Bild von der Queen in Stadion
ORF.at/Martin Wagner
Champions League

Ein besonderes Spiel in besonderen Tagen

Das zweite Champions-League-Spiel für den FC Salzburg in der Saison 2022/23 könnte nicht spezieller sein. Die Umstände, unter denen die Partie am Mittwoch um 21.00 Uhr (MESZ) an der Stamford Bridge von Chelsea angepfiffen wird, sind einzigartig. Auf der einen Seite ein Land in Trauer, auf der anderen Seite ein neuer Trainer, der auf sein erstes Spiel brennt, und dazu wilde Gerüchte. Von all dem will sich Salzburg nicht beeindrucken lassen.

Bis Montag schien die Partie Salzburgs bei Chelsea wegen der Feierlichkeiten anlässlich des Todes von Queen Elizabeth II. auf der Kippe zu stehen, letztlich dürfte den Salzburgern aber ihre friedliche Fanszene zugute gekommen sein. Nicht zu viele Polizeikräfte müssen dafür wohl zum Einsatz kommen. Die Queen wird am Mittwoch zur Aufbahrung („Lying in state“) vom Buckingham Palace nach Westminster Hall quer durch die Innenstadt gebracht.

Hunderttausende Schaulustige werden erwartet. Da bleiben nicht viele Gedanken bei einem Fußballspiel. Die Fans sollen in Schwarz zum Spiel erscheinen, auf die Champions-League-Hymne soll verzichtet werden, und eine Trauerminute wird abgehalten. Die unmittelbar Beteiligten sind dafür umso aufgeregter. Für Salzburg geht ein „Traum in Erfüllung“, wie Trainer Matthias Jaissle meinte.

Herkulesaufgabe für Salzburg

In der Champions League wartet auf Salzburg mit Chelsea ein Herkulesgegner. Die Londoner gehen zudem mit einem neuen Trainer ins Spiel.

Okafor hat was vor

Nach dem guten Auftakt mit dem 1:1 gegen AC Milan wollen die „Bullen" nachlegen. Salzburgs Stürmer Noah Okafor will außerdem seine Torserie fortsetzen: „Wir nehmen den Schwung mit und gehen mit einem gewissen Selbstvertrauen in das Spiel, und ich bin überzeugt, dass wir den Gegner ärgern können.“

Die außergewöhnlichen Umstände des Spiels will der junge Schweizer gar nicht erst an sich heranlassen. „Ich konzentriere mich aufs Spiel und gebe Vollgas auf dem Platz. Ich werde die Fans nicht auf mich einwirken lassen.“ Die Zuschauer sind der eine Teil eines Champions-League-Abends. Der andere Teil sind die Weltklassespieler, die bei den „Blues“ versammelt sind.

„Das sind große Namen, die auf dem Platz stehen. Das ist uns klar“, sagte Okafor bereits bei der Pressekonferenz. „Aber wir werden uns auf uns konzentrieren. Champions League ist immer ein Kampfspiel auf großer Bühne, aber wir wissen, dass Jeder Jeden ärgern kann. Seit der Auslosung freuen wir uns auf diese Spiele.“

Countdown-Anzeige bis nächsten Match
ORF.at/Martin Wagner
Der Countdown läuft für Salzburgs erstes Antreten beim Chelsea FC an der Stamford Bridge in London

Auch die Trainer sind begeistert

Groß ist auch die Freude auf die Partie bei den Trainern. Auch hier ist die Situation eine ungewöhnliche. Für Neo-Chelsea-Trainer Graham Potter ist es nicht nur das erste Match mit dem neuen Club, sondern auch das erste Spiel in der Champions League, die er bisher nur aus „Sicht eines Fans“ gesehen hat – nämlich im Fernsehen. In diesem Punkt ist ihm sein Gegenüber schon ein paar Spiele voraus.

„Es ist überragend hierher zu kommen“, meinte der 34-jährige Jaissle. „Schon die Fahrt in die Stadt, dann die Katakomben des Stadions, das ist was Einzigartiges. Das macht mich auch stolz, da geht auch ein Traum in Erfüllung.“ Dass er nicht auf seinen Landsmann Thomas Tuchel trifft, findet Jaissle „schade, ich kenne Thomas Tuchel persönlich“.

