Georg Hackl und Markus Prock
ÖRV/Ebermann
Rodeln

Zwei Legenden ziehen an einem Strang

Was auf den Fußballplätzen Lionel Messi gegen Cristiano Ronaldo ist, war in den späten 1980ern und 1990ern im Eiskanal Markus Prock und Georg Hackl. Der Tiroler und der Bayer duellierten sich 15 Jahre lang um die Vorherrschaft im Rodelsport. Seit April ziehen Prock und der „Schorsch“ beim Österreichischen Verband (ÖRV) als Präsident und Betreuer an einem Strang. Ziel: Hackls Heimat Deutschland als Nummer eins im Rodelsport abzulösen.

Zehn Tage, bevor mit Ralf Rangnick ein anderer Deutscher einen prominenten Trainerposten in Österreich übernahm, hatten die heimischen Rodler mit der Verpflichtung von Hackl als Teil des Teams des neuen Cheftrainers Christian Eigentler für eine „Transfersensation“ gesorgt. Der 56-Jährige war nach seiner aktiven Karriere beim deutschen Verband als Techniktrainer engagiert und u. a. mitverantwortlich dafür, dass die deutschen Rodler bei den Olympischen Spielen in Peking heuer alle Goldenen abräumten.

Der Wechsel des Rodelstars zum Nachbarn kam aber nur für Außenstehende überraschend. „Wir haben schon vor Jahren geredet, oder mehr geblödelt, ob wir nicht gemeinsam ins Team nach Österreich kommen“, sagte ÖRV-Präsident Prock in einem gemeinsamen Interview mit Hackl in der ORF-TV-Sendung „Sport am Sonntag“. Schon vor zwei Jahren sei es „ernst geworden“, so der 58-Jährige, der seinen ehemaligen Erzrivalen gleich bis zu den Olympischen Spielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo ins Boot holte. Die erste Bewährungsprobe gibt es am 3. und 4. Dezember mit dem Weltcupstart in Innsbruck-Igls.

Konkurrenten, aber keine Feinde

Die aktiven Karrieren des Tirolers Prock und des Bayern Hackl sind untrennbar miteinander verbunden. Prock ist mit zehn Siegen im Gesamtweltcup neben dem Südtiroler Armin Zöggeler Rekordgewinner. Dazu raste der gebürtige Innsbrucker 1987 und 1996 zu WM-Gold im Einzel. Hackl, der es so wie Prock auf 33 Einzel-Siege im Weltcup brachte, holte sich die Gesamtwertung zwar „nur“ zweimal, stand dafür aber dreimal auf dem WM-Stockerl ganz oben.

Historisches Duell: Prock gegen Hackl

15 Jahre lang beherrschten die Ausnahmerodler Markus Prock und Georg Hackl die Eiskanäle dieser Welt mit legendären Duellen. Nun hat der aktuelle Rodelpräsident Markus Prock ausgerechnet seinen langjährigen Rivalen und dreifachen Olympiasieger Georg Hackl nach Österreich geholt.

„Wir haben beide unsere Erfolge gehabt und beide viel für den Rodelsport geleistet. Wir haben beide etwas dazu beigetragen, um den Rodelsport salonfähiger zu machen“, erinnerte sich Prock im ORF-Interview. Für Hackl war der Konkurrenzkampf mit dem um zwei Jahre älteren Tiroler „befruchtend. Was wäre ein Sieg wert gewesen, wenn du nicht einen super starken Gegner gehabt hättest?“ Trotzdem sei von Feindschaft keine Spur gewesen. „Wir sind immer freundschaftlich verblieben und das hat uns letztendlich wieder zusammengeführt“, so Hackl.

Legendäre Olympiaduelle

Von den Erfolgen des Deutschen sollen vor allem jene abfärben, die bis heute am meisten mit dem Duell Hackl – Prock verbunden werden. Denn bei Olympischen Spielen war der „Schorsch“ dem Markus immer den von Reporterlegende Sigi Bergmann geprägten „Wimpernschlag einer Libelle“ voraus. Bei den ersten gemeinsamen Spielen 1988 in Calgary holte Hackl als Außenseiter hinter seinem für die damalige DDR startenden Landsmann Jens Müller Silber, während Prock als Weltmeister von 1987 und Favorit ausließ und nur Elfter wurde.

