FIFA WM 2022

Belgien bezwingt mit Glück Kanada

Belgien, als einer der Titelanwärter in das Turnier in Katar gestartet, hat am Mittwoch in seinem Auftaktspiel der Gruppe F gegen Außenseiter Kanada mehr Mühe gehabt als erwartet und die beherzt auftretenden Nordamerikaner mit Glück und Routine mit 1:0 bezwungen. Michy Batshuayi gelang in der 44. Minute der Goldtreffer. Alphonso Davies ließ hingegen für Kanada eine historische Chance aus.

Vor 40.432 Fans im Ahmad bin Ali Stadium von al-Rajjan bestritt Kanada erst sein viertes WM-Spiel überhaupt, das erste nach 36 Jahren Pause. Ein Tor war den Kanadiern noch nie gelungen, und dabei sollte es auch bleiben, nach dem Bayern-Legionär Davies in der elften Minute mit einem Handelfer an Thibout Courtois scheiterte.

Außerdem wurde bei zwei umstrittenen Strafraumszenen nicht auf Elfmeter für Kanada entschieden. Effektiver waren die Belgier, die ohne ihren verletzten Topstürmer Romelu Lukaku beim einzigen Tor die kanadische Hintermannschaft aushebelten. Kanada hatte am Ende 21 Torversuche, Belgien nur neun, aber die drei Punkte gingen an Österreichs Gegner in der nächsten EM-Qualifikation ab März 2023.

Für den erhofften großen Erfolg bei diesen Titelkämpfen muss sich die „Goldene Generation“ rund um Kevin De Bruyne und Eden Hazard aber noch steigern. Nachdem sich Marokko und Tunesien zuvor mit 0:0 getrennt hatten, übernahm Belgien mit dem Minimalergebnis die Führung in der Gruppe F. Am Sonntag (14.00 Uhr, live in ORF1) misst sich Belgien mit Marokko, während Kanada gegen Vizeweltmeister Kroatien erneut sein Glück versucht (17.00 Uhr).

Davies lässt historische Chance aus

Trainer John Herdman, der bereits mit Kanadas Frauen-Nationalteam bei der WM Erfolge gefeiert hatte, hatte sein Team, in dem nur zwei Spieler auch in Kanada geboren wurden, zum Sieg in der WM-Qualifikation vor USA und Mexiko geführt. Den ersten Torschussversuch verzeichnete dann auch Kanada in der zweiten Minute. Die Nordamerikaner hatten sich offensichtlich am Beispiel anderer Außenseiter bei dieser WM ein Beispiel genommen und begannen frech.

Davies verschießt Elfmeter (8. Minute)

Thibaut Courtois hält den Elfmeter von Davies.

In der neunten Minute beging Yannick Carrasco nach Ansicht und VAR-Studium von Spielleiter Janny Sikazwe aus Sambia ein strafbares Handspiel im Strafraum. Davies trat an, um im direkten Duell mit Courtois für das erste WM-Tor seines Landes in der Geschichte zu sorgen. Doch der Schuss des Bayern-Legionärs war zu wenig platziert und zu wenig scharf, um den Real-Torhüter zu bezwingen (elfte Minute).

Kanada, der Strafraum und der VAR

Kanada versuchte weiter, die Belgier früh zu stören, doch die Mannschaft von Roberto Martinez kam nach rund 20 Minuten besser in die Partie. Bei einem Angriff über Hazard verhinderte Kanada im letzten Moment den Torschuss von Batshuayi. Doch die Kanadier ließen mit großem Einsatz nicht locker und kamen immer wieder über die rechte Seite schwungvoll in Belgiens Strafraum.

Die rätselhaften Wege des VAR

Roman Mählich und Thomas Steiner rätseln über die Entscheidungen und Nichtentscheidungen des VAR.

Mit dem Abschluss sollte es aber noch nicht klappen. Mehrere Versuche wurden von Courtois oder der Verteidigung rund um Toby Alderweireld und Jan Verthongen zunichte gemacht. Bei zwei weiteren Strafraumaktionen, als kanadische Spieler nach Kontakt zu Boden gingen, mischte sich der VAR jedoch nicht ein, was bei neutralen Beobachtern wieder einmal für Rätselraten sorgte.

