FIFA WM 2022

Richarlison beschert Brasilien Traumstart

Brasilien hat sich am Donnerstag mit einem hochverdienten 2:0-Auftaktsieg gegen Serbien bei der WM in Katar vorgestellt. Nach einer durchwachsenen ersten Hälfte, in der die „Selecao“ gegen kompakt stehende Serben wenig Lücken fand, bescherte Tottenham-Star Richarlison dem Rekordweltmeister nach der Pause noch einen Traumstart. Zunächst staubte der 25-Jährige zum 1:0 ab und fixierte dann mit einem spektakulären Seitfallzieher auch den Endstand.

Nach der letzten Partie des ersten Spieltages liegt Brasilien damit an der Spitze der Gruppe G. Auf Platz zwei rangieren die Schweizer, die bereits davor zu einem 1:0-Sieg über Kamerun gekommen waren. Am zweiten Spieltag trifft Serbien am Montag (11.00 Uhr, live in ORF1) im Al Janoub Stadium von al-Wakra im Duell der beiden Auftaktverlierer auf Kamerum. Brasilien bekommt es am Nachmittag ab 17.00 Uhr im Stadium 974 in Doha mit der Schweiz zu tun.

Alles andere als der sechste WM-Titel wäre für die stolzen Brasilianer eine herbe Enttäuschung, seit 2002 läuft die „Selecao“ vergeblich der ersehnten „Hexa“ hinterher. In Katar wollten Neymar und Co. gleich zum Auftakt gegen Serbien das Ende der 20-jährigen Durststrecke einläuten und mit einem Offensivfeuerwerk ein erstes Statement setzen. Vor dem PSG-Star im Zentrum zwischen Casemiro und Lucas Paqueta bot Brasiliens Teamchef Adenor Leonardo Bachi, genannt Tite, dafür die Sturmreihe Raphinha, Richarlison und Vinicius Junior auf.

Richarlison (BRA) erzielt das 2:0
Reuters/Peter Cziborra
Mit seinem Seitfallzieher zum 2:0 könnte Richarlison am ersten Spieltag bereits das Tor des Turniers erzielt haben

Serben machen „Selecao“ zunächst Leben schwer

Die Serben wollten sich allerdings als früher Spielverderber für die filigranen Ballkünstler aus Brasilien entpuppen. In der WM-Quali übertrumpfte die Mannschaft von Teamchef Dragan Stojkovic sogar Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo und holte auch dank eines 2:1-Sieges vor fast genau einem Jahr in Lissabon ungeschlagen den Gruppensieg. Ein ähnliches Bild gab Serbien in der Nations League ab, mit 13 Punkten aus sechs Partien gegen Norwegen, Schweden und Slowenien gelang als Gruppensieger der Aufstieg in die Division A.

Bereits 2018 standen sich beide Teams gegenüber. Damals setzten sich die Südamerikaner im letzten Gruppenspiel mit 2:0 durch und sicherten sich damit den Gruppensieg. Während die Serben die Heimreise antreten mussten, war für die „Selecao“ im Viertelfinale gegen Belgien Endstation. Mit Nikola Milenkovic, Sergej Milinkovic-Savic, Kapitän Dusan Tadic und Aleksandar Mitrovic standen vier Spieler in der Startelf, die bereits vor vier Jahren in Russland dabei waren. Die angeschlagenen Stars Filip Kostic von Juventus Turin sowie Luka Jovic von Fiorentina saßen vorerst auf der Bank.

Serbien stört Brasilien mit frühem Pressing

Brasilien startete mit viel Vorwärtsdrang in die Partie, Serbien störte den Spielaufbau der „Selecao“ aber erfolgreich mit frühem Pressing und nahm in Ballbesitz erfolgreich das Tempo aus der Partie. In der zehnten Minute tauchte Neymar dennoch nach perfektem Zuspiel erstmals gefährlich im Strafraum auf, verdribbelte sich aber und blieb in den serbischen Beinen hängen. Kurz darauf zog Vinicius Junior auf der rechten Seite auf und davon, wurde aber gerade noch abgedrängt (13.). Den anschließenden Eckball zirkelte Neymar direkt aufs Tor, Goalie Vanja Milinkovic-Savic war aber aufmerksam (14.).