Markus Prock (AUT), Georg Hackl (GER) und Armin Zoeggeler (ITA), 1994
GEPA/Witters/Valeria Witters
Markus Prock, Georg „Schorsch“ Hackl und Armin Zöggeler drückten dem Rodelsport ihren Stempel auf

1992 im Eiskanal von La Plagne im Rahmen der Spiele von Albertville und zwei Jahre später in Hunderfossen bei Lillehammer musste sich Prock im Kampf um Gold seinem deutschen Rivalen beide Male geschlagen geben – 1994 gar nur um lächerliche 13 Tausendstelsekunden. 1998 in Nagano vollendete Hackl schließlich seinen Goldhattrick, den ihm erst heuer seine Landsfrau Natalie Geisenberger nachmachte. Prock blieb in Japan nur Blech. Und auch bei den letzten gemeinsamen Spielen 2002 in Salt Lake City hatte der „Schorsch“ die Nase vorne – allerdings nicht ganz. Aber hinter Zöggeler stand der Deutsche doch eine Stufe höher bei der Siegerehrung als Bronzemedaillengewinner Prock.

Gute Stimmung und effizientes Vorgehen

Nachdem er auch als Trainer mit dem deutschen Team beim Zählen der Olympiagoldenen nicht nachgekommen war, suchte sich Hackl – der sich auch neunfacher Wok-Weltmeister nennen darf – eine neue Herausforderung sowie eine atmosphärische Veränderung: „Ich habe immer ein bisschen neidisch über den Zaun geschaut, welche gute Stimmung und Atmosphäre im österreichischen Team ist“, sagte der Bayer im ORF-Interview. Ein Umstand, der auch Präsident Procks wichtigstes Argument war, um seinen ehemaligen Konkurrenten über die Grenze zu lotsen: „Wir helfen zusammen und das ist auch unsere große Stärke. Wir sind klein, aber manövrierfähig und können schnell entscheiden.“

Die Ziele mit dem österreichischen Team

Wie soll die Zukunft des Rodelsportes aussehen? Markus Prock und Georg Hackl im Gespräch.

Vor allem die schnellen Entscheidungen und die kurzen Wege sind es, was Hackl am Prock und seinem Team bewundert. „Es ist ein kleiner Verband, der aber gut vernetzt und gut strukturiert ist. Es werden sowohl die finanziellen als auch die personellen Ressourcen sehr effizient eingesetzt“, sagte der langjährige Superstar der Szene. Hilfe sei oft nur einen Anruf entfernt, so der Deutsche. Das Gerücht, es habe im deutschen Verband Reibereien gegeben, die ihn zu seinem Wechsel bewogen hätten, wischt Hackl jedenfalls vom Tisch: „Ich war in den letzten Jahren mit allen im deutschen Verband gut.“

„Sind auf einem guten Weg“

Im österreichischen Team hat sich der Bayer jedenfalls gut eingelebt. Vor allem dank Hackls Expertise in Sachen Material sollen die rot-weiß-roten Schlitten nun nicht nur näher an die dominierenden Deutschen herankommen, sondern spätestens bei Olympia 2026 auch überholen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird allerdings von Hackl nichts kopiert, sondern in Zusammenarbeit mit Peter Penz kombiniert. „Ich habe mich sofort, wie es unter Dach und Fach war, mit Peter Penz zusammengeschlossen, und wir haben Gemeinsamkeiten und die Unterschiede entdeckt und analysiert“, so Hackl.

Präsident Prock ist mit den bisherigen Fortschritten Richtung Weltcup-Start jedenfalls zufrieden. „Ich bin froh, dass die Chemie passt. Wenn man die besten Fußballer hat, aber die Harmonie nicht stimmt, gewinnen sie auch nichts“, so der Verbandsboss. Dass Hackl fast ausschließlich in der Rodelwerkstatt zu finden sei, spreche für dessen Ehrgeiz: „Ich brauche Leute, die Besessene sind und nicht nur Dienst nach Vorschrift machen.“ Hackl selbst sieht sich im Team von Cheftrainer Eigentler jedenfalls perfekt integriert: „Wir lernen jeden Tag voneinander und miteinander. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.“