Ralf Rangnick, applaudierend
GEPA/Johannes Friedl
Fußball

Rangnick blickt optimistisch auf 2023

Das 2:0 zum Jahresabschluss am Sonntag gegen Italien soll dem österreichischen Nationalteam laut Cheftrainer Ralf Rangnick auch in Zukunft als Orientierung dienen. Der Deutsche durfte nicht nur mit dem Ergebnis gegen den Europameister, sondern auch mit der Leistung „sehr zufrieden“ sein. „Was wir die ersten 70 Minuten gespielt haben, war schon ein Fußball, der dem sehr nahe kommt, wie ich mir das auch in Zukunft vorstelle von unserer Mannschaft“, sagte Rangnick, der optimistisch auf das nächste Jahr blickt.

„Die ersten 70 Minuten haben mir großen Spaß gemacht beim Zuschauen.“ Man sei proaktiv gewesen, habe mit und gegen den Ball die Dinge kontrolliert und – auch unter Einbeziehung von Torhüter Heinz Lindner – von hinten herausgespielt. „Es war ein guter Schritt in die richtige Richtung“, betonte Rangnick. „Daran müssen wir uns auch immer wieder orientieren für die zukünftigen Spiele.“

Schon in der Nations League habe man phasenweise den Fußball, den er sehen will, gespielt. „Diesmal haben wir es aber durchgezogen.“ Nur in den 15 bis 20 letzten Minuten habe man – „verständlicherweise“, wie Rangnick anmerkte – nicht so viel Druck auf den Ballführenden bekommen. „Das Ziel ist, irgendwann einmal 90 Minuten das Spiel komplett zu kontrollieren. Das ist das, was ich mir wünsche.“

Schritt in die richtige Richtung für ÖFB-Team

Mit einem positiven Gefühl geht Österreichs Fußballnationalteam in die Winterpause und in das kommende Jahr. Der 2:0-Sieg über Europameister Italien soll nur ein weiterer Schritt in die richtige Richtung gewesen sein.

Zuversichtlich für EM-Qualifikation

Für die 2023 angesetzte EM-Qualifikation gab sich Rangnick zuversichtlich. „Wenn wir alle Mann an Bord haben und mit so einer Einstellung und so viel Mut ein Spiel bestreiten, haben wir sicherlich eine Chance auch gegen die starken Gegner, die wir in der Gruppe haben.“ Das sind Belgien und Schweden. Verpasst das ÖFB-Team das Fixticket für die zwei Gruppenbesten, müsste es auf das Play-off hoffen.

Rangnick hofft auch auf die Unterstützung der Zuschauerinnen und Zuschauer. Zum Test gegen den Europameister waren nur 18.000 Fans in den Wiener Prater gekommen. „Für die Qualifikationsspiele wünsche ich mir schon, dass wir in Stadien spielen, die ausverkauft sind.“ Der Auftakt, ein Doppel gegen Aserbaidschan (24. März) und Estland (27. März), dürfte in Linz stattfinden. Das dort noch in Bau befindliche neue Stadion wird rund 20.000 Menschen Platz bieten.

Vier Monate sind es bis dahin. Die Pause will Rangnick ab Jänner mit wiederkehrenden Videokonferenzen mit seinen Teamspielern überbrücken, um seine Ideen in deren Köpfen zu halten. „Nicht immer alle zusammen, aber in Gruppen werden wir taktische Dinge besprechen, auch Videos durchgehen“, erklärte der 64-Jährige. Dazu wolle er mit seinem Team die Spieler regelmäßig besuchen, sich nicht nur Spiele, sondern auch Trainings bei deren Clubs anschauen. Der Trainerstab sei dafür „ausreichend gut besetzt“.

Extralob für Arnautovic und Adamu

Gut zurechtzukommen scheint Marko Arnautovic mit dem, was Rangnick von ihm will. Der 33-Jährige war gegen Italien einer der stärksten Spieler auf dem Platz. „Was Marko die erste Stunde gespielt hat, war schon auf sehr hohem Niveau. Viel besser kannst du das nicht spielen – auch gegen den Ball“, lobte Rangnick. Als er das ÖFB-Team übernommen hatte, habe es auch kritische Stimmen gegeben, die hinterfragt hätten, ob die Art und Weise, wie er spielen lassen will, zu Arnautovic passe. „Heute hat er gezeigt, dass es sehr, sehr gut passt.“

Marco Arnautovic beim Fußballspielen
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Die Frage, ob Arnautovic ins System Rangnick passt, ist beantwortet: Ja

Sonderlob wollte Rangnick eigentlich keines verteilen, beispielhaft nannte er aber auch Junior Adamu, der erstmals in der ÖFB-Startformation gestanden war. Der 21-Jährige habe in Salzburg eine sehr gute Entwicklung genommen und ein „richtig gutes Spiel gemacht“. Es hätten aber auch noch „Spieler gefehlt, die ich durchaus zum engsten Kreis zähle“. Der verletzte Leipzig-Mittelfeldspieler Konrad Laimer etwa. Auch Kevin Danso hätte laut Rangnick gespielt. Der Lens-Verteidiger musste aber wegen muskulärer Probleme passen.

