Die enttäuschten Salzburg-Spieler Lucas Gourna-Douath und Bernardo Fernandes da Silva
GEPA/David Geieregger
Champions League

Salzburg fehlte die letzte Cleverness

Für den FC Salzburg ist die Reise in der UEFA Champions League nach der Gruppenphase erwartungsgemäß zu Ende gegangen, auch wenn das 0:4 zum Abschluss bei AC Milan letztlich viel zu deutlich ausfiel. Dass man sich hinter Premier-League-Topclub Chelsea und dem italienischen Meister einreiht, ist dabei auch alles andere als eine Schande, doch für eine Sensation im San Siro fehlte Österreichs Serienmeister auch die letzte Cleverness.

„Solche Partien auf Topniveau werden in der Box entschieden“, sagte Trainer Matthias Jaissle. So gesehen hat der 36-jährige Olivier Giroud den Unterschied gemacht, war der Franzose doch mit zwei Toren und zwei Assists der Mann des Spiels. Das liegt freilich nicht nur an seinem Alter, sondern auch an der Qualität des 114-fachen Teamspielers. Aber dem Salzburger Team merkte man in diesem Endspiel um den Aufstieg die Jugend schon auch an. Das ist einkalkuliertes Risiko.

„Das ist unser Weg, natürlich zahlt man dann auch etwas Lehrgeld“, sagte Sportdirektor Christoph Freund darauf angesprochen. „Es wird auch wieder Spiele geben, die die Jugend für sich entscheidet.“ Diese hatte immerhin dafür gesorgt, dass Salzburg wie in den vergangenen Jahren bis zum Schluss um den Aufstieg mitspielte und das Mindestziel erreichte. Denn im Frühjahr geht es in der Europa League weiter.

Salzburg blickt wieder nach vorne

Salzburg blickt nach dem Aus im Champions-League-Achtelfinale bereits nach vorne. Im Frühjahr kehren die Bullen in der Europa League zurück, wo sie erneut aufzeigen wollen.

Salzburg stellte vor 70.000 Zuschauerinnen und Zuschauern – vor so vielen Menschen spielte noch kein Red-Bull-Team – das zweitjüngste Team der CL-Historie. Die Kulisse war für die jungen Spieler zwar beeindruckend, aber das hielt sie nicht davon ab, dem Favoriten mit Fortlauf Paroli zu bieten. „Wir haben in der ersten Hälfte unser Spiel auf den Platz bringen können, kamen auch zu Chancen, aber uns fehlte die Kaltschnäuzigkeit, das war der Unterschied zu Milan“, sagte Jaissle.

Kaltschnäuzigkeit als Unterschied

Milan traf zwar früh durch Theo Hernandez die Außenstange, aber aus dem Spiel heraus hatten die „Rossoneri“ in der ersten Hälfte weniger zwingende Chancen als Salzburg, für das Maurits Kjaergaard und Junior Adamu drei gute Möglichkeiten vergaben. „Wir waren nah dran, zumindest mit einem 1:1 in die Pause zu gehen“, analysierte Jaissle.

Auf der anderen Seite reichte Giroud ein Kopfball nach einer Ecke zur Führung. Der Franzose löste sich von seinem 19-jährigen Landsmann Lucas Gourna-Douath und traf wuchtig. Während der Salzburger ein nicht vorhandenes Foul reklamierte, jubelte Giroud längst.

Doch auch der Rückstand brachte Salzburg nicht völlig aus dem Konzept. Es dauerte zwar etwas, aber mit Fortlauf wurden die Salzburger mutiger und legten mehr Intensität in die Zweikämpfe. „Wir haben gespürt, dass da heute etwas möglich sein könnte“, meinte Maximilian Wöber. In der letzten Viertelstunde der ersten Hälfte hatte Salzburg das Heft in der Hand. „Wir haben viel zu viel zugelassen“, merkte diesbezüglich Milan-Trainer Stefano Pioli an. Aber die Gäste ließen die sich bietenden Chancen aus.