Weiter Pass überrascht Kanada

Die kanadischen „Sprinter“ Tajon Buchanan (FC Brügge) und Stephen Eustaquio (FC Porto) demonstrierten dennoch weiter ordentlich Zug auf das Tor Courtois’, während die Belgier in der Phase kurz vor der Pause zu statisch auftraten und die offensiven Bemühungen überschaubar waren.

Belgien Spieler Michy Batshuayi erzielt das 1:0
APA/AFP/Jewel Samad
Der entscheidende Moment, als Michy Batshuayi den kanadischen Verteidigern entwischte und eiskalt abschloss

Doch die Geduld Belgiens wurde mit dem 1:0 belohnt. Batshuayi nahm eine direkte Vorlage Alderweirelds aus der eigenen Defensive in die Spitze im Laufduell mit – die Kanadier hatten die Aktion schlicht verschlafen – und jagte den Ball an Tormann Milan Borjan vorbei zum 1:0 ins Netz (44.).

Kanadier bemühen sich vergeblich

Kanada hatte zwar die besseren Spielzüge und mehr Offensivdrang, Belgien ging aber dank seiner Effektivität und Coolness mit der Führung in die Pause. Nach der Pause hatte Belgien erstens in Courtois weiterhin einen aufmerksamen und sicheren Schlussmann und zweitens bei Gegenstößen nicht die Konsequenz, diese auch erfolgreich zu Ende zu spielen.

Kopfballchance für Cyle Larin (80. Minute)

Cyle Larin hat den Ausgleich am Kopf, aber der Tormann ist zu stark

Das Spiel entwickelte sich immer mehr in einen Kampf auf Biegen und Brechen. De Bruyne, der nicht der gewohnte Regisseur war, versuchte seine Mannschaft nach vorne zu führen, doch Kanada arbeitete sich immer wieder zurück. Cyle Larin scheiterte dann mit einem gut angetragenen Kopfball an Courtois (80.), der bewies, dass er zu Recht bei der WM 2018 zum besten Tormann gewählt worden war. Am Ende machte Belgien aus wenigen Chancen das meiste. Kanada war im Abschluss zu unroutiniert und blieb für eine gute Leistung unbelohnt.

Stimmen zum Spiel:

Roberto Martinez (Belgien-Teamchef): „Es war ein sehr schwieriges Spiel. Kanada war eindeutig besser als wir. Wir konnten nicht das spielen, was wir wollten. Kanada hatte eine klare Strategie, sie haben schnell und mit Emotion gespielt. Wir haben es mit Erfahrung gemacht. Kanada hätte mehr verdient gehabt. Das Resultat reflektiert unsere Routine, sagt aber auch, dass wir in Zukunft noch mehr machen müssen.“

John Herdman (Kanada-Teamchef): „Ich bin stolz auf unsere Vorstellung. Wir hätten drei Punkte verdient gehabt, hätten Erster in der Gruppe sein können, haben es aber verpasst. Doch ich bin stolz, wie die Jungs gespielt und sich präsentiert haben. Wir haben die Fans stolz gemacht. Ich habe ihnen die Statistiken gezeigt und gesagt, dass sie super waren und zu diesem Turnier gehören.“

FIFA WM 2022, Gruppe F, erster Spieltag

Mittwoch:

Belgien – Kanada 1:0 (1:0)

Al-Rajjan, Ahmad bin Ali Stadium, 40.432 Zuschauer, SR Sikazwe (SAM)

Tor: Batshuayi (44.)

Belgien: Courtois – Alderweireld, Vertonghen, Dendoncker – Castagne, Tielemans (46./Meunier), Witsel, Carrasco (46./Onana) – De Bruyne, E. Hazard (62./Trossard) – Batshuayi (78./Openda)

Kanada: Borjan – Johnston, Vitoria, Miller – Hoilett, Eustaquio (81./Millar), Hutchinson (58./Kone), Laryea (74./Adekugbe) – Buchanan (81./Osorio), David (58./Larin), Davies

Gelbe Karten: Carrasco, Onana, Meunier bzw. Johnston, Davies

Die Besten: Courtois bzw. Davies, Buchanan

Anmerkung: Davies scheiterte mit einem Hand-Elfmeter an Courtois (11.).