Sturm-Torschütze Otar Kiteishvili jubelt mit seinen Teamkollegen
GEPA/Chris Bauer
Europa League

Sturm hat alle Trümpfe in der Hand

Sturm Graz hat es in der Europa League in eigener Hand, ob es erstmals seit der Saison 1999/2000 auf europäischer Bühne überwintert. Nach dem 1:0-Erfolg über Feyenoord Rotterdam am Donnerstagabend genügt den Steirern zum Abschluss in einer Woche beim FC Midtjylland ein Punkt, um sich zumindest Platz zwei in Gruppe F und einen weiteren Europacup-Auftritt zu sichern. Ein im Vergleich zur ersten Hälfte völlig anderes Gesicht und die „Magie“ von Goldtorschützen Otar Kiteishvili gaben Sturm alle Trümpfe in die Hand.

Es lief die dritte Minute der Nachspielzeit, als sich Kiteishvili an der Strafraumgrenze den Ball mit der Brust mitnahm und Feyenoord-Goalie Justin Biljow mit einem platzierten Volleyschuss keine Chance ließ. Der Georgier krönte damit nicht nur eine furiose zweite Hälfte der Grazer, sondern sorgte auch dafür, dass Sturm in seinen drei Heimspielen in der Gruppenphase unbesiegt blieb. Zudem vervierfachten die Steirer schon am fünften Spieltag ihre Ausbeute aus der Vorsaison, als man in sechs Gruppenspielen zwei Zähler einfuhr.

„Es war fantastisch“, sagte daher auch Sturm-Trainer Christian Ilzer, der den Erfolg gegen Feyenoord und die damit verbundene gelungene Revanche für die 0:6-Abfuhr im Hinspiel als „extrem emotionalen Sieg“ und den Last-Minute-Treffer von Kiteishvili als einen der „schönsten Momente meiner Trainerkarriere“ bezeichnete. Dank des Erfolges hält Sturm in der Tabelle der Gruppe F nun so wie Tabellenführer Lazio Rom bei acht Punkten. Feyenoord und Midtjylland folgen mit fünf Zählern dahinter. Die Rechnung für Sturm ist einfach: Schon mit einem Punkt ist man sicher Zweiter, mit einem Sieg winkt sogar der Gruppensieg.

Sturm schlägt Feyenoord mit 1:0

Sturm Graz hat am fünften Spieltag der Gruppe F der Europa League dank eines Last-Minute-Tors die Tür zum Aufstieg in die K.-o.-Phase weit aufgestoßen. Otar Kiteishvili bescherte den Grazern am Donnerstag mit seinem Treffer in der dritten Minute der Nachspielzeit einen sensationellen 1:0 (0:0)-Erfolg über Feyenoord Rotterdam.

In der Stunde des Erfolges verschwendete Ilzer aber keine Gedanken an mögliche Rechenspiele und Konstellationen für den Aufstieg ins Achtelfinale. „Es ist eine coole Ausgangslage, aber es ist noch nichts finalisiert. Wir müssen einfach liefern“, sagte der Trainer. Auch Goalie Jörg Siebenhandl schlug in die gleiche Kerbe. „Ein Wahnsinn, dass du mit diesem Punktestand noch nicht durch bist. Aber es ist alles möglich“, sagte der 32-Jährige.

Zwei unterschiedliche Hälften

Siebenhandl hatte auch großen Anteil daran, dass Sturm am Ende überhaupt noch die Chance zum Siegestreffer hatte. Denn in der ersten Hälfte sah es noch nach einem ähnlichen Ausgang wie im Hinspiel in Rotterdam aus. Feyenoord dominierte die Partie und hatte bei einem von Siebenhandl an die Querlatte gelenkten Kopfball von ÖFB-Legionär Gernot Trauner Pech. Sturm war offensiv nicht vorhanden, konnte den Ball kaum in den eigenen Reihen halten. „Wir haben zwei Gesichter gesehen. In der ersten Hälfte hatten wir sicher wieder etwas Glück, dass wir die Null gehalten haben“, sagte Verteidiger David Affengruber.