CL-Gruppe E, zweiter Spieltag

Mittwoch, 21.00 Uhr

Chelsea – Salzburg

London, Stamford Bridge, SR Kruzliak (SVK)

Chelsea: Kepa – James, Thiago Silva, Azpilicueta, Cucurella – Jorginho, Kovacic – Havertz, Mount, Sterling – Aubameyang

Salzburg: Köhn – Dedic, Pavlovic, Bernardo, Ulmer – Capaldo, Seiwald, Sucic, Kjaergaard – Fernando, Okafor

Schwierige Vorbereitung

Für die Vorbereitung auf das Duell mit den Londonern war die überraschende Entlassung Tuchels, der immerhin mit Chelsea 2021 die Champions League gewonnen hatte, ein Nachteil. „Wir haben noch keine Chelsea-Spiele vom neuen Trainer sehen können“ so Jaissle, nachdem am Wochenende alle Premier-League-Spiele aus Respekt gegenüber der verstorbenen Königin abgesagt worden waren. Aber Salzburg hätte sich Spiele von Brighton & Hove Albion angeschaut, mit der Potter aktuell auf Platz vier der Liga vorgestoßen war.

Jaissle ist sich dennoch sicher, dass seine Mannschaft wie schon gegen Milan ein gutes Bild abgeben wird. „Am Mittwoch wird es etwas anders als sonst sein, aber wir werden wieder einen raushauen. Wenn der Schiedsrichter anpfeift, geht’s wieder los.“ Für Chelsea steht nach dem verpatzten Auftakt mit der 0:1-Niederlage gegen Dinamo Zagreb letzte Woche schon viel auf dem Spiel. Zagreb war im Konter erfolgreich, die Engländer konnten aus viel Ballbesitz keinen Gewinn erzielen. Wohl auch ein Umstand, warum Tuchel gehen musste.

Salzburg als Vorbild und Gerüchte um Freund

Diesbezüglich ließ der neue Chelsea-Besitzer, der US-Amerikaner Todd Boehly, aufhorchen. Der umtriebige Milliardär, der einige Beteiligungen an Sportteams in den USA hält, darunter das NBA-Team der Los Angeles Lakers, hat offenbar mit den „Blues“ ähnliche Pläne wie einst Dietrich Mateschitz mit Salzburg und in der Folge Leipzig.

Chelsea soll nach dessen Vorstellungen ähnlich dem Red-Bull-Modell mehrere Clubs „betreiben“, auch als Möglichkeit, die zahlreichen Talente im Club zu entwicklen, aber natürlich auch gewinnbringend bei anderen Teams unterzubringen. Einer, der diesen Plan, dem Tuchel offenbar skeptisch gegenüberstand, verwirklichen soll, ist Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund, der nach diversen Medienberichten bei den Londonern „auf der Liste“ steht.

„Eine ganz andere Challenge“

Vorerst sind alle Augen auf den neuen Trainer bei Chelsea gerichtet. Bei Potters erster Pressekonferenz ging es mit keinem Wort um den nächsten Gegner Salzburg, sondern einzig um Potter und seine Gefühle und Erwartungen als neuer Coach an der Stamford Bridge. „Es ist eine ganz andere Challenge, als die, die ich in Brighton hatte. Die Größe des Clubs, die Chance, um Titel mitzuspielen, dass alles hat mich gereizt."

Potter gab dabei Einblick in seine Sichtweise des Fußballs und Leben im Allgemeinen. Er ließ dabei auch anklingen, dass sich bei Chelsea künftig einiges ändern könnte. „Man weiß im Leben nie, was als Nächstes passiert, dass macht das Leben auch so interessant. Es gibt auch hier spannende Ideen, wie wir den Club weiterentwickeln können.“ Er wolle, dass die Fans stolz auf ihre Mannschaft sein könnten.

Salzburg muss bereit sein

Körperlich und geistig sollte Salzburg jedenfalls bereit sein. Der Ausfall der etatmäßigen Innenverteidigung Maximilian Wöber (Adduktoren) und Oumar Solet (Oberschenkel) trübt das Bild. Wöber bestieg in seiner Eigenschaft als Vizekapitän zur moralischen Unterstützung trotzdem das Flugzeug von Salzburg nach London.

Salzburg-Spieler trainieren
GEPA/Michael Zemanek
Am Dienstag konnten sich die Salzburger mit der Umgebung an der Stamford Bridge vertraut machen

Strahinja Pavlovic und Bernardo werden die beiden wie schon eine Hälfte gegen Milan und 90 Minuten gegen Ried vertreten. Luka Sucic ist immerhin nach Leistenproblemen rechtzeitig fit geworden. Es wird jedenfalls für alle eine erinngerungswürdige Partie werden – schon vor dem Anpfiff und vielleicht auch nach dem Schlusspfiff.