Australiens Craig Goodwin greift sich stolz auf die Brust
AP/Francisco Seco
FIFA WM 2022

Australiens Aufstieg liegt in eigener Hand

Australien geht am Mittwoch (16.00 Uhr) in ungewohnter Rolle ins abschließende Gruppenspiel bei der Fußball-WM in Katar. Gegen Dänemark haben die „Socceroos“ den Aufstieg in eigener Hand, mit einem Sieg wäre der zweite Achtelfinal-Einzug nach der WM 2006 perfekt. Selbst ein Remis würde reichen, wenn Tunesien im Parallelspiel von Pool D die bereits fix weitergekommenen Franzosen nicht schlägt.

Ausgestattet mit viel Selbstvertrauen nach dem 1:0-Erfolg über Tunesien am Samstag, dem ersten WM-Sieg seit 2010, träumen die Australier im Al Janoub Stadium von al-Wakra vom Weiterkommen. „Das Ergebnis bedeutet aber gar nichts, wenn wir es nicht gegen Dänemark schaffen“, sagte Innenverteidiger Harry Souttar.

„Es wird ein unglaublicher Test, es geht für beide Teams um alles. Dafür spielst du Fußball, für die großen Momente.“ Flügelspieler Craig Goodwin fühlt sich in der Außenseiterrolle wohl: „Jedes australische Team in der Geschichte ist unterschätzt worden.“

FIFA WM 2022, Gruppe D

16.00 Uhr:

Australien – Dänemark

Al-Wakra, Al Janoub Stadium, SR Ghorbal (ALG)

Mögliche Aufstellungen:

Australien: Ryan – Karacic, Souttar, Rowles, Behich – McGree, Mooy, Irvine – Leckie, Duke, Goodwin

Dänemark: Schmeichel – Andersen, Kjaer, A. Christensen – Kristensen, Damsgaard, Eriksen, Höjbjerg, Maehle – Skov Olsen, Dolberg

Dänemark braucht unbedingt Sieg

Die Dänen benötigen zum Weiterkommen in jedem Fall einen Sieg. Der reicht, wenn Tunesien nicht einen Erfolg gegen eine vermeintliche B-Elf der Franzosen feiern kann. Das Problem wird derzeit allerdings just in der Offensive verortet. Gegen Tunesien blieb man zum Auftakt torlos, beim 1:2 gegen den Weltmeister gelang immerhin ein Treffer.

Der EM-Halbfinalist vom Vorjahr muss seinen Offensivbann brechen. Das weiß auch Teamchef Kasper Hjulmand, der scherzhaft bereits eine Leihe von Norwegens Goalgetter Erling Haaland angedacht hatte. Doch auch bei seriöser Betrachtung der Lage zeigte sich Hjulmand optimistisch. „In der WM-Qualifikation hatten wir acht Siege und 29 Tore, also haben wir gute Stürmer sowie einige andere am Platz, die Tore machen können. Man kann aber nicht auf Knopfdruck viele Tore schießen“, sagte der 50-Jährige.

Kapitän Kjaer wieder einsatzbereit

Er kann gegen Australien wieder Kapitän Simon Kjaer einsetzen. Der Abwehrchef des AC Milan fehlte gegen Frankreich wegen muskulärer Probleme. „So wie es jetzt aussieht, sind alle Spieler bereit“, sagte Hjulmand am Dienstag. Der Teamchef erwartet sich gegen den Außenseiter die nötigen Räume. „Australien weiß, dass auch sie in einer gefährlichen Situation sind: Nur ein Unentschieden zu brauchen, aber auf diesem Niveau eigentlich nicht auf Unentschieden spielen zu können“, sagte Hjulmand. „Es würde mich sehr wundern, wenn sie nicht aus ihrem Strafraum herauskommen und uns nicht angreifen würden.“

Deschamps kündigt Umstellungen an

Titelverteidiger Frankreich kündigte angesichts der sicheren Achtelfinal-Qualifikation für das letzte Gruppenspiel am Mittwoch (16.00 Uhr, live in ORF1) im Education City Stadium von Doha gegen Tunesien Umstellungen an. Wie genau diese aussehen, wollte Teamchef Didier Deschamps am Dienstag noch nicht verraten. „Es wird Änderungen geben. Aber ich weiß noch nicht, wie viele“, sagte der Coach und ließ sich nicht in die Karten blicken.

