Die Wien-Doppelsieger Alexander Erler und Lucas Miedler
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Tennis

Erler/Miedler nach Heimsieg vor Gabelung

Alexander Erler und Lucas Miedler müssen sich nach ihrem Stadthallen-Coup nun sportlich neu orientieren. Mit dem am Sonntag eingefahrenen Titelgewinn bei der Erste Bank Open in Wien ist das ÖTV-Duo zwar im Doppel-Ranking in eine neue Dimension vorgestoßen, es gilt nun aber auch, den Spagat zu ihren Einzel-Ambitionen zu bewältigen. Turnierdirektor Herwig Straka macht sich unterdessen Sorgen, weil die Stadthalle aus allen Nähten platzt.

Trotz des Heimsieges mussten Erler und Miedler eine zwiespältige Bilanz ihrer Wien-Woche ziehen. Fix ist, dass sie mit ihren Karrierehochs von 50 (Erler) und 55 nun Österreichs Nummern eins und zwei im Doppel sind. Im Einzel brachte sie ihr Qualifikationsauftritt von Wien nicht weiter, im Gegenteil. Nach dem Out in Runde eins rutschte Miedler auf Position 383 ab, Erler gar auf 718. „Jetzt müssen wir im Einzel gut spielen, denn sonst wird die Schere zu groß“, war sich Miedler bei der Siegerpressekonferenz der Diskrepanz bewusst.

Gelegenheit dazu bietet sich noch heuer bei einigen Challengern, wohin es nach einem Kurzurlaub gehen wird. „Da werden wir richtig Gas geben und im Einzel auch schauen, dass wir nach vor kommen weiter“, kündigte Erler an. Sein sportlicher Partner bestätigte, dass noch heuer mehr Zeit für das Doppel sei. „Und dann muss man schauen“, so Miedler. „Dann, wenn es darum geht, ob wir Doppel oder Future-Einzel spielen, dann ist, glaube ich klar, wo die Reise hingehen sollte“, ließ er für den Fall der Entscheidung eine klare Tendenz in Richtung Doppel erkennen.

Erler/Miedler krönen Wien-Woche mit Titel

Alexander Erler und Lucas Miedler haben ihren Erfolgslauf bei den Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle gekrönt und sich den Doppel-Titel gesichert. Das dank einer Wildcard in den Bewerb gerutschte Duo setzte sich am Sonntag im Finale gegen die mexikanisch-argentinische Paarung Santiago Gonzalez/Andres Molteni 6:3 7:6 (7/1) durch.

Ticket für Australian Open in der Tasche

Das Ziel Australian Open haben die beiden nun sicher geschafft, die Doppel-Vorbereitung läuft also auf den Jänner hinaus. „Vor Australien sind noch zwei, drei ATP-Turniere. Los geht es in Pune in Indien“, gab Erler Planungseinblick. Der erste Teil der Arbeit dafür werde im November voraussichtlich individuell erfolgen. „Gemeinsam werden wir vier gute Wochen zum Trainieren haben“, führte Miedler aus. „Und wir trainieren dann ja auch beim Turnier. Weil er (Erler, Anm.) lebt in Tirol und ich in Niederösterreich. Also wir sehen uns beim Turnier mehr, als wenn wir daheim sind.“

Verblüfft haben die beiden mit ihrem souveränen Auftritt vor einer mit 9.500 Zuschauern ausverkauften Stadthalle, an dessen Ende ein 6:3 7:6 (7/1)-Sieg gegen das mexikanisch-argentinische Duo Santiago Gonzalez/Andres Molteni stand. Von Nervosität war keine Spur. „Vor dem Finale waren wir nervös“, gab Miedler zu. „Was uns aber irrsinnig geholfen hat, war der Kitzbühel-Sieg. Es war also nicht eine ganz neue Situation.“ Am Freitag im Halbfinale auf dem Court am Heumarkt sei die Hand aber schon schwer geworden. „Da haben wir gesagt, das passiert uns kein zweites Mal.“