Noch keine Torhüterentscheidung

Seine Torhüterentscheidung für die Quali hat Rangnick noch nicht getroffen. Lindner habe gut gespielt – „auf der Linie, in der Strafraumbeherrschung und auch als Mitspieler“. Alexander Schlager habe ihm im Training gefallen, mit Patrick Pentz habe er sich in Wien im Hotel getroffen. Der Reims-Legionär wurde von seinem Club nicht abgestellt. Ab Jänner müsse Pentz wieder zu Einsätzen kommen. „Wenn es ein Dauerzustand ist, dass er gar nicht spielt, wird es schwierig, auch für mich, ihn zu nominieren.“

Heinz Lindner
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Offen ist, wer 2023 im Tor steht – am Sonntag hat Lindner Werbung in eigener Sache gemacht

Begeistert zeigte sich Rangnick vom Engagement, der Laufarbeit und der Intensität, die sein Team auch im letzten Länderspiel des Jahres noch an den Tag legte. „Ich mache mir, was die Einstellung dieser Truppe angeht, überhaupt keine Sorgen.“ Viele Spieler hätten die Anforderungen, die der Spielstil mit sich bringe, aufgrund ihrer RB-Vergangenheit ohnehin „in ihrer DNA und ein Stück weit im Blut“.

Finetuning und Fitness als Faktoren

Nun gehe es noch ums Finetuning – und darum, in den entscheidenden Spielen auch alle Kicker zur Verfügung zu haben. „Wir haben jetzt nicht eine Breite wie England, Deutschland, Italien oder Frankreich“, betonte Rangnick. „Deswegen wäre schon gut, dass wir möglichst alle an Bord haben, wenn es dann darauf ankommt.“

Schon in der Nations League hätte man mehr Punkte holen können, zog der Teamchef auch eine kleine Jahresbilanz. Er hätte seinen Spielern vor der Italien-Partie gesagt, er wolle danach nicht hören, dass man gut gespielt habe, aber nicht gewonnen hätte. „Wir müssen das Wort ‚aber‘ streichen, so sind wir auch aufgetreten.“ Man habe absolut verdient gewonnen. ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel habe ihm gesagt, es hätte auch 7:3 ausgehen können. „Mir ist es trotzdem lieber, wir gewinnen 2:0.“

Mit Schöttel ging es nach Kroatien, mit U21-Teamchef Werner Gregoritsch hält er bis Freitag einen viertägigen Trainingslehrgang für Perspektivspieler der Geburtsjahrgänge ab 2000 ab, die nicht beim A-Team dabei waren. „So etwas kann durchaus zu einer Dauereinrichtung werden“, sagte Rangnick. „Einmal im Jahr macht das für mich absolut Sinn.“

Zahlen, Daten und Fakten zum Länderspieljahr 2022

Bilanz: Die Jahresbilanz ist mit drei Siegen, zwei Remis und fünf Niederlagen zum ersten Mal seit 2016 (3-3-6) negativ.

Rekordspieler: Marko Arnautovic löste in diesem Jahr Andreas Herzog (103 Berufungen) mit nunmehr 106 Einsätzen als Rekordteamspieler ab.

Hunderterclub: Aleksandar Dragovic erreichte 100 Einsätze, wurde seitdem aber von Rangnick nicht mehr berücksichtigt. Nur Herzog und Arnautovic haben mehr Einsätze absolviert. David Alaba (98) steht kurz davor.

Debütanten: Sieben Spieler gaben ihr Debüt. Unter Franco Foda Patrick Pentz und Maximilian Ullmann; unter Nachfolger Rangnick Patrick Wimmer, Romano Schmid, Muhammed Cham, Niklas Hedl und Alexander Prass.

Comeback: Fünf Akteure feierten ihr Comeback. Andreas Weimann (zuletzt 2015), Kevin Danso (2018), Maximilian Wöber (2019), Florian Grillitsch (11/2021) und Florian Kainz (10/2021).

Dauerläufer: Marcel Sabitzer (je einmal aus- und eingewechselt), Marko Arnautovic (5 a, 3 e) und Michael Gregoritsch (2 a, 8 e) waren in allen zehn Spielen im Einsatz.

Nummer zwei: Arnautovic schoss zwei Tore, hält nun wie Hans Krankl bei 34 und hat nun nur noch Toni Polster (44) vor sich.

Gesamtbilanz: Die Bilanz in Österreichs Länderspielgeschichte seit 1902 ist nach 817 Spielen gegen insgesamt 73 Gegner mit 341 Siegen, 174 Remis und 302 Niederlagen deutlich positiv.