„Wie hatten ein gutes Vorbereitungsprogramm, wenn man bedenkt, dass wir Katar sind. Ein kleines Land mit wenig Erfahrung und Spielern, die in Katar, einer kleineren Liga, spielen“, sagte Sanchez wenige Tage vor Turnierstart der spanischen Sportzeitung „Marca“.
Seit 2017 steht der 46-Jährige im A-Team an der Linie. Katar trat dank Einladungen bei der Copa America in Südamerika oder beim Gold Cup in den USA an, um Erfahrung zu sammeln. In Europas WM-Qualifikation waren die „al-Anabbi“ („Die Weinroten“) als Testgegner dabei.
Mit System zur Nationalmannschaft
Seit 18 Jahren versucht Katar eine Fußballnationalmannschaft aufzustellen. Mit System ist eine ganze Spielergeneration herangezogen worden.
„Wir haben uns vorbereitet, auch wenn es niemals dasselbe Szenario (wie eine WM) sein wird“, so Sanchez. Zuletzt im September trat Katar auch zweimal in der Heimstätte der Wiener Austria gegen Kanada (0:2) und Chile (2:2) an. Bei der Generalprobe besiegte man Albanien mit 1:0.
Spanische Expertise und Aspire Academy als Eckpfeiler
Der einst als Jugendcoach in Barcelonas Talentschmiede La Masia arbeitende Sanchez ist bei Weitem nicht der einzige Spanier in katarischen Diensten. Seit zwölf Jahren steht mit Ivan Bravo ein Mann mit Erfahrung an der Spitze des fußballerischen Thinktanks, der Aspire Academy. 18 Teamspieler stammen aus der Akademie. Bravo war bei Real Madrid in der strategischen Planung federführend. Vor ihm leitete mit Josep Colomer ein anderer Spanier die Geschicke der 2004 ins Leben gerufenen Akademie. Colomer gilt als Entdecker eines gewissen Lionel Messi. Er war es auch, der Sanchez 2006 nach Katar lotste.

Über die Jahre ging eine ganze Riege von Nachwuchstrainern aus dem Land des Welt- und Europameisters gut bezahlt nach Doha. Geld ist im Emirat ausreichend vorhanden. Der katarische Fonds, der wie das ganze Land von einer kleinen privilegierten Elite kontrolliert wird, verwaltet ein Vermögen von fast 500 Milliarden Dollar. Glänzen will Katar schon seit Längerem auch im Sport. Die Strategie dahinter: Der talentierteste Nachwuchs soll – koste es, was es wolle – zu Weltklasseathleten geformt werden. Die Mittel dafür stoßen auf Kritik.
Mit Einbürgerungen zum Asiencup-Triumph
So ist die Einbürgerung ein diskutables Thema. Der katarische Verband kam 2004 in die Schlagzeilen, als die FIFA dem Nationenwechsel der Brasilianer Ailton, Dede und Leandro einen Riegel vorschob. Anders als im Handball – zur Heim-WM 2015 bürgerte Katar kurzerhand einige Europäer ein – war diese Strategie nach dem Einspruch des Weltverbands nicht gangbar. Das Team ist nun eine Mischung aus Eingebürgerten wie auch Gastarbeiter- und Einwandererkindern.
FIFA WM 2022, Gruppe A
Sonntag, 17.00 Uhr, live in ORF1
Katar – Ecuador
Al-Chor, Al Bayt Stadium, SR Orsato (ITA)
Mögliche Aufstellungen:
Katar: al-Schib – Pedro Miguel, Salman, al-Rawi, A. Hassan, Ahmed – Hatim, Asad, Abu Diaf – Alaa al-Din, Ali
Ecuador: Dominguez – An. Preciado, Hincapie, Torres, Estupinan – Franco, Gruezo, Caicedo – Plata, Valencia, Ibarra
Beim größten Triumph, dem überraschenden Titelgewinn beim Asiencup 2019, standen im Irak, Algerien, Portugal, Frankreich, Ägypten und dem Sudan geborene Spieler für Katar am Feld. Die rechtliche Lage der Fußballer ist kompliziert. Das kleine Land am Persischen Golf zählt knapp 2,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner, nur etwa zehn Prozent wird der katarische Pass gewährt.
Gastarbeiterkinder genießen dessen Privilegien nicht. Sie bekommen einen „Mission Passport“, der laut Danyel Reiche, Experte für Sport der Georgetown University in Doha, eine Lücke im internationalen System darstellt. „Das heißt, das ist ein Ausweis, der nur verwendet wird, um an internationalen Wettbewerben teilzunehmen“, sagte Reiche der ARD.
Auch frühere LASK-Spieler im Aufgebot
Der Star des Teams hat seine Wurzeln in Afrika. Der in Katar als Sohn eines Tansaniers und einer Jemenitin geborene Akram Afif (26) wurde als 16-Jähriger nach Spanien geschickt, wo er im Nachwuchs des FC Sevilla spielte. Später ging der Flügelstürmer zu Villarreal, für seine Leihstation Sporting Gijon stand er neunmal auf dem Feld. Nun spielt Afif in Doha für al-Sadd.
In der Heimat ist auch Almoez Ali (26) engagiert. Der im Sudan geborene Mittelstürmer von al-Duhail und Torschützenkönig beim Asiencup stand wie Mittelfeldspieler Assim Madibo in der Saison 2015/16 für einige Monate beim LASK unter Vertrag. Kapitän ist Hassan al-Haydos (31/Stürmer), der über 160 Länderspiele absolviert hat.

Das Quartett war auch 2019 dabei, als Katar nach Erfolgen über Südkorea und die Vereinigten Arabischen Emirate im Asien-Cup-Finale gegen Japan 3:1 gewann. Es ist der größte Erfolg der Verbandsgeschichte. „Es war schwer vorstellbar, dass Katar den Asiencup gewinnt, und wir haben ihn gewonnen“, meinte Sanchez.
Seine Auswahl bekommt es beim Heimturnier mit Ecuador, Senegal und den Niederlanden zu tun. Sanchez bleibt optimistisch. „Natürlich reden wir jetzt nicht davon, die WM zu gewinnen. Aber unsere Herausforderung ist, uns auf einem guten Level mit diesen drei Mannschaften zu messen. Man weiß im Fußball nie, was passiert.“