Filippo Inzaghi am Werk. In Erinnerung blieb aber vor allem das verlorene Finale 2005 gegen Liverpool, das ein 0:3 noch in einen Triumph umwandelte. „Das habe ich als Teenager verfolgt, das war einzigartig“, erinnerte sich auch Trainer Jaissle, der damals 16 Jahre alt war. „Milan hatte früher immer ein Weltklasseteam“, betonte der 34-jährige Salzburg-Coach.

Unter Pioli zurück ins Konzert der Großen

Dem war in der jüngeren Vergangenheit nicht immer so. In den 2010er Jahren folgte eine Flaute, gleich sieben Jahre fehlte Milan im Konzert der Großen in Europa, sprich in der Champions League. 2017 endete dann die Ära Berlusconi und es kam zu einem Eigentümerwechsel, doch auch viele chinesische Millionen brachten nicht den gewünschten Erfolg, seither kam es zu weiteren Wechseln in der oberen Etage, erst kürzlich schloss die US-Investmentfirma RedBird den Deal ab und holte dabei auch das Baseball-Team der New York Yankees ins Boot.

Schon zuvor stellte sich der sportliche Erfolg wieder ein: Maldini kehrte 2018 zum Club zurück und ist seit 2019 Technischer Direktor. Unter ihm kam Pioli, der früher schon Inter und die Fiorentina trainiert hatte, im Oktober 2019 zum Club. Zuvor hatten nicht weniger als sechs Übungsleiter versucht, es dem davor letzten Meistermacher Massimiliano Allegri gleich zu tun. Dem ehemaligen Abwehrspieler aus Parma glückte es, wobei es zwischenzeitlich nicht danach aussah.

AC Milan Trainer Stefano Pioli
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Stefano Pioli hat Milan nach elf Jahren zurück an die Spitze der Serie A geführt

Der Weg sollte im Frühjahr 2020 sogar für Rangnick geebnet werden, doch die Verhandlungen verliefen unter keinem guten Stern, laut Maldini („Bevor er Italienisch lernt, sollte er das Konzept von Respekt überdenken“) wollte Rangnick die „ganze Macht“, am Ende platzte der Deal. Heute zeigt sich der Deutsche versöhnlich und bezeichnete die Verlängerung von Coach Pioli als verdient. Spätestens der Meistertitel gab dem Trainer Recht. Dieser ist kein Lautsprecher, nach dem Gewinn des „Scudettos“ blieb er bescheiden: „Wir waren letztlich konstanter, haben wichtige Spiele gewonnen und stets an uns geglaubt.“

Ein absoluter Superstar reicht diesmal

Anders wie damals in den glorreichen Jahren setzte Milan nun nicht auf absolute Superstars (eine Ausnahme ist Zlatan Ibrahimovic), sondern auf Spieler, die im System Pioli auflebten. So wie der Portugiese Rafael Leao, der erst am Samstag 3:2 im Derby gegen Inter einen Doppelpack schnürte. In dieser Kategorie schlugen auch Spieler wie Theo Hernandez oder Franck Kessie (mittlerweile FC Barcelona) ein. In den vergangenen beiden Saisonen wurden 74 bzw. 69 Tore erzielt, Offensivfußball ist in der Modestadt wieder en vogue.

Die Rückkehr von Ibrahimovic sorgte letztlich auch für ein großes Stück im Meisterpuzzle, da der Schwede nicht nur wichtige Tore erzielte, sondern auch die nötige Siegermentalität im Team etablierte. Andere Routiniers wie Olivier Giroud und Simon Kjaer halfen mit, doch die Meistermannschaft bestand aus eher jüngeren Spielern. Mit Daniele Maldini spielte auch der Sohn und Enkel der Clublegenden Paolo und Cesare achtmal in der vergangenen Saison für Milan in der Serie A. Das Trio kommt gemeinsam auf 1000 Liga-Einsätze für die „Rossoneri“.

„Bei Milan erinnert man sich nur an Spieler, die den Scudetto oder die Champions League gewonnen haben“, sagte Ibrahimovic im Finish der vergangenen Saison. Bereits 2021 war man hinter Inter Vizemeister geworden und hatte sich erstmals seit 2013 für die Champions League qualifiziert. 2022 folgte dann die Rückkehr auf den Thron. Ibrahimovic wird nach seiner Knieoperation am Dienstag in Salzburg fehlen, doch auch ohne ihn ist Österreichs Serienmeister gewarnt. Oder wie es Trainer Jaissle formulierte: „Dieser Gegner ist ganz oben im Regal.“

Steckbrief AC Milan

Gegründet: 1899

Clubfarben: Rot-Schwarz

Stadion: Giuseppe-Meazza-Stadion (75.923 Plätze)

Trainer: Stefano Pioli (seit Oktober 2019)

Bekannteste Spieler: Zlatan Ibrahimovic (SWE), Theo Hernandez (FRA), Ante Rebic (CRO), Simon Kjaer (DEN)

Größte Erfolge:

  • 19-mal italienischer Meister (zuletzt 2022)
  • 5-mal italienischer Pokalsieger (zuletzt 2003)
  • 7 Siege im Meistercup/Champions League (zuletzt 2007)
  • 2 Siege im Cup der Cupsieger (1968, 1973)
  • 4 Siege im Weltpokal/FIFA-Club-WM (1969, 1989, 1990, 2007)