Fast drei Stunden kämpfte sich der 29-Jährige durch seine Auftaktpartie, ehe er den 25-jährigen Paul nach Abwehr zweier Matchbälle mit 2:6 7:6 (7/2) 7:6 (8/6) in die Schranken wies. Das Lob für seine Leistung bzw. die Steigerung dorthin gab Thiem umgehend auf die fast voll besetzten Ränge weiter. „Das Match hätte ich ohne die Energie vom Publikum nie gewonnen. Das Einzige, was ich machen konnte, war dran bleiben. Und das hat sich ausgezahlt.“
Vor allem im zweiten Durchgang verbiss sich Thiem in seinen Gegner und schlug dann zu. „Im Tiebreak im zweiten Satz, als ich gut gespielt habe, das war der Turning Point.“ Dennoch stand der Niederösterreicher im Entscheidungssatz vor der Niederlage, doch er machte einen 2:5-Rückstand wett und wehrte zwei Matchbälle ab.
Thiem ringt Paul nieder
Dominic Thiem hat beim Tennisturnier in der Wiener Stadthalle einen Erfolg gefeiert. Der Niederösterreicher besiegte den US-Amerikaner Tommy Paul nach schwachem Start in drei Sätzen.
Leistung noch steigerungsfähig
Vor dem Duell mit dem topgesetzten Russen Daniil Medwedew am Donnerstag (15.35 Uhr, live in ORF1) hieß es vorerst einmal durchblasen. „Das versuche ich einmal zu genießen“, meinte Thiem, dachte aber auch schon über Verbesserungspotenzial nach. „Spielerisch war es manchmal gut, aber es war zu passiv gegen so einen Spieler. Das ist mir fast zum Verhängnis geworden. Daher schaue ich, dass ich mich erhole und am Donnerstag befreiter aufspiele. Die Bedingungen kenne ich jetzt perfekt.“
Außergewöhnlicher Jubel
Genossen hat Thiem den Sieg schon unmittelbar nach dem verwerteten Matchball, wie sonst nur bei großen Siegen wie beim US-Open-Triumph ließ er sich auf den Rücken fallen. „Ich habe das nach einem Erstrundensieg sicher noch nie gemacht“, ließ er wissen. „Das mache ich immer nur zu sehr, sehr speziellen Momenten – wenn ich das Gefühl habe, dass das kein alltägliches Match war. Es war eine Riesenerleichterung. Allein wegen dieses Sieges haben sich die ganzen schweren Monate ausgezahlt. Es passiert nicht oft im Tennis, dass alle Leute auf deiner Seite sind in der Halle.“

Duell mit Medwedew „Riesenbelohnung“
Das Achtelfinale gegen Medwedew, der sich gegen den Georgier Nikolos Basilaschwili nach einer Spielzeit von einer Stunde souverän mit 6:2 6:2 durchsetzte, sieht Thiem als „Bonus, eine Riesenbelohnung. Er war bis vor Kurzem Nummer eins der Welt. Solche Matches – egal, wie sie ausgehen –, wenn ich gut spiele, helfen mir extrem weiter.“ Im Head-to-Head gegen den Russen liegt Thiem mit 3:2 voran, zuletzt unterlag er Medwedew im Finale der ATP-Finals 2020.
Wie schon im Antwerpen-Halbfinale gegen Sebastian Korda hat Thiem nun „Matchball“ auf die Rückkehr in die Top 100. Falls es nicht klappt, geht die Jagd am kommenden Wochenende in der Paris-Bercy-Qualifikation weiter.
Lange Spiele als mentale Herausforderung
Körperlich sieht er sich trotz zuletzt zwei Dreisatzpartien in Antwerpen und nun fast drei Stunden gegen Paul für das Achtelfinale gerüstet, das Mentale sei eher ein Knackpunkt. „Der Sieg ist für das Selbstvertrauen richtig gut, aber es zehrt extrem an der mentalen Kraft – die ganze Zeit lange Partien und die ganze Zeit die Anspannung hoch halten“, erläuterte Thiem. „Da bin ich noch nicht auf dem Level wie vor drei, vier Jahren, dass ich wochenlang durchspielen kann mit dem gleichen Fokus und der mentalen Stärke. Deswegen hoffe ich wieder auf die Energie vom Publikum.“
Rodionov trotz Niederlage zufrieden
Diese kam im Match davor auch in Richtung Jurij Rodionov, doch der ging gegen den Kanadier Denis Shapovalov als 4:6 4:6-Verlierer vom Court. Der 23-Jährige sah aber sein zuletzt intensiveres Training im Match umgesetzt. „Ich habe angefangen, vier Stunden am Stück ohne Pause zu trainieren“, verriet der Niederösterreicher. „Ich denke, man hat gesehen, dass ich in den langen Rallys gut mitgehalten habe und auch fit von den Beinen und vom Kopf her war. Mit der Entwicklung bin ich sehr zufrieden. Das Wichtigste ist jetzt, dass ich dran bleibe und mich stetig steigere.“
Die Initiative zur Trainingsadaption sei von ihm gekommen, sein Coach Gary Muller und Günter Bresnik in dessen Südstadt-Akademie hätten das begrüßt. Nachdem er zum Südafrikaner Muller im Sommer zurückgekehrt war, habe sich zwar nicht der Trainingsinhalt sehr geändert, aber seine Einstellung zum Coach. „Jetzt schätze ich ihn noch mehr wert.“ Rodionovs Ziel für heuer bleibt wie für Thiem ein Ranking für den Hauptbewerb der Australian Open. Als 130. der ATP-Weltrangliste fehlt ihm da noch einiges. Zumindest noch drei Challenger sollen ihm die erhofften Punkte bringen.
ATP-500-Turnier in Wien
(Österreich, 2.489.935 Euro, Hardcourt/Indoor)