Fußballerinnen von hinten
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Hintergrund

Im Frauen-Fußball hat Salzburg Aufholbedarf

Österreichs Fußball stellt in dieser Saison gleich zwei Teams in der Gruppenphase der Königsklasse. Der SKN St. Pölten schaffte es in der UEFA Women’s Champions League erstmals ins Konzert der Großen, bei den Herren ist Red Bull Salzburg mittlerweile Stammgast. Als eines der wenigen Teams in der Champions League stellen die „Bullen“ aber kein Frauen-Team und bleiben entgegen dem Trend weiter defensiv.

Nahezu alle Topteams im Spitzenfußball haben Frauen-Teams. Von den derzeit 32 Mannschaften in der laufenden Gruppenphase der Herren-Champions-League stellen bis auf fünf Clubs alle eigene Abteilungen. Nur SSC Napoli (die SSD Napoli ist ein eigenständiger Verein, Anm.), FC Porto, FC Kopenhagen, Maccabi Haifa und eben Salzburg bilden hier eine der mittlerweile ganz wenigen Ausnahmen. Selbst Red-Bull-Schwesternclub Leipzig hat seit über sechs Jahren ein Frauen-Team.

Österreichs Aushängeschild im Clubfußball ziert sich hingegen weiter. Auf ORF.at-Anfrage ließ man wissen: „Wir setzen uns natürlich schon längere Zeit intensiv mit dieser Thematik auseinander und evaluieren, wie wir uns in diesem Bereich sinnvoll aufstellen bzw. einbringen können. Aktuell gibt es nichts, was wir kommunizieren können.“ Die Appelle werden unterdessen lauter, die UEFA erhöht sanft den Druck.

Aufstieg St. Pöltens „ein Meilenstein“

Der SKN St. Pölten mischt unter den Top 16 Europas mit. Dank eines erfolgreichen Zweitrundenkrimis gegen KuPS Kuopio aus Finnland am Mittwoch in der NV Arena qualifizierte sich Österreichs Serienmeister erstmals für die Gruppenphase der UEFA Women’s Champions League.

Appelle an Salzburg

Das Jahr 2022 war und ist für den Frauen-Fußball ein Rekordjahr, in der Champions League wurden neue, auch allgemeine Zuschauerrekorde aufgestellt. 91.648 Menschen wohnten etwa dem Spiel zwischen dem FC Barcelona und VfL Wolfsburg im April bei. Die Europameisterschaft in England stellte im Sommer viele Bestmarken auf, zuletzt wurden in Deutschland und England neue Zuschauerrekorde erzielt, und mit St. Pöltens Einzug in die Königsklasse glückte hierzulande ein Coup. Eine erfolgreiche WM-Qualifikation Österreichs wäre freilich die Krönung.

Der Aufwärtstrend soll auch zu einer Nachhaltigkeit führen und dazu gehört die Entwicklung der österreichischen Bundesliga. „Ich hoffe, dass in den kommenden Jahren noch mehr Konkurrenz entsteht, weil es auch für die jungen Spielerinnen wichtig wäre, dass die Liga stärker wird und sich die Talente besser entwickeln können“, sagte ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann, die mit Österreich bei der EM ins Viertelfinale einzog. Bereits vor fünf Jahren gelang der Einzug ins Halbfinale. Das A-Team lieferte wieder ab, aber es bleibt viel zu tun.

ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann
GEPA/Michael Zemanek
Fuhrmann hofft, dass sich weitere prominente Clubs für eine Frauen-Abteilung entscheiden

Nimmt man die heimische Herren-Bundesliga her, sind nur die Hälfte von zwölf Teams aktuell im Frauen-Fußball involviert. Neben dem WAC, Austria Lustenau, TSV Hartberg und WSG Tirol (den beiden letzten Clubs steht jeweils eine Frau als Präsidentin vor, Tirol hat allerdings wie Lustenau seinen Betrieb erst kürzlich eingestellt) haben auch der populärste sowie der erfolgreichste Club aktuell keine Frauen-Teams.

Rapid hat sich aber nach jahrelangem Zögern durchgerungen, eines zu stellen – wenn auch erst 2024. Im Westen hingegen nichts Neues, Red Bull Salzburg lässt auf sich warten, über die Gründe wird gerätselt. Am Finanziellen scheitert es bekanntlich nicht, alleine durch Transfers haben die „Bullen“ heuer 93 Millionen Euro erwirtschaftet.

„Es dauert mir zu lange“

„Es steht außer Frage, dass es vor allem im Bundesland Salzburg eine Magnetwirkung hätte, wo ohnehin wenig Möglichkeiten bestehen“, sagte Fuhrmann zur Salzburger Situation. „Es wäre ein Bruchteil des Vereinsbudgets notwendig, um zunächst einmal in der heimischen Spitze zu sein und dann international für Furore zu sorgen. Aber es ist eine Entscheidung des Vereins, eine Philosophiefrage. Man sieht bei Rapid, dass es dauert. Aber es dauert mir zu lange“, so Fuhrmann.

So sieht es auch Nationalteamspielerin Sarah Zadrazil, die als offizielle Red-Bull-Athletin schon im März gegenüber ORF.at den Wunsch hegte, dass Salzburg hier nachzieht. „Ich glaube, es wäre der nächste wichtige Schritt für den Frauen-Fußball in Österreich. Ich glaube auch, dass das Potenzial erkannt wurde, ich hoffe, dass man bald Schritte einleiten wird." Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

UEFA macht sanften Druck

Der Kontinentalverband erhöht unterdessen sanft den Druck auf Teams, die sich wie Salzburg zieren – vorerst noch verbal. Im Interview mit „Der Standard“ richtete die Bereichsleiterin Frauen-Fußball bei der UEFA, Nadine Kessler, an solche Clubs und Verbände aus: „Man muss vielleicht manchmal ein bisschen längerfristig denken. Wie willst du deinen Club oder deinen Verband aufstellen? Es geht da um die Mitglieder- und die Markenperspektive. Ich glaube, dass es eine verlorene Möglichkeit ist. Es geht darum, den Fußball noch größer und stärker zu machen. Sportlich, kommerziell und gesellschaftspolitisch.“

Bald wird Salzburg aber nicht mehr an diesem Thema vorbeikommen. In den Clublizenzierungsbestimmungen der UEFA findet sich neu unter Artikel 21 auch die Vorgabe, dass die Clubs Frauen-Fußball unterstützen müssen, etwa durch ein eigenes Team, durch Unterstützung eines anderen Teams oder durch Aktivitäten im Frauen-Fußball. Da es sich eben um eine neue Anforderung handelt, muss sie zwar Salzburg (noch) nicht erfüllen, zumal sie in den österreichischen Bestimmungen erst übernommen wird. Das sollte aber noch im Dezember beschlossen werden und zur nächsten Saison gelten, und dann kann sich auch Österreichs Krösus dem Frauen-Fußball nicht mehr ganz verschließen.