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Formel 1

FIA-Gutachten zu Kosten verzögert sich

Der Motorsportweltverband (FIA) hat die Veröffentlichung eines Gutachtens einer seit Monaten dauernden Kostendeckelüberprüfung in der Formel 1 kurzfristig ein weiteres Mal verschoben. Eigentlich war erwartet worden, dass am Mittwoch endlich die Frage geklärt wird, ob Teams im vergangenen Jahr zu viel Geld ausgegeben haben.

Der Bericht wurde seit dem Frühjahr mehrfach verschoben und soll nun am kommenden Montag unmittelbar nach dem Großen Preis von Japan am Sonntag (7.00 Uhr MESZ, live in ORF1) vorgestellt werden. „Die Analyse der eingereichten Finanzdaten ist ein langwieriger und komplexer Prozess, der noch andauert“, teilte ein FIA-Sprecher mit. Medienberichte legten zuletzt nahe, dass zwei Teams gegen die Regeln verstoßen haben sollen.

Spekuliert wurde über Red Bull und Aston Martin mit Sebastian Vettel, wobei Red Bull in Max Verstappens erster Weltmeistersaison mit geschätzten 7,5 Millionen Dollar enorm überzogen haben soll. Die FIA wollte diese Berichte nicht bestätigen und verwies sehr energisch darauf, dass noch kein Ergebnis vorläge und man sich von öffentlichen Spekulationen nicht beeinflussen lassen werde. „Die FIA wiederholt, dass bis zum Abschluss keine weiteren Informationen bereitgestellt werden“, hieß es am Mittwoch.

Christian Horner (Red Bull Racing)
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Red-Bull-Teamchef Christian Horner schaut dem Gutachten mit Zuversicht entgegen

Budgetobergrenze von allen Teams beschlossen

Die zehn Rennställe hatten sich in der vergangenen Saison dazu verpflichtet, ihr Budget auf 148,6 Millionen US-Dollar (ca. 151,8 Millionen Euro) für die ganze Saison zu begrenzen. Das sollte die Chancengleichheit erhöhen, auch wenn die Fahrergehälter nicht mitgerechnet werden. Der Plan wurde von allen gemeinsam ausgearbeitet.

Mehrere Medienberichte legten aber nahe, dass zwei Teams gegen die Regeln verstoßen haben sollen. Neben Red Bull wird auch über Aston Martin spekuliert, allerdings in deutlich kleinerem Ausmaß. „Wir sind absolut überzeugt, dass wir die Kostengrenze eingehalten haben, und stehen hinter unserer Einreichung“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Der Brite vermutete hinter der Angelegenheit nicht zuletzt einen Angriff der Konkurrenz.

Fragezeichen hinter Sanktionen

Aufgekommen war das Thema in der Vorwoche im Fahrerlager in Singapur. Besonders Red Bull ärgerte es, dass sie selbst auf diese Weise in den Fokus rückten. Womöglich wurde etwas Journalisten zugespielt, um Unruhe im Fahrerlager zu stiften, hieß es. „Ich würde wirklich gerne wissen, wo diese Information herkommt“, sagte Horner in Singapur. Die Annahme, dass „FIA-Mitarbeiter sensible Informationen offengelegt haben", sei unbegründet, hieß es vom Verband.

Die FIA steht bei Sanktionen vor mehreren Problemen. Zum einen gibt es keinen festen Strafenkatalog, zum anderen ist Fingerspitzengefühl gefragt. Der Verband dürfte keinen Präzedenzfall schaffen wollen, wonach Rennställe in Zukunft schon wissen, mit welcher (Geld-)Strafe sie zu rechnen haben, wenn sie die Kostengrenze um einen bestimmten Prozentsatz überschreiten.

Summen von bis zu fünf Millionen Dollar gelten als „kleinere Regelverletzung“ und könnten nur mit einer Strafzahlung geahndet werden. Bei schwereren Vergehen sind offenbar härtere Schritte bis zu einem nachträglichen Punkteabzug denkbar. Inwieweit die Teams mit Unter- und Tochterfirmen arbeiten, ist undurchsichtig. Dieser Umstand könnte einer der Gründe dafür sein, warum Red Bull davon ausgeht, alle Regeln eingehalten zu haben, in Wahrheit aber vielleicht doch mehr Geld aufwendete.

„Echter Härtetest für das System“

Die Untersuchungskommission steht vor der schwierigen Aufgabe, teils ziemlich undurchsichtige Firmenkonstrukte entflechten zu müssen. Vielleicht gibt es auch noch mehr Schlupflöcher oder Ansätze, etwas zu verbergen. Und da kommt die nächste Herausforderung: Will die FIA zulassen, dass mehr als zehn Monate nach dem Ende der Saison das Ergebnis angezweifelt wird? Vielleicht sogar Max Verstappen seinen Titel verliert oder darum bangen muss?

Das wäre der Öffentlichkeit sehr schwer zu verkaufen. Eine zu lasche Strafe wiederum dürfte Nachahmer auf den Plan rufen. „Dieser Fall ist ein echter Härtetest für das System“, brachte es der stellvertretende Ferrari-Teamchef Laurent Mekies auf den Punkt.