Spieler von Sturm jubeln
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Europa League

Last-Minute-Tor lässt Sturm jubeln

Sturm Graz hat am fünften Spieltag der Gruppe F der Europa League dank eines Last-Minute-Tors die Tür zum Aufstieg in die K.-o.-Phase weit aufgestoßen. Otar Kiteishvili bescherte den Grazern am Donnerstag mit seinem Treffer in der dritten Minute der Nachspielzeit einen sensationellen 1:0 (0:0)-Erfolg über Feyenoord Rotterdam. Damit reicht Sturm im letzten Gruppenspiel am kommenden Donnerstag bei Midtjylland ein Remis, um erstmals seit 2000 wieder im Europacup zu überwintern.

Vor 13.987 Fans im ausverkauften Liebenauer Stadion sorgte der in der 55. Minute eingewechselte Kiteishvili in der Nachspielzeit per sehenswerter Einzelaktion für den goldenen Treffer im Spiel. Die Grazer revanchierten sich damit an Feyenoord auch für die 0:6-Abfuhr im Hinspiel. Mit einem Punkt zum Abschluss beim dänischen Vertreter Midtjylland ist Sturm vom zweiten Platz der Gruppe nicht mehr zu verdrängen und spielt damit auch im Frühjahr noch zumindest ein Spiel auf europäischer Ebene.

Die Steirer sind mit dem Erfolg über den Drittplatzierten der niederländischen Eredivisie in der diesjährigen Gruppenphase der Europa League zudem daheim unbesiegt und halten im eigenen Stadion bei der stolzen Bilanz von zwei Siegen und einem Remis. Neben dem 1:0 gegen Feyenoord besiegten die Grazer auch Midtjylland Anfang September mit dem gleichen Ergebnis. Gegen Lazio Rom holte Sturm daheim mit 0:0 einen Punkt.

Sturm schlägt Feyenoord mit 1:0

Sturm Graz hat am fünften Spieltag der Gruppe F der Europa League dank eines Last-Minute-Tors die Tür zum Aufstieg in die K.-o.-Phase weit aufgestoßen. Otar Kiteishvili bescherte den Grazern am Donnerstag mit seinem Treffer in der dritten Minute der Nachspielzeit einen sensationellen 1:0 (0:0)-Erfolg über Feyenoord Rotterdam.

Undurchsichtiges Deja-vu-Erlebnis

Um sich für die „Watsche“ aus dem Hinspiel möglichst zu revanchieren, vertraute Ilzer mehr oder weniger auf jene Aufstellung, die am vergangenen Wochenende in Salzburg ein 0:0 erreicht hatte. Einzige Ausnahme: Ivan Ljubic ersetzte den erkrankten Jon Gorenc-Stankovic im defensiven Mittelfeld. Bei Feyenoord wurde wie erwartet auch die aus österreichischer Sicht interessanteste Personalie aufgeboten. Wer ÖFB-Teamspieler Gernot Trauner bei den Gästen suchte, fand ihn wie immer in der Innenverteidigung mit Nummer 18.

Otar Kiteishvili (Sturm)
GEPA/Hans Oberlaender
Die entscheidende Szene: Kiteishvili versenkt den Ball im rechten Eck und schießt Sturm damit ins Glück

Wie schon beim Duell gegen Lazio glich das Areal rund um das Liebenauer Stadion aufgrund befürchteter Ausschreitungen unter den Fangruppen einem Hochsicherheitstrakt. Eine gewisse aggressive Grundstimmung war den ganz in Schwarz gekleideten Schlachtenbummlern von Feyenoord durchaus anzumerken. Schon eine Stunde vor Anpfiff machten die aus den Niederlanden angereisten Gäste klar, dass sie den wieder gut aufgelegten Sturm-Fans stimmungstechnisch Paroli bieten wollten.

Dichter Rauch im Stadion
IMAGO/Box to Box Pictures/Yannic Verhoeven
Im letzten Sturm-Heimspiel ließen es zuerst die Fans rauchen – stimmungstechnisch und im wahrsten Sinn des Wortes

Man fühlte sich nicht nur in Sachen Euphorie ans jüngste Grazer Derby Sturm gegen GAK im Cup erinnert. Auch weil die Fanblocks beider Teams die Arena mit bengalischen Feuern in dichten Rauch hüllten, kam ein Deja-vu-Gefühl auf. An ein Spiel war vorerst nicht zu denken. Schiedsrichter Espen Eskas aus Norwegen verschob den Ankick um ein paar Minuten nach hinten. Was u. a. den Sturm-Kassier ärgern und jenen der UEFA freuen durfte – Stichwort mögliche Strafen.

