Christian Ilzer hing die von ihm als „Antisternstunde“ titulierte Vorstellung ebenso in den Knochen wie den zahlreichen mitgereisten Anhängern. Diese klagten vor dem Match über Polizeigewalt, und blieben deshalb auf den Rängen stumm.
„Ich habe natürlich auch gehört, wie sie behandelt worden sind von der Polizei. Man hat sie vorne gestoppt und hinten angetrieben und mit Stöcken geschlagen“, schilderte der Coach. Solch unverständliche Aktionen würden ihn „sehr, sehr traurig“ machen, so Ilzer. „Das motiviert uns umso mehr, in Graz etwas zu zeigen, das unseren Fans das Herz aufgehen lässt.“
Trotz Debakels intakte Chance für Sturm
Trotz des historischen 0:6-Debakels bei Feyenoord Rotterdam hat Sturm Graz die Chance auf ein Weiterkommen in der Europa League. Da alle vier Teams in der Gruppe drei Punkte auf dem Konto haben, sind die Steirer quasi mit einem blauen Auge davongekommen.
„Kein schöner Moment“
Das Ansinnen, nach dem Auftaktsieg über Midtjylland auch in Rotterdam ein europäisches „Highlight zu bieten“, wie Ilzer erklärte, ging denkbar schief. Am Ende war Feyenoords Heimstätte „De Kuip“ Schauplatz der höchsten Europacup-Niederlage der Sturm-Geschichte.
„Man kommt hier her und möchte Geschichte in die andere Richtung schreiben. Es ist natürlich kein schöner Moment, dass man hier in dieser Wanne so untergeht“, meinte Ilzer und versprach: „Ich werde schnell Wege finden, um aus dieser Niederlage etwas Positives rauszuziehen, damit es in dieser Art und Weise nicht mehr passiert.“
Idrissi macht halbes Dutzend voll
Ein abgefälschter Weitschuss von Oussama Idrissi schlägt zum 6:0 für Feyenoord ein.
„Ins offene Messer gerannt“
Der fußballerischen Qualität der Niederländer hatte Sturm an diesem Tag nichts entgegenzusetzen. Schon nach 45 Minuten hatte Feyenoord – in der jüngeren Vergangenheit meist die dritte Kraft im eigenen Land hinter Ajax Amsterdam und PSV Eindhoven – mit 4:0 alles klargemacht. „Es ist schwierig, wenn du nicht ins Pressing kommst und jeder Schuss vom Gegner ein Tor ist“, seufzte Siebenhandl. „Wir sind ihnen öfters ins offene Messer gerannt.“
Der Goalie leitete das Debakel mit einem Stellungsfehler selbst ein. Doppeltorschütze Alireza Jahanbakhsh bedankte sich mit einem Schuss ins offene kurze Eck. „Das ist für mich auch ein Lernpunkt, den nehme ich mit“, meinte Siebenhandl. „Ich bin auch noch nicht so alt, dass ich nichts mehr zu lernen habe.“
1:0 für Feyenoord
Ausgehend von einem Freistoß gelingt Feyenoord der Führungstreffer. Alireza Jahanbakhsh schießt zum 1:0 für die Gastgeber ein.
Dass in der Gruppe F an guten Tagen durchaus etwas zu holen ist, wissen die Grazer seit dem 1:0-Sieg gegen Midtjylland. Dass die Dänen im Spiel darauf den kommenden Sturm-Gegner Lazio mit einem 5:1 nach Rom retour schickten, dürfte diese Meinung verfestigen. „Es haben alle drei Punkte“, sagte Gregory Wüthrich. „Wir werden wegen eines Spieles jetzt sicher nicht den Kopf hängen lassen“, betonte der Abwehrchef. „Wir werden die Fehler korrigieren und weitermachen.“
Emegha-Verletzung schmerzt
Sorgen bereitet Trainer Ilzer allerdings die Situation im Angriff. Emegha, der die von Rasmus Höjlund verkörperten Attribute „Wucht“ und „Tiefgang“ laut Ilzer immer besser verkörpere, zog sich bei einem Zweikampf mit ÖFB-Verteidiger Gernot Trauner eine Verletzung am Schultereckgelenk zu. Eine MR-Untersuchung soll feststellen, ob der Niederländer mit konservativer Therapie um eine OP herumkommt. Trauner entschuldigte sich danach artig: „Es tut mir wirklich leid, dass eine Verletzung passiert ist. Ich hoffe, es ist nicht zu schwer.“
Emegha fällt verletzt aus
Nach einem Zweikampf mit Gernot Trauner verletzt sich Emanuel Emegha an der Schulter und muss in der 14. Minute ausgewechselt werden.
Ohne Emegha fehlten Sturm wichtige Facetten. „Wir haben gemerkt, dass wir dann keine Tiefe mehr hatten und diese Aggressivität in der ersten Linie nicht mehr bringen konnten“, sagte Ilzer. In der Suche nach Alternativen wirkte der Trainer im ersten Moment noch relativ ratlos, zumal der spät zum Team gestoßene Albian Ajeti „noch weit weg von Matchfitness“ sei.
Deshalb werde es in den kommenden Stunden gewiss „rattern im Kopf des Trainers“, so Ilzer. Er durfte immerhin Otar Kiteishvili in der zweiten Hälfte nach langer Verletzungspause einwechseln. Dass nach dem Heimspiel gegen Lustenau eine Länderspielpause ansteht, wird die Steirer dennoch wenig stören.