Jakob Pöltl in Aktion
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NBA

„Leitwolf“ Pöltl stellt sich Umbruch

Jakob Pöltl startet seine siebente Saison in der National Basketball Association (NBA) in neuer Rolle. Noch nie hat der Wiener bei einem Team einen dermaßen bedeuteten Part übernommen wie heuer bei den San Antonio Spurs. Denn die Texaner befinden sich im Umbruch, und Pöltl soll als „Leitwolf“ das junge Team anführen. Der 27-Jährige will Spielzeit und Verantwortung nutzen, um sich vor allem offensiv weiterzuentwickeln.

„Ich versuche, mein Spiel so weit es geht auszubauen. Ich habe mir einiges vorgenommen für die Saison“, betonte Pöltl vor dem ersten Spiel seiner Spurs in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (2.00 Uhr MESZ) gegen die Charlotte Hornets. Mit seinen 27 Jahren ist der Österreicher der älteste Akteur in San Antonios Startformation, dazu ist Pöltl mittlerweile auch der längstdienende Spieler beim Club, der in seine 50. NBA-Saison startet.

Künftig soll der Defensivspezialist auch im Angriff Akzente setzen. Der 2,13-Meter-Mann wird den Ball mehr in Händen halten und in Eins-gegen-eins-Situationen gefordert sein. „Es ist ein bisschen eine Spielmacherrolle von mir gefragt“, erklärte Pöltl, der erst am 15. Oktober Geburtstag gefeiert hatte. Er befinde sich diesbezüglich selbst noch in der „Lernphase“. „Ich bin noch nicht zu 100 Prozent in der Rolle drin. Ich schätze, es wird ein paar Spiele dauern. Aber ich möchte effizient sein, gute Entscheidungen treffen.“

Bedeutende Rolle für Pöltl

In der Nacht auf Mittwoch hat die NBA-Saison begonnen, und dort kommt Österreichs Basketballstar Jakob Pöltl eine bedeutende Rolle zu. Bei den San Antonio Spurs soll der Wiener in Zukunft als Spielmacher die Fäden ziehen.

Mit 13,5 Punkten, 9,3 Rebounds und 2,8 Assists pro Spiel hatte der Center schon in der Vorsaison Karrierebestmarken erzielt. Weil die Spurs im Sommer unter anderem All-Star Dejounte Murray abgegeben haben, darf man davon ausgehen, dass diese Werte noch einmal nach oben gehen – wenn auch laut Pöltl „nicht unbedingt“ alle drei. „Unsere offensive Identität ist jetzt eine andere.“ Teambasketball steht an erster Stelle.

Pöltl als interessante Transferaktie

Ob Pöltl die Saison tatsächlich in San Antonio zu Ende spielen wird, ist offen. Bis 9. Februar sind Tauschgeschäfte möglich. Eine Mannschaft mit Titelambitionen könnte ihn mit seinem vergleichsweise günstigen Vertrag – Pöltl kassiert im letzten von drei Vertragsjahren knapp 9,4 Mio. Dollar (9,7 Mio. Euro) – an Bord holen. Interessenten soll es bereits gegeben haben, allein der Preis der Spurs war bisher zu hoch.

Start in neue NBA-Saison

Das Auftaktspiel war aber nicht nur für Rekordmeister Boston Celtics siegreich, auch der amtierende Champion Golden State Warriors konnte das kalifornische Spitzenspiel gegen die Lakers für sich entscheiden.

Langfristig will Pöltl um einen NBA-Titel spielen – ob in San Antonio oder anderswo. Das Umbruchjahr ist auch eine Chance. „Ich sehe es so: Ich kann diese neue Rolle annehmen und darin erfolgreich sein. Wenn die Saison aber nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle, weiß ich, dass ich jederzeit in eine sehr effiziente Rolle als Verteidiger, Finisher und Rebounder reinschlüpfen kann und das auch jederzeit auf einem sehr hohen Niveau machen kann in der NBA.“ Auch dafür werden in der Liga mittlerweile jährlich zweistellige Millionenbeträge bezahlt.

Kein absichtliches Verlieren

Die defensive Grundmentalität der jungen Spurs gefällt Pöltl. „Jetzt im Moment macht es mir Spaß mit dem Team. Deswegen kann ich es mir vorstellen, auch länger zu bleiben.“ Nächsten Sommer kann Pöltl selbst über seinen Arbeitgeber entscheiden. Bis dahin ist auch geklärt, welches Team im Draft 2023 das große Los gezogen hat: Victor Wembanyama. Der 18-jährige Franzose gilt als das Ausnahmetalent der nächsten Generation.

Gregg Popovich und Jakob Pöltl
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Coach Gregg Popovich (r.) und sein österreichischer „Leitwolf“ Jakob Pöltl

„In den Highlights, die ich gesehen habe, schaut er sehr gut aus“, sagte Pöltl über den wurfstarken 2,20-Meter-Mann, der die Liga verändern und in einigen Jahren dominieren könnte. „Das Größen-Längen-Verhältnis gepaart mit den Skills, die er zeigt, ist schon beeindruckend.“ Die drei Teams mit der schlechtesten Saisonbilanz erhalten bei der Draft-Lotterie im Mai 14 Prozent Chancen auf das Erstwahlrecht und damit auf Wembanyama. Fast alle US-Experten sehen die Spurs als heißen Kandidaten, diesem Kreis anzugehören.

Absichtlich zu verlieren steht laut Pöltl aber nicht zur Debatte. „Es geht eher in die andere Richtung.“ Sein Club wolle frühestmöglich wieder konkurrenzfähig sein. Zu Saisonstart wird das vermutlich nicht der Fall sein. Pöltl: „Wir sind nicht besonders weit im Prozess, um wirklich auf hohem Niveau Basketball spielen zu können.“ Vor allem taktische Einheiten würden noch fehlen.

Pöltl für „Pop“ Schlüsselfigur

Der Schliff kommt von Trainerlegende Gregg Popovich. Der 73-jährige „Pop“, der die Spurs zu fünf Meistertiteln führte, geht den Neuaufbau voller Elan mit. „Er scheint sich hinter dieses Jugendprojekt geklemmt zu haben“, sagte Pöltl. „Er ist Vollgas dabei.“ Für Popovich ist sein Center eine Schlüsselfigur.

Der Trainer verglich die Bedeutung von Pöltl für das aktuelle Team gar mit jener von Superstar Tim Duncan in seinen Meistermannschaften. „Das ist ein bisschen weit hergeholt, vor allem spielerisch“, meinte Pöltl. „Vom Typ und von der Persönlichkeit her sind wir uns aber gar nicht so unähnlich.“