Europa League

Sturm startet an Weggabelung

Für Sturm Graz wird es am Donnerstag (21.00 Uhr) in Gruppe F der Europa League mit dem Duell gegen den FC Midtjylland ernst. Schon der Auftakt auf heimischem Rasen ist für die Steirer in einer attraktiven, aber auch entsprechend harten Gruppe mit Lazio Rom und Feyenoord Rotterdam eine Weggabelung. Denn der dänische Vizemeister ist am ehesten in Reichweite von Sturm, das laut Trainer Christian Ilzer als „klarer Außenseiter“ in die Partie geht. Trotzdem strebt der Steirer einen erfolgreichen Start an.

Nach den Erfahrungen der Vorsaison, als die Grazer gegen die Traditionsclubs PSV Eindhoven, AS Monaco und Real Sociedad viel Lehrgeld zahlten und die Gruppenphase mit zwei Punkten beendeten, ist bei Sturm Understatement das Motto der Gruppenphase. Man hoffe, ein Match zu gewinnen, hatte es Sportdirektor Andreas Schicker bereits nach der Auslosung ausgegeben.

Ilzer legte am Vorabend des Auftaktspieles nach. „Der Gegner ist höher einzuschätzen als wir“, sagte der Trainer über den im Vergleich mit Lazio und Feyenoord von der Papierform her am ehesten schlagbaren Gruppengegner aus der dänischen Stadt Herning, „sie waren vor zwei Jahren in der Champions League und haben internationale Rufzeichen gesetzt. Die Mannschaft ist älter, reifer, routinierter.“ Allerdings konnten die Dänen am Mittwoch aufgrund eines technischen Problems an einer Tür des Charterfliegers erst später als geplant mit einer Ersatzmaschine nach Graz reisen.

Gregory Wuthrich (Sturm) und Carlos Vinicius (PSV)
AP/ANP/Olaf Kraak
Sturm bekommt es so wie im Vorjahr – gegen PSV Eindhoven in Rot – mit starken Gegnern zu tun

Trotz aller Bescheidenheit sollen am Ende aber mehr Punkte als im Vorjahr auf dem Konto sein – im besten Fall sogar ein Platz unter den Top Zwei und damit ein Platz in der K.-o.-Runde. Vor allem aber soll Sturm bereits im ersten Spiel einen mutigeren Auftritt hinlegen als vergangene Saison. „Wir müssen gut starten, um ein gehöriges Wörtchen in der Gruppe mitzureden“, sagte Kapitän Stefan Hierländer, „wir haben die Qualität und das Rüstzeug, um unser Spiel auf den Platz zu bringen.“

Offensive Findungsphase

An Unterstützung von den Rängen wird es jedenfalls nicht mangeln. 10.000 Tickets waren bis Mittwochnachmittag verkauft. Nicht wenige Kartenbesitzer dürften sich fragen, ob der international gestählte, aber ohne Praxis gekommene Torjäger Albian Ajeti schon in die Startelf rückt. Sonst bieten sich mit den beiden 19-Jährigen Emanuel Emegha und William Böving sowie dem auch erst 20-jährigen Mohammed Fuseini ausschließlich Hoffnungsträger von morgen an.

UEFA Europa League

Gruppenphase, erster Spieltag

Dienstag, 21.00 Uhr

Sturm – Midtjylland

Graz-Liebenau SR Aghajew (AZE)

Aufstellungen:

Sturm: Siebenhandl – Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Dante – Gorenc-Stankovic – Hierländer, T. Horvat, Prass – Emegha, Böving

Midtjylland: Lössl – Dalsgaard, Swiatschenko, Juninho, Paulinho – Sörensen, Evander, Dreyer – Isaksen, Kaba, Sisto

Einige routinierte Kicker sind hingegen nicht verfügbar. Jakob Jantscher fällt so wie Otar Kiteishvili verletzt aus, Manprit Sarkaria sitzt noch ein Spiel Sperre aus dem Rückspiel des Play-off der Champions League gegen Dinamo Kiew ab. Und Rasmus Höjlund, dessen Transfer 17 Mio. Euro in die Grazer Kasse gespült hatte, geht mittlweile für Atalanta Bergamo in der italienischen Serie A auf Torjagd. Immerhin: Goalie Jörg Siebenhandl meldete sich rechtzeitig fit.

Die Offensive ist aber ausgerechnet vor dem „heißen Herbst“ die große Baustelle bei Sturm. Trainer Ilzer will daher „die Hebel stärker in die Hand nehmen“ und die „Neuen an unsere Intensität gewöhnen“. Sein Gefühl: „Wir kommen mit jedem Training und Spiel einen Schritt weiter.“ Automatismen müssen über Matches verinnerlicht werden, es warten 14 Spiele in acht Wochen. Spätestens nach dem Heim-Auswärts-Doppel gegen Lazio (6. und 13. Oktober) dürfte klar sein, wohin Sturms Europacup-Reise geht. Der Erste steht direkt im Achtelfinale, der Zweite im Sechzehntelfinale, der Dritte steigt in die K.-o.-Phase der Conference League um.

Wandelnde dänische Datenbank

Die Generalprobe von Sturm war mit einem 0:0 gegen zehn Hartberger nicht berauschend. Das gilt umgekehrt aber auch für Midtjylland. Der kommende Gegner fand mit neun Punkten aus acht Spielen und Platz acht mäßig aus den Startlöchern der Zwölferliga in Dänemark. Und hat seit 24. August mit Albert Capellas einen neuen Trainer, der Midtjylland mit neuer Grundaufstellung (4-3-3 statt 3-4-3) zu einem Sieg (2:0 gegen Bröndby) und einer Niederlage zuletzt (0:2 gegen Aalborg) coachte. Ilzer will beim früheren Barcelona-B-Trainer ein „gewisses Cruyff-Erbe“ erkannt haben.

Capellas, das versicherten die Clubverantwortlich bei dessen Vorstellung, erfülle alle sieben „Knock-out“-Kriterien, die ein Midtjylland-Trainer zu erfüllen habe. Welche, das blieb das Geheimnis des Computers. Denn der FC Midtjylland steht für das Daten-Mekka des dänischen Fußballs, regiert von einem Multimillionär und Zahlenfreak. Matthew Benham ist ein studierter Physiker und Besitzer der Wettfirma Smart Odds. Der Brite liebt Statistik und verlangt, dass Spieler und Betreuer – fast – ausschließlich nach Bewertung ihrer Daten verpflichtet werden.

Albert Capellas
picturedesk.com/dpa/Marton Monus
Capellas wurde vom Computer als idealer neuer Trainer für Midtjylland empfohlen

Midtjylland für Ilzer Vorreiter

Der Club misst Erfolg statistisch statt nach Bauchgefühl und gestaltet sein Spiel strenggläubig nach Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Ilzer kann dem durchaus etwas abgewinnen: „Big Data kann wichtiger sein als subjektive Wahrnehmung. Viele quantitative Daten geben oft einen guten Blick für eine gute Aufarbeitung.“ Der Grazer Trainer sieht den Club aus Herning diesbezüglich als Vorreiter, aber: „Mittlerweile ist es Standard. Ich habe für diese Daten ein super Team.“

Die Truppe um den dänischen Nationalspieler Pione Sisto steht an guten Tagen für schnörkellos-physisches Umschaltspiel, arbeitet defensiv aber manchmal schlampig. Das untermauert auch das Ligatorverhältnis von 15:15. In der Champions-League-Qualifikation kam mit 2:7 ein deutliches Aus gegen Roger Schmidts Benfica, zudem wanderte der wichtige „Sechser“ Raphael Onyedika nach Brügge ab.