Milinkovic-Savic passt auf (28. Minute)

Vinicius Junior taucht nach perfekten Lochpass von Casemiro vor Vanja Milinkovic-Savic auf, der Serbien-Goalie ist aber aufmerksam und bleibt im 1:1-Duell Sieger.

Neymar und Co. taten sich aber sichtlich schwer, den Serben ihr dominantes Spiel aufzuzwingen und Lücken zu finden. Die Stojkovic-Auswahl hielt mit konsequentem und diszipliniertem Stellungsspiel dagegen und bot den Südamerikanern wenig Raum für deren Kurzpassspiel. So probierte es Neymar mit einem Distanzschuss, der auf dem Rücken von Milos Veljkovic landete, einen weiteren Versuch von Casemiro bändigte Milinkovic-Savic im Nachfassen (21.). Der Torino-Schlussmann blieb nach Traumpass auf Vinicius Junior auch im 1:1-Duell Sieger und war kurz vor dem Real-Star am Ball (27.). Raphinha stand nach schöner Kombination im Strafraum frei, traf den Ball aber nicht richtig (35.).

Milenkovic-Hoppala ohne Folgen

Strafraumaktionen blieben aber weiter Mangelware, das Spiel versandete immer öfter im Mittelfeld. Serbien tauchte nur sporadisch vor Brasiliens Schlussmann Alisson auf, der bis dahin einen ruhigen Abend verbrachte. Auf der Gegenseite hielt die serbische Abwehr dicht, hätte sich aber fast selbst ein Bein gestellt. Einen hohen Pass auf Vinicius Junior wollte Milenkovic mit dem Fuß klären, schoss sich dabei aber selbst auf den Kopf und fabrizierte unfreiwillig eine perfekte Vorlage. Der 25-Jährige besserte seinen Fehler aber selbst wieder aus und klärte zur Ecke (41.). Ohne Torerfolg und nach nur einer Minute Nachspielzeit ging es in die Katakomben.

Patzer der Defensive der Serben (46. Minute)

Gleich nach Wiederanpfiff kommen die Brasilianer zu einer Riesenchance.

Dort dürfte Nemanja Gudelj mit den Gedanken offenbar nach Wiederbeginn auch noch gewesen sein, als er den Ball am Strafraum leichtfertig an Raphinha verlor. Der Barca-Star schien jedoch selbst ein wenig überrascht und schoss Milinkovic-Savic an (46.). Brasilien wirkte nun aggressiver und bekam Oberwasser. Nach einem langen Pass grätschte Gudelj Neymar an der Strafraumgrenze nieder und sah dafür völlig zu Recht die Gelbe Karte. Den fälligen Freistoß aus 17 Metern schickte Neymar dann aber ebenso auf die Tribüne (48.) wie kurz darauf eine Hereingabe von Vinicius Junior (55.).

Brasilien drückt nach Pause aufs Tempo

Brasilien hielt das Tempo aber weiter hoch. Serbiens Teamchef Stojkovic reagierte und nahm den gelbbelasteten und mittlerweile sichtlich verunsicherten Gudelj sowie Andrija Zivkovic aus der Partie. Am Geschehen änderte das aber wenig. Zwar verbuchten die Serben in der 59. Minute den ersten Eckball, gefährlich blieben aber die Brasilianer. So packte Abwehrspieler Alex Sandro den Hammer aus, sein satter Schuss aus rund 25 Metern klatschte aber an die Stange (60.).

1:0 durch Richarlison (62. Minute)

Richarlison erlöst die „Selecao“ nach etwas mehr als einer Stunde mit dem verdienten 1:0.

Kurz darauf war das serbische Bollwerk aber geknackt. Neymar tanzte sich in den Strafraum, Vinicius Junior übernahm und zog aus halblinker Position ab. Milinkovic-Savic konnte den scharfen Schuss nur noch zur Mitte abwehren, wo Richarlison lauerte und zur 1:0-Führung abstaubte (62.). Und der Tottenham-Goalgetter hatte sein Pulver damit noch nicht verschossen. Nach Stanglpass von Vinicius Junior spielte sich der 25-Jährige den Ball mit dem Rücken zum Tor selbst auf , knallte den Ball per Seitfallzieher ins linke Eck (73.) und erzielte damit vielleicht schon das Tor des Turniers.