Sturm-Pressing wirkt nur kurz

Nachdem sich der Rauch wieder so weit verzogen hatte, dass gespielt werden konnte, erlebten die Grazer Fans ein weiteres Deja-vu. Wie schon gegen Midtjylland und Lazio Rom stellte sich Sturm dem Gegner früh entgegen und versuchte, mit frühem Pressing Ballverluste zu erzwingen. In der achten Minute klappte die Übung hervorragend, Tomi Horvat kam am Sechzehner auch zum Abschluss, doch Trauners Gesicht stand einem möglichen Sturm-Traumstart im Weg.

Doch so wie der gebürtige Oberösterreicher sich von dem Fast-K.-o.-Schuss nicht beeindrucken ließ, ließ sich auch Feyenoord, das durch Sebastian Szymanski den ersten Warnschuss abgegeben hatte (3.), vom steirischen Pressing nicht aus der Ruhe bringen. Die Niederländer übernahmen angetrieben von Kapitän Orkun Kökcü, der mit einem Freistoß Goalie Jörg Siebenhandl zu einer Parade zwang (12.), sowie den agilen Sturmspitzen Danilo und Javairo Dilrosun zur Freude der mitgereisten Fans sukzessive das Kommando.

Siebenhandl verhindert Trauner-Tor

Sturm konnte offensiv nicht mehr agieren, sondern nur mehr reagieren. Lange Passversuche auf Albian Ajeti und William Böving wurden meist zur Beute von Trauner, der sich immer wieder mit robustem Körpereinsatz in Szene setzte. In der 31. Minute wäre der 30-Jährige auch offensiv zum Trumpf für die Gäste geworden. Doch Goalie Siebenhandl lenkte den wuchtigen Kopfball des Verteidigers mit einem Reflex noch an die Querlatte und verhinderte so dessen Premierentreffer im Feyenoord-Trikot.

Gernot Trauner (Feyenoord) und Joerg Siebenhandl (Sturm)
GEPA/Hans Oberlaender
Siebenhandl verhinderte in Kombination mit der Querlatte Trauners (l. mit Nr. 18) Kopfballtreffer

Die Niederländer dominierten nun klar das Geschehen und waren einem Treffer deutlich näher als Sturm. Weil aber Danilo zweimal aus kurzer Distanz den Ball nicht richtig traf und Siebenhandl richtig stand (40. bzw. 45.+1) und Gregory Wüthrich kurz davor dem durchbrechenden Brasilianer mit einem Vorzeigetackling den Ball vom Fuß genommen hatte, ging es mit 0:0 in die Pause.

Sturms Feuer lodert wieder auf

Immerhin hatte Sturm-Trainer Ilzer in der Pause seine Mannschaft nach dem niederländischen Dauerdruck kurz vor dem Seitenwechsel wieder mental auf Vordermann gebracht. Denn die Grazer begannen die zweite Hälfte deutlich frischer und versuchten, Feyenoord wieder früh zu attackieren. Die zweite echte Chance im Spiel durch Horvat war der Lohn. Doch Justin Biljow im Tor der Gäste war beim Schuss des Slowenen aus spitzem Winkel zur Stelle (53.).

Sturm-Trainer Ilzer wollte das wieder lodernde Offensivfeuer seiner Mannschaft am Leben erhalten und legte mit Otar Kiteishvili und Emanuel Emegha zwei frische „Scheite“ für die ausgebrannten Stefan Hierländer und Ajeti nach. Die Maßnahme des Trainers zeigte auch Wirkung. Sturm hielt die Partie nun deutlich offener als vor der Pause, auch weil die Grazer defensiv nun deutlich sattelfester wirkten und Feyenoords Angriffe mehrmals im Keim erstickten.

„Joker“ Kiteishvili sticht

Die Gäste hatten zwar weiter mehr Ballbesitz, doch Sturm holte dank wiedergefundener Konterstärke in Sachen Chancen deutlich auf. In der 64. Minute stand es 1:1 – nach Stangenschüssen, nachdem das Torgehäuse diesmal einem Kopfball von Emegha im Weg stand. Nur wenige Minuten später fehlten David Affengruber, der der niederländischen Abwehr entwischt war, ebenfalls per Kopf nur Zentimeter (70.).