Frankreichs Trainer Didier Deschamps
AP/Christophe Ena
Frankreichs Teamchef Deschamps kündigte Umstellungen in seinem Team an

Natürlich gibt es dennoch Spekulationen in den Medien. So vermuten viele, dass Rechtsverteidiger Benjamin Pavard, der vor dem zweiten Spiel gegen Dänemark aus der Mannschaft rutschte, eine neue Gelegenheit zur Bewährung bekommt. Eine Pause könnte unter anderen Kilian Mbappe bekommen. „Er will immer spielen. Auch morgen“, sagte Deschamps über den 23-Jährigen: „Aber wir müssen sehen.“ Einige werteten zudem die Tatsache, dass Kapitän und Torhüter Hugo Lloris nicht wie vor den ersten beiden Spielen zur Pressekonferenz kam, als Zeichen für eine Pause. „Wir bringen nicht jedes Mal den Kapitän zur Pressekonferenz“, sagte Deschamps: „Auch das ist anstrengend.“

FIFA WM 2022, Gruppe D

16.00 Uhr, live in ORF1:

Tunesien – Frankreich

Doha, Education City Stadium, SR Conger (NZL)

Mögliche Aufstellungen:

Tunesien: Dahmen – Bronn, Meriah, Talbi – Dräger, Skhiri, Laidouni, Abdi – Ben Slimane, Msakni – Jebali

Frankreich: Lloris – Pavard, Saliba, Upamecano, T. Hernandez – Guendouzi, Rabiot – Coman, Camavinga, Mbappe – Thuram

Die größten Spekulationen betreffen Mbappe, der nach drei Toren in Katar bzw. vier bei der WM 2018 Rekorde jagt. „Körperlich ist er sehr gut in Form, aber ihr sagt, ich könnte ihn spielen lassen, um sein Ego zu befriedigen“, meinte Deschamps in Richtung der Journalisten. „Will er spielen? Ihr wisst es nicht, aber ich schon. Er hat nicht dieses Ego. Er ist Teil eines kollektiven Projekts und natürlich kann er im Rampenlicht stehen, weil er ein entscheidender Spieler ist. Aber er ist nicht mehr 18.“

Frankreich wird Tunesien ernst nehmen

In jedem Fall versprach der Teamchef, dass es keine Wettbewerbsverzerrung geben wird. „Das ist ein WM-Spiel gegen einen Gegner, der ein Ergebnis braucht“, sagte der Coach. Außerdem ginge es auch für Australien und Dänemark im Parallelspiel um viel: „Wir werden alles versuchen, das beste Ergebnis herauszuholen. Der Fakt, dass wir schon weiter sind, gibt uns ein bisschen Spielraum, aber wir werden es nicht auf die leichte Schulter nehmen“, sagte Deschamps.

Für die Franzosen ist das Spiel auch eine Konfrontation mit der eigenen kolonialen Vergangenheit, 1956 löste sich Tunesien nach rund 75 Jahren aus dem französischen Protektorat in die Unabhängigkeit. Zehn Spieler des tunesischen Kaders sind in Frankreich geboren, einige von ihnen kickten in den Nachwuchsauswahlen der „Equipe Tricolore“. Weitere zwei leben seit ihrer Kindheit als Doppelstaatsbürger in Frankreich. Rund 700.000 Tunesier leben geschätzt in Frankreich, vergleichbare Duelle dienten in der Vergangenheit immer wieder als Frustrationsventil für Mitglieder der Migrantencommunitys.

Tunesien glaubt an seine Chance

Der tunesische Teamchef Jalel Kadri sah die Chancen gegen den Titelverteidiger als gegeben. „Die Message, die ich unseren Spielern vermittle, ist, dass nichts unmöglich ist. Wir sind immer noch am Leben“, sagte der 50-Jährige. Tore müssen bei den Nordafrikanern jedoch her. Bisher ist ihnen in Katar noch keines gelungen.