Die beiden Tore wirkten für die Brasilianer sichtlich befreiend, Neymar ließen nun Ball und Gegner laufen, der dritte Treffer schien nur eine Frage der Zeit zu sein. Vinicius Junior rutschte bei einem Schuss aber weg (67.), ein Weitschuss von Casemiro landete an der Latte (81.). Einen Versuch des eingewechselten Fred (83.) konnte Milinkovic-Savic ebenso entschärfen wie kurz darauf einen Schuss von Antony (87.), der in der 79. Minute für Neymar aufs Feld gekommen war. Schlussendlich blieb es beim hochverdienten Auftaktsieg der „Selecao“.

Stimmen zum Spiel:

Richarlison (Doppeltorschütze Brasilien): „Das ist schon verrückt, als Kind in Brasilien träumst du davon, an diese Stelle zu kommen und so ein Tor zu machen. Vor vier Wochen lag ich noch heulend auf dem Rasen und hatte einfach Schmerzen nach der schweren Verletzung. Ich hatte sogar Schiss, dass ich nicht mitkommen kann nach Katar. Das war einer der längsten Tage meines Lebens. Ich war beim Arzt, lag da auf der Trage und habe auf das Ergebnis gewartet. Die Ärzte liefen hin und her, und ich wusste nicht, was da läuft. Es hat sich gelohnt, das durchzumachen und auszuhalten. Ich habe intensiv trainiert, das hat sich gelohnt. Jetzt bin ich hierbei der WM, jetzt habe ich getroffen. Ich hoffe, dass es so weitergeht und wir weiter Siege einfahren.“

Casemiro (Mittelfeldspieler Brasilien): „Die erste Halbzeit war nicht leicht, gar nicht leicht. Zwei Teams, die gut Fußball spielen. In der zweiten Halbzeit waren sie etwas müde, das haben wir erwartet. Wir sind froh und freuen uns auf das nächste Spiel. Wir sind ein super Team, gut zusammengewachsen. Auch die Auswechselspieler haben gezeigt, wie wichtig sie sind.“

Milos Veljkovic (Verteidiger Serbien): „Wir haben die zweite Halbzeit nicht gut angefangen. Es war trotzdem ein großer Kampf, wir haben alles gegeben, aber leider war das nicht genug. Wir wollten unbedingt gewinnen oder mindestens einen Punkt holen. Aber schlussendlich hatten sie die besseren Chancen, und wir haben verdient verloren. Wir müssen nun beide Spiele gewinnen, jetzt erst einmal gut regenerieren und gegen Kamerun die drei Punkte holen bzw. insgesamt sechs.“

FIFA WM 2022, Gruppe G, erster Spieltag

Donnerstag:

Brasilien – Serbien 2:0 (0:0)

Lusail, Lusail Stadium, 88.100 Zuschauer, SR Faghani (IRN)

Torfolge:
1:0 Richarlison (62.)
2:0 Richarlison (73.)

Brasilien: Alisson – Danilo, Marquinhos, Thiago Silva, Alex Sandro – Casemiro – Paqueta (75./Fred), Neymar (79./Antony) – Raphinha (87./Martinelli), Richarlison (79./Gabriel Jesus), Vinicius Junior (75./Rodrygo)

Serbien: V. Milinkovic-Savic – Milenkovic, Veljkovic, Pavlovic – Zivkovic (57./Radonjic), Gudelj (57./Ilic), Lukic (66./Lazovic), S. Milinkovic-Savic, Mladenovic (66./Vlahovic)- Tadic – A. Mitrovic (83./Maksimovic)

Gelbe Karten: Keine bzw. Pavlovic, Gudelj, Lukic

Die Besten: Richarlison, Vinicius Junior, Casemiro bzw. V. Milinkovic-Savic, Tadic