„Brauchen uns vor keinem verstecken“

Dabei helfen zweifellos auch viele Spiele gegen Toppaarungen, vereinzelt hat es sie schon vor der Wien-Woche gegeben. „Vor zwei Wochen gegen Mektic/Pavic (CRO; Florenz, 4:6 2:6, Anm.) haben wir gesehen, dass man auch schnell verlieren kann“, erinnerte sich Miedler. „Dann haben wir aber gegen Krawietz/Mies (GER; Antwerpen, 7:5 6:7 (4/7) 6:10) gezeigt, dass wir da voll dabei sind. Wir haben gesehen, wenn etablierte Doppel- oder Super-Einzel-Spieler drübenstehen, brauchen wir uns vor keinem verstecken.“

Nun hat Erler sein für nächstes Jahr gestecktes Top-50-Ziel schon erreicht, und die Umsetzung von Miedlers nach dem Kitzbühel-Sieg 2021 mehr im Spaß getätigter Aussage klingt zumindest nicht mehr ganz unrealistisch. „Ich habe gesagt, das Ziel ist das Masters 2023. Das ist noch ein weiter Weg. Wir müssen einfach unsere Sachen weitermachen und uns stetig verbessern. Wir müssen uns einfach optimal vorbereiten und unsere Arbeit erledigen. Dann kommen hoffentlich die Dinge von alleine. Mit der Woche hat auch keiner gerechnet.“

Stadthalle platzt aus allen Nähten

Nicht zuletzt dank des Erfolgslaufs von Erler/Miedler blieb in der Stadthalle seit Mittwoch fünfmal in Folge keiner der 9.500 Plätze frei. „Wir haben die 70.000er-Schallmauer geknackt, was für uns unvorstellbar war“, freute sich Turnierdirektor Straka. Speziell am Freitag und Samstag, dem Viertel- und Halbfinal-Tag, sei der Run sehr stark gewesen. Straka: „Wir hätten da sicher das Doppelte verkaufen können – sicher 20.000 und mehr.“

Zuschauer des Finales der Erste Bank Open in Wien
APA/Georg Hochmuth
Seit Mittwoch war die Stadthalle fünfmal in Folge bis auf den letzten Platz ausverkauft

Daher spricht Straka offen über den geplanten neuen Veranstaltungskomplex in St. Marx. „Ja, wir brauchen eine neue Halle. Wir sind in Gesprächen. Tennis ist eines der wichtigsten Assets, die wiederkehrend sind. Deswegen wird auch in der neuen Halle mit Tennis geplant“, erklärte der Steirer. Man werde dann wahrscheinlich die Stadthalle schweren Herzens verlassen müssen, bis dahin seien es aber noch viele Jahre.

Straka träumt vom 1000er-Status

Die Qualität des Turniers wird schon längst über die Landesgrenzen hinaus gesehen, bei den Zuschauern kämen rund die Hälfte davon aus dem Ausland. Zudem hat heuer die Auszeichnung als bestes ATP-500-Turnier auf der Tour die gesamte ATP-Führungsmannschaft in die Stadthalle gelockt. Auch der Turnierdirektor des 1000er-Events von Madrid war gekommen, und sogar Basel war während der eigenen Turnierwoche vertreten. „Wir haben eine wirklich weltweite Präsenz, auch der Stadt Wien“, bemerkte Straka. „Es ist eine besondere Adelung und es macht Freude.“

Der Aufstieg von Wien zu einem 500er-Turnier war lange Zeit für unrealistisch gehalten worden, und dann doch eingetreten. Der nächste Schritt wäre der 1000er-Status. „Es ist unrealistisch, weil es nur eine gewisse Anzahl an Tausendern gibt“, weiß der Turnierchef. „Aber ich habe schon viel erlebt, wo es geheißen hat, dass es unmöglich ist. Und plötzlich gehen Türen auf und Möglichkeiten eröffnen sich. Wir sind auf jeden Fall vom Stellenwert zumindest 750, wenn nicht 1000 – was das ganze Service und das Auftreten betrifft.“