„Gnackwatschen“ gleich nach der Pause

In der Halbzeit wurde nicht gehadert. „Wir haben uns in der Halbzeit Videoszenen angesehen, haben uns viel vorgenommen“, gab Luka Sucic Einblick. Auch der Kroate sah keinen übermächtigen Gegner. „Ich denke nicht, wenn man die ersten zwei Tore sieht, sind das auch einfach billige Gegentreffer“, spielte der Kroate auch auf das 2:0 an, denn das fiel nur 46 Sekunden nach Beginn der zweiten Hälfte.

„Wenn man in der 46. Minute mit der ersten Aktion das 0:2 kriegt, ist das eine schöne Gnackwatschen, von der haben wir uns nicht mehr erholt“, konstatierte Wöber. Sucic ergänzte: „Wenn man gleich das Tor bekommt, ist das brutal für eine junge Gruppe.“ Auch dieser Treffer so kurz nach der Pause zeugte nicht von Cleverness, und trennte somit die Spreu vom Weizen in der Eliteliga Europas. Die beiden Treffer danach fielen im „Endspiel“ nicht mehr besonders ins Gewicht.

Stolz überwiegt Schmerz

Daher konnte Salzburg auch erhobenen Hauptes das Feld verlassen, auch wenn es im ersten Moment naturgemäß weh tat. „Spätestens morgen überwiegt der Stolz, weil wir wieder eine gute Champions-League-Saison gespielt haben. Heute ist dieses 0:4 bitter, aber wir überwintern international, das war von Anfang an das Ziel“, erklärte Nicolas Seiwald. Ähnlich sah es sein Trainer. „In Summe sind wir stolz auf das Geleistete, die Mannschaft hat als jüngstes Team gezeigt, dass man mit den Großen mithalten kann“, resümierte Jungtrainer Jaissle.

Salzburg-Spieler applaudieren nach dem Spiel gegen AC Milan in Richtung Fans
GEPA/David Geieregger
Salzburg dankte den 4.000 mitgereisten Fans für die Unterstützung – und diese umgekehrt für die CL-Auftritte

Auch sein Chef zog eine positive Bilanz. „Absolut, jede Halbzeit, bis auf heute die zweite Hälfte, war sehr eng. Das Ziel haben wir erreicht. Die junge Mannschaft hat sich gut präsentiert, gute Spiele abgeliefert“, betonte Freund. Für die ganz große Sensation reichte es eben nicht.

Rückkehr in Europa League

Nach zwei Jahren Absenz kehrt Salzburg damit in die Europa League zurück, in der man einst 2018 sogar das Halbfinale erreicht hatte (Seiwald: „Damals habe ich noch von der Tribüne aus zugeschaut“). Bereits am Montag wird in Nyon der Gegner im Play-off ausgelost, dabei handelt es sich um einen Gruppenzweiten aus der Europa League. Gespielt wird dann am 16. bzw. 23. Februar nächstes Jahr.

„Wir freuen uns, dass wir dabei sind, es sind auch da unglaubliche Teams dabei“, sagte Freund und spielte dabei auf Manchester United, FC Barcelona und Juventus an. Die Letztgenannten sind aber wie Salzburg Umsteiger und damit vorerst keine möglichen Gegner. Jaissle verzichtete auf große Zielvorgaben. „Wir werden da wohl auch die jüngste Mannschaft sein, von daher schauen wir von Spiel zu Spiel“, so der Coach, für den dieser Bewerb gänzlich Neuland sein wird.

UEFA Champions League, sechster und letzter Spieltag

Mittwoch:

Milan – Salzburg 4:0 (1:0)

Mailand, Stadio San Siro, 70.000 Zuschauer, SR Mateu Lahoz (ESP)

Torfolge:
1:0 Giroud (14.)
2:0 Krunic (46.)
3:0 Giroud (57.)
4:0 Messias (90.+1)

Milan: Tatarusanu – Kalulu (86./Gabbia), Kjaer, Tomori, T. Hernandez (78./Ballo-Toure) – Tonali, Bennacer (70./Pobega) – Rebic, Krunic (78./De Ketelaere), Leao (69./Messias) – Giroud

Salzburg: Köhn – Dedic, Solet (46./Bernardo), Pavlovic, Wöber (77./Ulmer) – Gourna-Douath (64./Kameri) – Seiwald, Sucic, Kjaergaard – Adamu (61./Sesko), Okafor (77./Koita)

Gelbe Karten: keine bzw. Okafor, Gourna-Douath