Lucas Braathen (NOR)
GEPA/Thomas Bachun
Ski alpin

Norwegens Techniker mit Speed-Ambitionen

Um den Gesamtweltcup zu gewinnen, brauche es drei Disziplinen. Damit hat Atle Lie McGrath recht deutlich gemacht, wo er in Zukunft hin will. Wie sein Teamkollege Lucas Braathen schielt er bereits im kommenden Winter auf Super-G-Einsätze. Es dürfte kein Zufall sein, dass das mit der Rückkehr von Christian Mitter zum Norwegischen Skiverband zu tun hat. Das junge Duo ist voll des Lobes für den neuen Technikchef. Mit Spannung schauen beide dem Weltcup-Auftakt im Riesentorlauf am Sonntag (10.00 bzw. 13.00 Uhr, live in ORF1) entgegen.

McGrath beendete den Gesamtweltcup als Zwölfter, stand im Slalom nach u. a. zwei Siegen in Flachau und Meribel als Dritter hinter Landsmann Henrik Kristoffersen und Manuel Feller sowie vor Braathen in der Disziplinwertung auf dem Podest. Mitter, der bis 2019 Cheftrainer der norwegischen Männer und danach ÖSV-Frauen-Rennsportleiter war, kannte McGrath von früher nicht, schwärmt nach wenigen Monaten Zusammenarbeit aber bereits. „Ich bin superhappy, er ist ein großartiger Coach“, sagte der 22-Jährige zur APA.

„Er hat ein gutes Auge, das nicht so viele Trainer haben. Er versteht es, mit den Athleten zu reden. Nicht nur zu sagen, was zu tun ist, sondern es auch zusammen durchzuarbeiten“, erklärte McGrath. Der zwei Tage ältere Braathen, im Gesamtweltcup 2021/22 Neunter und in der RTL-Wertung als Vierter wie im Slalom knapp am Stockerl dran, spricht von einer „großartigen Vorbereitungszeit“ mit dem neuen Trainer. In der auch das Thema Speed zur Sprache kam.

Atle Lie Mcgrath (NOR)
Reuters/Denis Balibouse
Atle Lie McGrath fühlt sich bereit, auch im Super-G anzugreifen

„Ich werde im November in den USA Speed trainieren, es gibt Rennen in Beaver Creek mit Super-G und Abfahrt. Mal schauen, wie die Form ist, aber den Super-G will ich versuchen und mein Debüt geben. Und vielleicht, wenn das Training gut verläuft, auch die Abfahrt, aber das denke ich eher nicht“, sagte McGrath. „Ich möchte im Speed-Bereich in diesem Jahr einen ersten Eindruck bekommen“, erklärte Braathen.

Freunde und Konkurrenten seit Kindertagen

Braathen und McGrath kennen sich, seit sie zehn Jahre alt sind. Da wechselte Braathen den Skiclub, um ein professionelleres Umfeld zu bekommen. McGrath erinnert sich, wie erwachsen er diese Einstellung fand. Sofort waren sie Konkurrenten und zugleich auch Freunde. Auch die Idole waren mit Ted Ligety, Felix Neureuther, Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud die gleichen.

„Vom ersten Training an haben wir uns gepusht und viel Spaß gehabt. Wir sind echt gute Freunde, aber auch Konkurrenten. Die Balance zu halten, ist schwierig, aber wir respektieren uns gegenseitig“, sagte McGrath. Man habe es immer geschafft, Freunde zu bleiben, erklärte Braathen. „Und es ist das Ziel, die Freundschaft zu bewahren. Ich denke, das schaffen wir.“

Als Braathen vor zwei Jahren den Sölden-RTL gewann, bei dem sich McGrath nicht für den zweiten Durchgang qualifiziert hatte, verspürte Letzterer zwiespältige Gefühle. „Ich dachte mir, Lucas war großartig, das war so cool. Aber gleichzeitig war es ein großer Schlag ins Gesicht, weil ich wusste, das kann ich auch. Es war ein Push für mich, ich habe hart gearbeitet, und vier Rennen später kam ich in Alta Badia das erste Mal auf das Podest. Wir folgen einander, ich ihm und umgekehrt.“

Verletzung veränderte Perspektive

Das sei auch kein Zufall, man wolle sich gegenseitig helfen. Wenn der andere besser sei, tue das ein wenig weh, aber auf eine gute, positive Weise, versicherte McGrath. Auf negative Weise schmerzten ihre Stürze mit Knieverletzungen im Adelboden-RTL im Jänner 2021 – auf diesen Paarlauf hätten die beiden gerne verzichtet, bedeutete es doch jeweils das Saisonende. „Davor ging es nur um Ergebnisse, jetzt sehen wir mehr das Ganze. Es war hilfreich für uns“, sagte McGrath.

Nun liegt der Hauptfokus für die neue Saison auf dem Spaß am Skifahren. „Ich denke nicht, dass es realistisch ist, um eine Kugel zu kämpfen, ich will bescheiden bleiben“, sagte McGrath. In Sölden lautet das Ziel Top 30. Braathen unterdessen erinnert sich an „großartige Emotionen“ bei seinem Premierensieg auf dem Rettenbachferner. „Hier war ich schnell. Ich bin glücklich, wieder eine Chance zu bekommen. Ehrlich gesagt bin ich nervös und unsicher, wo ich stehe.“