Die Sturm-Fans spürten, dass eine Sensation möglich war, und trieben ihre Mannschaft nun mit einem Orkan der Begeisterung nach vorne. Nun waren es die Gäste, bei denen offensiv nicht mehr viel funktionierte, was vor allem daran lag, dass Sturm nun alles in die Waagschale warf, um die Gruppenphase zumindest zu Hause ungeschlagen zu beenden.

Und es kam für die Grazer noch besser: Nachdem Emegha vier Minuten vor Ende der regulären Spielzeit den Matchball noch knapp vergeben hatte, stach in der Nachspielzeit der gleichzeitig mit ihm eingewechselte andere „Joker“: Kiteishvili nahm sich an der Strafraumgrenze den Ball zunächst mit der Brust mit, hämmerte ihn volley ins rechte Ecke und stieß damit die Tür zu einem Frühjahr im Europacup sperrangelweit auf (90.+3).

Stimmen zum Spiel:

Christian Ilzer: (Sturm-Trainer) „Es ist ein extrem emotionaler Sieg. Der Moment, wo Otar das Siegestor schießt, war wahrscheinlich einer der schönsten meiner Trainerkarriere. Erste Hälfte waren wir zu nervös, Feyenoord war in allen Belangen besser. Wir hatten einfache Ballverluste, zweite Hälfte haben wir fußballerische Qualität gezeigt und kaum noch was zugelassen. Am Ende war das Siegestor verdient.“

Otar Kiteishvili: (Sturm-Siegestorschütze) „Ich bin sprachlos. Es war so emotional. Vor einem Jahr habe ich mich verletzt gegen ein niederländisches Team und jetzt erziele ich das Last-Minute-Tor. Ich bin sehr dankbar. Es ist ein unglaubliches Gefühl. Zweite Hälfte haben wir wirklich gut gespielt. Wir haben super Spieler, wir haben die richtige Einstellung und sind körperlich frisch.“

Gernot Trauner: (Feyenoord-Verteidiger) „Die Niederlage ist sehr bitter. Wir waren auf einem guten Weg, konnten unsere Chancen nicht nutzen. Wir waren spielbestimmend, haben aber in der zweite Hälfte den Faden verloren. Da war Sturm gefährlicher. Aber einen Standard nicht gut zu verteidigen ist einfach nicht genug. In der letzten Minute ein Tor zu bekommen ist sehr bitter. Sturm hat alles reingehaut, was sie haben. Sie sind physisch sehr stark. Wir wussten, dass es nicht so laufen wird wie im Hinspiel. Wir müssen uns vorwerfen, das wir unsere Chancen nicht genutzt haben. Jetzt stehen wir als Verlierer da.“

Arne Slot (Feyenoord-Trainer): „Wir haben in der ersten Halbzeit gut gespielt und hatten auch gute Chancen. Aufgrund der zweiten Halbzeit hat Sturm vielleicht den Sieg mehr verdient. Da waren die Grazer sehr gefährlich, insbesondere mit ihren Standardsituationen, so haben sie ja auch das entscheidende Tor gemacht. Ich bin enttäuscht, dass wir verloren haben, auch frustriert, und am Ende war ich auch böse.“

UEFA Europa League, fünfter Spieltag

Sturm Graz – Feyenoord Rotterdam 1:0 (0:0)

Graz, Stadion Liebenau, 13.987 Zuschauer, SR Espen Eskaas (NOR)

Tor: 1:0 (93.) Kiteishvili

Sturm: Siebenhandl – Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Dante (91./Schnegg) – Hierländer (56./Kiteishvili), Ljubic, T. Horvat, Prass – Ajeti (56./Emegha), Böving (83./Jantscher)

Feyenoord: Bijlow – Geertruida, Trauner, Hancko, Marcos Lopez – Timber, Szymanski (67./Pedersen), Orkun Kökcü – Jahanbakhsh (60./Waalemark), Danilo (85./Gimenez), Dilrosun

Gelbe Karten: Ljubic bzw. Timber, Waalemark, Dilrosun, Pedersen

Die Besten: Siebenhandl, Wüthrich, Affengruber, Horvat bzw. Trauner, Kökcü, Dilrosun