Nach einer durchaus lautstarken Aussprache in der Kabine kamen Affengruber und seine Kollegen aber mit deutlich mehr Biss zurück aufs Feld. „In der zweiten Hälfte haben wir uns zusammengerauft. Wir haben uns gesagt, wir hauen alles raus, was geht, denn wir haben solche Spiele nicht oft im Jahr“, so Affengruber. Die Anweisungen von Trainer Ilzer in der Pause seien zudem recht simpel zu verstehen gewesen, sagte Gregory Wüthrich: „Der Trainer hat gesagt, wir müssen alles besser machen.“

Sturm-Tormann Jörg Siebenhandl im Spiel gegen Feyenoord
APA/Erwin Scheriau
Siebenhandl hielt in der ersten Hälfte Sturm mit seinen Paraden im Spiel

Ilzer selbst war die Genugtuung über die Steigerung nach der Pause ins Gesicht geschrieben: „Wir hatten Kontrolle im Mittelfeld und haben auch begonnen, das Spiel qualitativ zu beherrschen.“ Mit dem Doppeltausch in der 55. Minute, der Kiteishvili und Emanuel Emegha ins Spiel brachte, kam der Sturm-Motor richtig ins Laufen. Der Kopfball von Emegha an die Stange in der 64. Minute war laut Trainer „das Startsignal für eine super Schlussphase, in der wir drückend überlegen waren.“ Die Krönung war das Traumtor von Kiteishvili zum Sieg.

Befreiungsschlag für „Magier“ Kiteishivli

Dass ausgerechnet der Georgier zum Matchwinner wurde, war für die gesamte Mannschaft der zweite Gewinn des Abends. Denn der 26-Jährige hatte in den vergangenen beiden Jahren weniger mit Gegnern, sondern mit Verletzungen zu kämpfen. „Er hatte keine einfache Zeit. Da musst du im Kopf sehr stark sein. Es waren viel Frust und Rückschläge dabei“, erinnerte Ilzer. „Heute hat er gezeigt, dass er Spiele alleine entscheiden kann. Es war fantastisch und freut mich auch persönlich für ihn.“ Teamkollege Affengruber sah es ähnlich: „Ich nenne Otar immer Magier und heute hat er gezeigt, warum.“

Otar Kiteishvili (Sturm) gegen Orkun Koekcue (Feyenoord)
AP/Florian Schroetter
Kiteishvili brachte nach seiner Einwechslung den nötigen Schwung in die Offensive

Laut Trainer habe der Georgier trotz aller Rückschläge immer weiter an sich gearbeitet, um mit der Entwicklung der Mannschaft mithalten zu können: „Er ist immer fokussiert geblieben und hat sich Ziele gesetzt.“ Kiteishvili selbst war in jenem Moment, als der Ball über die Torlinie gesaust war, laut eigener Aussage eine Riesenlast von den Schultern gefallen. Das Gefühl sei es „wert gewesen, alles durchzustehen, wodurch ich in den letzten Monaten gegangen bin“, meinte der 26-Jährige.

Der Blick des Goldtorschützen war jedoch bereits so wie jener seines Trainers nach vorne gerichtet. Zuerst auf die kommende Aufgabe in der Bundesliga in Ried und dann am Donnerstag in einer Woche jene in Midtjylland. Ilzer: „Spiele vorzudenken wäre ein Fehler.“ Denn noch ist in Gruppe F der Europa League alles möglich: von Platz eins und dem direkten Aufstieg ins Achtelfinale über Platz drei und den Umstieg in die Conference League bis – im „worst case“, wenn Sturm bei Midtjylland hoch verliert und Feyenoord daheim Lazio schlägt – Platz vier und das Europacup-Aus.